Gelsenkirchen-Erle. Tierhandel im Internet und Import von ausländischen Hunden, das sind die Probleme von Tierschützern. Leidtragende sind immer die Vierbeiner.
Die Welt ist im Wandel – auch in Sachen Tierschutz. Das digitale Zeitalter und das vereinte Europa stellen die Aktiven in Gelsenkirchen gleichermaßen vor Herausforderungen. Mit Konsequenzen: Hunde werden vielfach online unter dubiosen Umständen gehandelt oder, mit besten Absichten, aus ausländischen Tierheimen ins Land geholt. Beides aber hinterlässt Spuren auf der Hundeseele.
„Man muss den Tierschutz in den europäischen Ländern unterstützen“, sagt Heike Reddig aus dem Vorstand des Gelsenkirchener Tierschutzvereins, der das örtliche Tierheim betreibt. „Holt man die Hunde her, erleiden sie oftmals einen Kulturschock. Die waren frei, werden gefangen, oftmals eingepfercht und dann zu uns transportiert.“ Auch das nicht immer unter den besten Bedingungen.
Transport nach Europa macht ältere Hunde überängstlich
„Ältere Hunde haben damit große Schwierigkeiten, werden überängstlich, fast panisch.“ Und seien dann nur in erfahrene Hände zu vermitteln. Die Hundeschule sei für die neuen Halter somit Pflicht. Tierschutzorganisationen, die Hunde aus dem Ausland holen, betrachten die Tierschützer kritisch. „Da ist ein Gewerbe entstanden. Teilweise zahlen die Leute mehrere Hundert Euro für einen Hund aus dem Ausland. Das ist zweifelhaft. Da sollte man schon genauer hinschauen.“
Ein anderes Beispiel: „Mich erreichte ein verzweifelter Anruf einer Frau, die bei Ebay einen Labrador-Mix-Welpen gekauft hat – aus einem Kofferraum heraus geschah die Übergabe. Beim Tierarzt stellte sich dann heraus, das ist ein Stafford-Mix. Das ist ein illegaler Kauf. In NRW sind Zucht und Handel nicht erlaubt.“ Nun seien die Probleme groß. „Das Amt hat sich eingeschaltet und im Ernstfall kommt auch dieser Hund zu uns ins Tierheim.“ Noch schlimmer: „Wenn sich herausstellt, dass er aus dem Ausland kommt, muss er sechs Wochen in Quarantäne. Für einen Welpen ist das fatal.“ Es fehle die Ausbildung des Sozialverhaltens. Das sei dann später nur mit intensiver Arbeit wieder zu richten.
Tierfreunde auf Hundesuche sollten sich beraten lassen
Hunde mit solchen Lebensgeschichten machen einen großen Teil der Tierheimbewohner aus. Dazu kommt noch eine Vielzahl an Kangalen. „Das ist ein großer Herdenschutzhund. Die vermitteln wir gar nicht in normale Privathaushalte, weil ihnen das nicht gerecht wird. Da braucht man Hundeerfahrung.“
Ob im Gespräch oder beim persönlichen Besuch, schnell wird deutlich, die neuen, schwierigen Umstände machen es Tierfreunden nicht leichter, im Tierheim einen geeigneten Hund zu finden. Da solle man, rät Heike Reddig, auf Beratung setzen. Sie und ihr Team der Hundeschule im Tierheim seien gern behilflich bei der Suche nach dem geeigneten besten Freund auf vier Pfoten. Und gebe es Probleme mit dem eigenen Tier, solle man sich schnell Hilfe holen, mit dem Hund arbeiten. „Sonst landet auch der irgendwann bei uns.“ Das Ergebnis: Viele arme Hunde, die so sehr auf ein neues Heim hoffen, aber oftmals ein ziemlich üppiges Päckchen zu tragen haben.
Vor einigen Jahren noch schafften es die Tierschützer, mit etlichen Heiminsassen zu trainieren, so ihre Chancen auf Vermittlung zu steigern. Das aber sei auch nur noch in ganz gravierenden Fällen möglich, erklärt Heike Reddig. Aktuell beherberge man rund 100 Hunde. „Dafür haben wir sechs Festangestellte und einen Auszubildenden – im Schichtdienst.“ Rein statistisch sei ein Mitarbeiter in einer Schicht für rund 25 Hunde zuständig. Da müsse ein Schwerpunkt auf den lebenswichtigen Dingen liegen. Die Lösung wäre, mehr Personal zu beschäftigen. Das aber kann nicht finanziert werden. So bleibt den Tierschützern nur, zu hoffen, dass sich engagierte Menschen für die Hunde interessieren, die dann das Training zum Traumhund selbst in die Hand nehmen.