Gelsenkirchen-Buer. Für den Querschnitt der Gelsenkirchener Kunstszene wurden 88 Arbeiten eingereicht. 24 Positionen laden zum Spaziergang durch die Alte Villa ein.

Beeindruckende Zahlen verbergen sich hinter der Jahresschau 2019 im Kunstmuseum an der Horster Straße. Seit 1995 präsentiert die Schau im „olympischen“ Vier-Jahres-Abstand einen möglichst repräsentativen Querschnitt der Gelsenkirchener Kunstszene. Die fünfköpfige Jury musste sich diesmal mit stattlichen 88 eingereichten Werken auseinandersetzen, 24 Positionen davon haben es in die Ausstellungsräume der Alten Villa geschafft.

Die drei Stockwerke mit ihren unterschiedlichen räumlichen Möglichkeiten und insgesamt 300 Quadratmetern sind auch notwendig, um allein die Verschiedenartigkeit in Malerei, Skulptur, Video, Collagen oder Installationen darbieten zu können. Bis zu drei Werke konnte jeder eingereichte Beitrag umfassen und nur die betont großflächigen Exponate waren dabei Einzel-Einreichungen.

Arbeiten der letzten drei Jahre

Claudia Tebben arbeitet mit unterschiedlichen Materialien.
Claudia Tebben arbeitet mit unterschiedlichen Materialien. © FFS | Ingo Otto

In den Netzen der Kriterien ist in diesem Jahr niemand hängengeblieben, „keiner hat es durch die Hintertür versucht“, erzählt Christiane Wanken lächelnd, die Sammlungsleiterin des Museums. Denn: die Arbeiten müssen aus den letzten drei Jahren stammen, die Kandidaten müssen in Gelsenkirchen geboren sein, hier leben, arbeiten oder einer Gelsenkirchener Künstlervereinigung angehören.

Die Jury aus Gereon Krebber, Professor an der Kunstakademie Düsseldorf, den Kunsthistorikern Hans-Jürgen Lechtreck, stellvertretender Museumsleiter Folkwang Essen, Leane Schäfer, Leiterin des Gelsenkirchener Kunstmuseums, Christiane Wanken und Klaus Hermandung, Vorsitzender des Gelsenkirchener Kulturausschusses, hat einen ganzen Tag benötigt, und stark gesiebt. „Und eigentlich immer einen Konsens gefunden“, berichtet Wanken, „wenn auch nicht immer ein einstimmiges Ergebnis, das war durchaus kontrovers“.

Die Ausstellung begrenzt die Lebenszeit

Einige der Künstler hat es eigens zur Jahresschau zurück an die Emscher gezogen, andere wie Jannine Koch haben den Termin für die letzte Jahresschau knapp verpasst und sind dafür diesmal dabei. Auffällig sind beispielsweise die Werke „Among fern und horsetail“, temporäre Zeichnungen auf beschichteten Fensterscheiben; so zeitlich begrenzt, dass sie nach der Ausstellung von den Fenstern gewischt werden.

Karin Templin-Glees stellt gleichzeitig kontrastierende wie sich ergänzende Raumobjekte aus.
Karin Templin-Glees stellt gleichzeitig kontrastierende wie sich ergänzende Raumobjekte aus. © FFS | Ingo Otto

Die Objekte „I bis III“ von Gabriele Füting-Huyeng entziehen sich von vornherein fast den Blicken, ihre Werke aus Silikon und Kunststoff sind geradezu unscheinbar auf dem Boden oder in den Ecken platziert. Den halben Dachboden, geeignet, weil ohnehin eher dunkel, nimmt die Installation von Gabi Rottes „itsallaboutMIES“ aus Rückprojektionsvideos auf Leinwand, auf einem Vorhang und als Acrylglasobjekt ein, eine Hommage (der Architektin) an den deutsch-amerikanischen Architekten Mies van der Rohe. Auffällig ist auch ein Video von Sven Piayda, „Heliodorus“, „ein Gegenspiel von Malerei und Skulptur“, beschreibt Leane Schäfer.

Quadrate im Quadrat

Begleitprogramm

Die Jahresschau 2019 ist vom 16. November bis zum 2. Februar 2020 im Kunstmuseum an der Horster Straße 5-7 zu sehen, dazu erscheint ein umfangreicher Katalog. Eröffnung ist am Freitag, 15. November, um 19 Uhr.

Es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm: 21. November und 9. Januar, jeweils um 15 Uhr, Spaziergang durch die Alte Villa, 24. November und 15. Dezember, jeweils um 15 Uhr, öffentliche Führung, 2. Februar, 15 Uhr, Cicerone in der Ausstellung.

Eine besondere Herausforderung für die Haustechnik beim Platzieren wie für den Betrachter stellt „Quadrat im Quadrat“ von Uwe Gelesch dar, der mit grellen Leuchtfarben wie mit geometrischer Schlichtheit arbeitet. Noch einmal beeindruckende Zahlen: Erst beim tatsächlichen Nähertreten und genauem Augenschein offenbart sich Peter Reskis Sicht der Dinge per „Tusche auf Karton, einzeln gerahmt“. Denn er hat sich aus der gut 1000 Seiten starken Ausgabe des „Ulysses“ von James Joyce in der deutschen Übersetzung den Seiten 7 bis 92 gewidmet, nüchtern beschrieben mit „100 x 100 cm, vierteilig“. Ein Tag in Dublin im Quadrat.