Gelsenkirchen. Laut Emscher-Lippe Index wird die Geschäftslage noch immer positiv eingeschätzt, unter den Unternehmern der Region macht sich aber Skepsis breit.
Die Stimmungslage in der hiesigen Wirtschaft hat sich in den vergangenen Monaten spürbar abgekühlt. Das geht aus den Ergebnissen einer Umfrage hervor, die unter 150 Unternehmen in der Emscher-Lippe-Region durchgeführt wurde. Aus diesen Daten erstellten die S-Private Banking Gelsenkirchen und die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen die Herbstausgabe 2019 ihres Emscher-Lippe-Index (Elix). Dieser ist auf dem niedrigsten Wert seit fünf Jahren angekommen. Auffällig: Betrachteten im Frühjahr nur sechs Prozent der befragten Unternehmen ihre wirtschaftliche Lage als „schlecht“, waren es sechs Monate später bereits 13 Prozent.
„Die Konjunkturlage ist etwas eingetrübt. Von diesem bundesweiten Trend können wir uns hier in unserer Region nicht abkoppeln“, sagte Jochen Grütters, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen. Als Hauptgründe für diese Entwicklung nannte er die nach wie vor ungeklärte Situation rund um den Brexit sowie internationale Handelskonflikte, die weltweit Kreise ziehen – etwa jener zwischen China und den USA. „Diese Unsicherheit führt zu Verunsicherung unter den Unternehmern“, so Grütters.
Investitionsbereitschaft vieler Unternehmen ist gesunken
Das wirke sich auch auf die Investitionsbereitschaft aus, betonte IHK-Referent Christian Streege. Im aktuellen Elix gaben 26 Prozent der Befragten an, dass sie in den nächsten Monaten weniger Investitionen tätigen würden, im Frühjahr waren das nur 17 Prozent. 50 Prozent wollen unverändert investieren und 24 Prozent planen mit einem Investitionsplus. „Im Frühjahr lag letzterer Wert noch bei 36 Prozent“, so Streege. Doch es gebe bereits wichtige Investitionszusagen: So hat BP angekündigt, in den kommenden zehn Jahren rund zwei Milliarden Euro in den Standort Gelsenkirchen stecken zu wollen.
„Es gibt aber auch Positives zu berichten: Die Konsumlaune der Bürger ist ungebrochen. Zudem hat sich die Zahl der Arbeitslosen in der Region gut entwickelt“, betonte Claus Cordt, der Geschäftsführer der S-Private Banking Gelsenkirchen – einer hundertprozentigen Tochter der hiesigen Sparkasse. Die Arbeitslosenquote für Gelsenkirchen habe zuletzt 13,1 Prozent betragen, in Bottrop waren es 6,9 und im Kreis Recklinghausen 7,8 Prozent. „Es gibt in der Emscher-Lippe-Region inzwischen rund 287.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das sind 7000 mehr als noch zum Jahreswechsel 2017/18 und etwa 40.000 mehr als noch vor zehn Jahren“, nannte IHK-Mann Grütters beeindruckende Zahlen.
Zahlen und Fakten zum Konjunkturbarometer
Mit 75 Prozent erarbeitet in der Emscher-Lippe-Region der Dienstleistungssektor den Löwenanteil an der Bruttowertschöpfung. Die Industrie steuert 18, der Bausektor sieben Prozent bei.
IHK und S-Private Banking fordern das Bundesverkehrsministerium auf, dringend in die Wasserstraßen-Infrastruktur zu investieren. Der Rhein-Herne-Kanal und viele Schleusen seien marode.
Größtes Konjunkturrisiko sind die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
Als größtes Konjunkturrisiko betrachten 52 Prozent der Befragten inzwischen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Erst an zweiter Position folgt der Fachkräftemangel, der bei den letzten Umfragen stets den Spitzenplatz eingenommen hatte. „50 Prozent der Unternehmen sorgen sich aber, dass sie auch künftig genügend gut ausgebildetes Personal finden“, sagte Michael Hottinger, stellvertretender Geschäftsführer von S-Private Banking. Dahinter in der Rangliste treiben steigende Arbeitskosten sowie eine mögliche sinkende Inlandsnachfrage den Unternehmern die meisten Sorgenfalten auf die Stirn.
Bei der Suche nach Mitarbeitern seien laut Grütters aber auch die Unternehmen selbst gefragt: „Fachkräftesicherung beginnt zuallererst mit Talentförderung und Ausbildung.“ Es sei Aufgabe der Schulen und Firmen, die Jugendlichen für digitale Berufsbilder zu sensibilisieren. Als Negativbeispiel nannte Grütters den Ausbildungsgang zum Kaufmann für E-Commerce, der hier seit Mitte 2018 angeboten wird. „In elf Ausbildungsbetrieben kommen wir gerade einmal auf addiert 13 Azubis. Damit bekommen wir noch nicht einmal die erforderliche Größe von 22 Auszubildenden für eine Berufsschulklasse hin“, so Grütters. Deshalb müssten diese Azubis bis nach Borken oder Münster zur Berufsschule reisen. „Das macht die Sache nicht attraktiver“, so Grütters.
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Im Vergleich zur Region, wo die Zahl zurückgegangen ist, gab es in Gelsenkirchen zuletzt mehr Unternehmensgründungen. 2009 waren das laut Claus Cordt noch 985 im Jahr, zehn Jahre später ist die Zahl auf 1015 gestiegen.