Altstadt. Auch bei der fünften Auflage des „Kultursalons“ in der Gelsenkirchener „Flora“ konnten Besucher in das künftige Programmangebot hineinschnuppern.
Ulrich Penquitt steht in schneeweißem Hemd und farbgleicher Hose ganz allein auf der Bühne. Und doch tritt er in einen Dialog – mit dem überdimensionierten Mund, der da als Filmeinspieler auf der Leinwand in seinem Rücken mit einer glasklaren Frauenstimme zu sprechen beginnt. Es ist eine ebenso eindringliche wie bedrückende Szene aus dem Stück „Neunzehnvierundachtzig“, das bereits im vergangenen Herbst seine Premiere in der „Flora“ gefeiert hatte, und im Februar erneut zweimal auf dem Spielplan stehen wird. Im Rahmen des „Kultursalons“ erhielten die zahlreichen Zuschauer einen Eindruck von diesem Theaterstück. Und der machte neugierig auf mehr.
Bereits zum fünften Mal fand am Sonntag ein „Kultursalon“ in der „Flora“ statt. Das Konzept: Innerhalb von vier Stunden bekommen die Besucher zehn künstlerische Appetithäppchen serviert, die ihren Hunger auf das Angebot entfachen sollen, das in den kommenden Wochen und Monaten in dem Kulturraum am Rande der Florastraße serviert wird. Die Idee zu dieser Präsentationsform hatten im Jahr 2016 der Theaterregisseur Elmar Rasch, der kurz darauf verstarb, sowie Schauspieler und Theaterleiter Penquitt. „Wir freuen uns, dass dieses Angebot so gut angenommen wird“, sagte Penquitt.
Beim Gelsenkirchener „Kultursalon“ herrscht ein ständiges Kommen und Gehen
Der 100 Gäste fassende Saal der „Flora“ war bereits ab nachmittags bis auf den letzten Platz gefüllt. Doch nicht alle schauten sich das bis zum Abend dauernde Angebot komplett an. „Beim Heimatkultursalon herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Deshalb kommen über den ganzen Tag verteilt mehrere Hundert Besucher“, betonte Wiltrud Apfeld, die Leiterin des Kulturraums. Sie übernahm gemeinsam mit Alina Hammes, die derzeit ihr „Freiwilliges Soziales Jahr“ (FSJ) in der „Flora“ absolviert, auch die Moderation der Veranstaltung.
Als Erstes bat das Moderatorinnen-Duo die Band „Lemon’Gnade“ auf die Bühne. Die hatte sich bei der Mädchen-Musik-Akademie formiert, die seit über zehn Jahren elementarer Bestandteil des Mädchenzentrums Gelsenkirchen ist. Die Laien-Theatergruppe K.L.O.W.N. (die Abkürzung steht für: Komische Leute ohne wirklichen Nutzen) zeigte Auszüge aus ihrem Stück „Die Chinesische Mauer“, das in voller Länge im Dezember 2020 in der „Flora“ zu sehen sein wird. Der Gelsenkirchener Autor Roman Dell trug danach aus seiner Kurzgeschichte „Ein Glas Schmand für einmal Goethe“ vor. Gemeinsam mit dem Verein Mentor Gelsenkirchen engagiert er sich als Leselernhelfer an Gelsenkirchener Schulen. Eine Benefiz-Lesung des Vereins steigt am 31. Januar in der „Flora“.
Bei den alten Fotos des Heimatbundes ging vielen Besuchern das Herz auf
Hans-Joachim Koenen vom Heimatbund Gelsenkirchen stellte die Schriftenreihe seines Vereins vor, die nun ihren fünften Geburtstag feierte und mittlerweile 22 Hefte umfasst. Als er in seiner Präsentation einige alte Fotos – etwa vom Gelsenkirchener Hauptbahnhof – auf der Leinwand präsentierte, ging ein kollektives Seufzen durch die Stuhlreihen. Gerade die älteren Vertreter im Publikum hatten einige der Bilder aus ihrer eigenen erlebten Geschichte wiedererkannt. Daniel Dorra bewies dann noch, dass er vielseitig kreativ ist. Mit zwei Mitstreitern präsentierte er als Musiker seine selbst komponierten „Acoustic Songs“. Als Grafiker der „Flora“ hatte er aber auch das sehenswerte Plakat zum „5. Kultursalon“ entworfen und gestaltet.
Weitere Daten und Fakten zum Kultursalon
Der Eintritt bei jedem „Kultursalon“ ist frei. Alle auftretenden Künstler verzichten auf ein Honorar. Besucher werden gebeten, einen kleinen Obolus in eine Spendenbox zu werfen. Diesmal kamen laut „Flora“- Leiterin Wiltrud Apfeld rund 350 Euro zusammen.
Diese Summe kommt der „Aktion Weitblick“ zugute. Diese Initiative besteht aus rund 15 Frauen im Alter von 23 bis 80 Jahren. Seit 19 Jahren organisieren sie Bücherbörsen und andere Benefizveranstaltungen, um Einnahmen zu generieren. „Alle Erlöse leiten wir an die Menschenrechtsorganisation Medica Mondiale weiter“, betonen Anke Jedamzik und Heide Walewski, die zu Kreis der ehrenamtlich wirkenden Frauen gehören. Die nächste Bücherbörse der Initiative steigt vom 25. bis 28. April im Gemeindehaus an der Nicolai-Kirche (Flöz Sonnenschein 60) in Ückendorf.