Gelsenkirchen. Jan Dvoráks Oper „Frankenstein“ feiert Premiere am Gelsenkirchener Musiktheater im Revier. Eine zwei Meter große Puppe mimt das Monster.

Einst befriedigte der Besuch im anatomischen Theater die Sensationsgier der Menschen. Hier, wo gegen Eintritt Leichen zerschnitten und zerfleddert wurden und den Besuchern ein wohliger Schauer über den Rücken lief, hier wird der junge Wissenschaftler Dr. Frankenstein seinen künstlichen Menschen erschaffen. Zumindest auf der Bühne des Musiktheaters im Revier, wo die Oper „Frankenstein“ von Jan Dvorák am Samstag, 28. September, im Großen Haus Premiere feiert.

Bühnenbildnerin Britta Tönne, als Theaterpreisträgerin für Erfolgsproduktionen wie „Albert Herring“ oder „Der Zauberer von Oz“ verantwortlich, schuf eine Einheitsbühne, ein halbrundes Tribunal, einen öffentlichen Sezierraum, auch eine Art römisches Amphitheater. Hier wird der bizarre Kampf zwischen dem ambitionierten Wissenschaftler und seiner künstlichen Kreatur seinen Raum finden.

Oper orientiert sich am berühmten Roman von Mary Shelley

Erzählt wird die Geschichte „Frankenstein“ im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen aus der Sicht des Monsters.
Erzählt wird die Geschichte „Frankenstein“ im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen aus der Sicht des Monsters. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Die Oper des jungen Komponisten Jan Dvorák orientiert sich am weltbekannten Science-Fiction-Roman von Mary Shelley aus dem Jahr 1816. Den ehrgeizigen Wissenschaftler entsetzt die von ihm geschaffene, missgebildete Kreatur, und er verstößt sie. Das Monster aber sehnt sich nach der Liebe seines „Vaters“ und rächt sich bitter.

Das Team um Regisseur Sebastian Schwab rückt formal die Erzählung in den Mittelpunkt. Schwab, der am MiR die Steampunk-Oper „Klein Zaches“ mit großem Erfolg auf die Bühne brachte, ist sicher: „Man könnte dieses Werk sogar mit geschlossenen Augen verstehen.“

Premiere am 28. September

Die Oper „Frankenstein“ feiert am 28. September um 19.30 Uhr Premiere im Großen Haus des Musiktheaters im Revier.

Weitere Aufführungstermine: 3., 12., 20., 27. Oktober. 1. und 16. November. 1. und 20. Dezember. 5. Januar. Infos und Karten an der Theaterkasse oder unter musiktheater-im-revier.de oder 0209 4097200

Auch wenn auf der Bühne natürlich viel passiert, würde die Oper doch auch wie ein Hörspiel funktionieren. Erzählt wird vor allem aus der Sicht des Monsters, aber auch aus der Frankensteins, dem Bariton Piotr Prochera Stimme und Gestalt verleihen wird.

Sprache und Kostüme dienen der Orientierung

Wie ein Roadmovie führt die Geschichte in 16 Bildern durch halb Europa, spielt mal im dunklen Wald, mal auf eisigen Gletschern oder einem schaukelnden Forschungsschiff. Schwab: „Wo man sich gerade befindet, erfährt man über die Sprache.“

Komponist Jan Dvorak (2. v. r.) gab die strikte Anweisung, dass die Figur des Frankenstein durch eine Puppe dargestellt werden solle. Das macht seine Oper perfekt für die neue Sparte Puppenspiel am Gelsenkirchener Musiktheater im Revier.
Komponist Jan Dvorak (2. v. r.) gab die strikte Anweisung, dass die Figur des Frankenstein durch eine Puppe dargestellt werden solle. Das macht seine Oper perfekt für die neue Sparte Puppenspiel am Gelsenkirchener Musiktheater im Revier. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-Büning

Und über die Kostüme. Rebekka Dornhege Reyes setzt auf plakative Statements: „Die Kostüme sind so deutlich wie in einem Kinderbilderbuch.“ Verwandeln sich die Figuren zum Beispiel in Matrosen, ziehen sie sich gelbe Ölwesten über. Immer vor den Augen des Publikums: Alles Theater!

Neue Sparte Puppenspiel im Einsatz

Für die Darstellung des Monsters gab der Komponist, dessen „Frankenstein“ 2018 an der Staatsoper Hamburg uraufgeführt wurde, eine strikte Anweisung: Eine Puppe soll es sein. Das macht diese Oper nicht zuletzt für die neue Sparte des Musiktheaters, das Puppenspiel, perfekt. Die Rolle des Monsters übernimmt eine knapp zwei Meter große und 15 Kilogramm schwere Puppe mit dem Outfit einer gruseligen, skelettierten Mumie.

Die Figur mit der zerklüfteten, vernarbten Oberfläche, geschaffen von den Puppenbauern Karin Tiefensee und Ingo Mewes, erwecken gleich drei Frauen zum Leben. Ein Kraftakt für die Puppenspielerinnen, wie Anastasia Starodubova betont. Alle drei werden nicht nur Bewegung ins Monster bringen, sondern auch einzeln oder chorisch sprechen.

Musik begleitet das Geschehen wie im Kinofilm

Dazu erklingt eine Musik, die das Geschehen wie einen Kinofilm begleiten wird. Kapellmeister Giuliano Betta dirigiert die Neue Philharmonie Westfalen und hat neben E-Gitarre und Hammerklavier noch einen ungewöhnlichen Mitspieler im Graben: „Ein Geräuschemacher sorgt für nahezu cineastischen Sound, zum Einsatz bringt er vertrocknete Pflanzen, eine Windmaschine und sogar Spülbürsten.“ Betta zeigt auf die Partitur und lächelt: „Steht alles ganz genau hier drin.“

„Frankenstein“, so verspricht es Regisseur Schwab, verhandelt nach einem historischen Stoff durchaus heutige Themen. Es geht um Gut und Böse, um die Ethik des Machbaren, um Technik und den Umgang mit der Natur, auch um Sensationslust. Man darf gespannt sein, ob auch diese Eröffnung der Spielzeit 2019/20 zur Sensation gerät!