Gelsenkirchen/Herne. Teilerfolg für die Gegner der Erweiterung der Zentraldeponie Emscherbruch: Eine neue Reifenwaschanlage soll verdreckte Siedlungen verhindern.
Der massive Widerstand aus der Bevölkerung in Gelsenkirchen und Herne gegen die geplante Erweiterung der Zentraldeponie Emscherbuch zeigt offenbar Wirkung. Die Abfallentsorgungsgesellschaft Ruhr (AGR) hält als Betreiberin der Entsorgungsstätte zwar an der Erweiterung fest, plant aber jetzt Maßnahmen, die die Belastung für die Menschen im Umfeld verringern sollen. Für die Bürgerinitiative „Uns stinkt’s“ (BI) ein Teilerfolg und eine „Bestätigung dafür, dass wir mit unserer Kritik richtig liegen“, wie BI-Sprecher Heinz-Peter Jäkel sagt.
Lkw-Waschanlage und Verlagerung der Schlackenverarbeitung
Ausschuss soll Arbeit der Bezirksregierungen kontrollieren
Der Streit um die Erweiterung der Zentraldeponie hat auch die Politik in Düsseldorf erreicht. Die Bürgerinitiative hat die Schaffung eines parlamentarischen Ausschusses angeregt, der künftig die Arbeit der Bezirksregierungen kontrollieren soll.
In den Augen der Gegner hätte die Deponie aufgrund von EU-Verordnungen schon längst geschlossen werden müssen - sie wirft der Bezirksregierung Münster als Genehmigungsbehörde Fehler vor. Im Gespräch mit SPD und Bündnisgrünen soll die Möglichkeit der Einrichtung eines Kontrollgremiums erörtert werden. https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/streit-um-die-deutungshoheit-bei-der-deponie-emscherbruch-id227435323.html
Die Stadt Herne prüft derzeit, ob sich an der Zentraldeponie Emscherbruch Tempo 30 realisieren lässt, um die Belastungen für die Anwohner zu reduzieren.
Die AGR plant noch im ersten Halbjahr 2020 die Errichtung einer neuen, modernen Reifenwaschanlage. Damit einhergehen soll auch eine neue Verkehrsführung auf dem Gelände der Lagerstätte. Sie soll sicherstellen, dass jeder Lkw vor Verlassen des Geländes die Waschanlage nutzen muss, damit kein Dreck und Staub der Deponie in die umliegenden Straßen und Siedlungen getragen wird. Ein AGR-Sprecher bestätigte diese Pläne. Außerdem soll die Schlackenverarbeitung an einen anderen Standort verlagert werden. Ziel dabei ist es, Lärm und andere Emissionen zu reduzieren, insbesondere die Zahl der ein- und ausfahrenden Lastwagen. https://www.waz.de/staedte/herne-wanne-eickel/deponie-erweiterung-agr-plant-neue-reifenwaschanlage-id227655175.html
Weitere Einwendungen: Standfestigkeit alter Zechenschächte fraglich
Die Bürgerinitiative hat vor Ablauf der Frist noch weitere Einwendungen gegen die Erweiterung der Zentraldeponie auf Gelsenkirchener und Herner Stadtgebiet auf den Weg gebracht, auf denen große Hoffnungen der Deponie-Gegner ruhen. Eine zentrale Einwendung beinhaltet die Standsicherheit zweier alter Schächte auf dem Deponiegelände, beide sind gut 1000 Meter tief. Sie sind mit Abfallgestein aus dem Kohleabbau verfüllt, so genannten Waschbergen. Das geht aus einem Schreiben der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg hervor, die die Aufgabe der Bergämter übernommen hat. Darin steht, dass die geplante Überschüttung der Schächte mit Müllbergen eine „gutachterliche Gefährdungsabschätzung“ und eine „Sicherung der Schächte“ erfordert. Beides fehlt allerdings laut Bürgerinitiative, auf eine Anfrage seitens dieser Zeitung dazu bei der Bezirksregierung Münster, liegt noch keine Antwort vor. https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/zentraldeponie-behoerden-entscheidung-nicht-vor-mitte-2020-id227434959.html
Loses Material wie Abfallgestein ist in den Augen der BI aber denkbar ungeeignet, Standsicherheit zu garantieren, „dazu ist Beton nötig“, so Heinz-Peter Jäkel. Meterhohe Müllberge könnten den Untergrund absacken lassen.
Außerdem führen die Gegner ein Urteil (AK 7 KS 113/02) des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes ins Feld, das einer Plangenehmigung einer ähnlichen Deponie in Hannover eine Absage erteilte. Grund: eine fehlende oder veraltete Basisabdichtung. Auch die Deponie Emscherbruch besitzt nur in Teilen eine geologische Sperre zum Untergrund. „Demnach könnten Gefahrstoffe Mensch und Umwelt gefährden“, so die Protestler. https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/streit-um-die-deutungshoheit-bei-der-deponie-emscherbruch-id227435323.html
Gutachten soll Gesundheitsgefahren beleuchten
Weitere Hoffnungen der Deponiegegner ruhen auf einem human-toxikologischen Gutachten, das die Stadt Herne erstellen lassen will. Das hatte eine Vertreterin der Herner Verwaltung beim Erörterungstermin angekündigt. Das soll dass neben den aktuellen Schadstoffimmissionen auch die Altlasten von Schadstoffen beim Eintrag in die Natur, Boden und Wasser berücksichtigen. Das Ergebnis dürfte auch die Gelsenkirchener Verwaltung interessieren – sowohl die Stadt Herne als auch Gelsenkirchen haben sich gegen die Erweiterung der Deponie ausgesprochen.