Gelsenkirchen-Altstadt. Komponistengespräch mit Jan Dvorák im Gelsenkirchener Musiktheater. Er weckte viel Neugier auf die kommende Premiere seiner Oper „Frankenstein“.

Ein blutroter Sonnenuntergang, dann Vollmond und Freitag der Dreizehnte, es schien eine perfekte Kulisse für den Abend „Monster-Musik“ im Musiktheater im Revier. Zu Gast im Gespräch mit Chefdramaturg Olaf Roth Jan Dvorák, der Komponist der Oper „Frankenstein“, die am 28. September im MiR Premiere feiern wird.

Aktuelle Themen auf die Bühne gebracht

Grusel-Effekte, Horrorszenarien, schaurige Gänsehautmomente? Nicht im Geringsten. „Der Film mit Boris Karloff aus dem Jahr 1931 war ein Sündenfall, Frankenstein ist nicht das personifizierte Böse“, klärte Dvorák auf. „Die Vorlage von Mary Shelley von 1818 handelt von Sozialisation, ist praktisch ein Erziehungsroman“. Die Grenzen der Ethik, die Suche nach dem vollkommenen Menschen, Naturwissenschaft und Gott sind Fragen, die im Werk in den Ring geworfen werden. „Plastische Chirurgie, Implantate, Mikro-Chips im Gehirn – wir sind heute mittendrin“.

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Aktuelle Themen, gesellschaftspolitische Zusammenhänge, all das will Dvorák ins Opernhaus bringen. „Die Subvention unserer Kunstform macht nur Sinn, wenn man wirklich viele Menschen erreicht. Und die Oper hat die emotionale Kraft Menschen zu erreichen“. Einen Einblick in die Emotionalität von Dvoráks Frankenstein gab Sopranistin Bele Kumberger mit der berührenden Interpretation eines inneren Monologs. „Mein lieber Viktor“ ist kein Rezitativ, keine Arie, kein Lied, es ist ein fließender Vortrag von immenser stimmlicher Intensität.

Zum Abschluss wird es gruselig

„Mein erstes musikalisches Vorbild als Kind waren Tonaufnahmen von Hans Albers“, sagte Dvorák, ein Einspieler von „Good Bye Jonny“ erklang. Die rund 50 Gäste im Westfoyer lachten herzlich, und ein wenig ungläubig. „Eine faszinierende Gabe, unbemerkt von Sprechen auf Singen umzustellen“, schob der Komponist als Erklärung hinterher. Überhaupt wolle er musikalische Grenzen aufbrechen, liebe die Jazz-Musik und die isländische Sängerin Björk. „Diesen einen dominierenden Gegenwartstil, wie zum Beispiel in der Romantik, gibt es heute nicht mehr“.

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Zum Abschluss des Abends der vielfältigen Eindrücke wurde es dann doch noch ein wenig gruselig. Zum grünen Licht im Saal mischten sich grüne Reflexionen aus den Gläsern an der Bar, ein süßlich schwerer Geruch erfüllte langsam den Raum – es wurde Absinth serviert. Das einstmals verbotene Rauschgetränk, das Mary Shelley mit Lord Byron und John William Polidori vielleicht am Genfer See zu ihren sozialphilosophischen Diskussionen getrunken haben und in dessen Smaragdschimmer „Frankenstein“ aufblitzte. Vorfreude und Neugier auf seine Oper hatte Dvorák erweckt.