Gelsenkirchen. Bruder Anno Müller verlässt die Amigonianer in Gelsenkirchen und geht nach Rom. Er wird stellvertretender Generaloberer seines Ordens.
Als Orden im Dienst der Jugend verstehen sich die Amigonianer. „Bildung, Soziales, Jugendarbeit, Erziehungshilfe“, das ist es auch, was Bruder Anno (52) in den vergangenen Jahrzehnten – mit Ausnahme von zwei Jahren, in denen er als Novizenmeister in Spanien Mitbrüder ausbildete – umgetrieben und beschäftigt hat. In Feldmark, in Schalke. Dort läuft die Arbeit in offenen Treffs, gibt es Spielgruppen und Elterncafés, den Mittagstisch für Kinder, von dort wird der Förderunterricht für Hauptschüler betreut, läuft das Projekt „Kids ins Team“, das Mädchen und Jungen an Fußballvereine heranführt. Fußball“, ist Bruder Jens Anno Müller überzeugt, „bietet so viele Chancen, Jugendliche zu erreichen.“
Für sechs Jahre ins Amt gewählt
Für den Amigonianer ist und war das alles ein Großteil seines Alltags, seines Lebens in Gelsenkirchen. Nun steht bald für ihn ein Einschnitt an, der Ordenskarriere bedeutet, aber auch Veränderungen bringt. Und den Abschied aus Gelsenkirchen. Seine Aufgaben hier übernimmt Pater Ralf Winterberg, zurück gekommen ist auch Pater Johannes Garcia, der vor 30 Jahren den ersten lokalen Jugendtreff der Amigonianer eröffnete.
15.000 Euro von den Rotariern
Über einen Scheck in Höhe von 15.000 Euro konnten sich Bruder Anno Müller und sein Nachfolger Pater Ralf Winterberg und Katja Schrader, die Leiterin des Jugendtreffs, jetzt freuen. Den Scheck überreichte Rotary-Präsident Bernhard Jäger im Rahmen eines Paellaessens im Jugendtreff.
„Erspielt“ wurde dieser Betrag im Rahmen des 9. DAGANFUTU (DAs Ganz ANdere FUßballTUrnier). Das Geld ist für das Projekt „Kids ins Team“ bestimmt, ein Kooperationsprojekt des Rotary Club Gelsenkirchen und der Amigonianer in Zusammenarbeit mit den beiden Fußballvereinen DJK Adler Feldmark und VFB Gelsenkirchen.
Bruder Anno Müller wurde von seinen Mitbrüdern – zunächst für sechs Jahre – zum stellvertretenden Generaloberen der Amigonianer gewählt. Sein Arbeitsort ist künftig Rom, das Zentrum der katholischen Kirche. Wobei Zentrum oder gar Herzkammer, da widerspricht der Amigonianer. „Das Herz kann man nicht so verorten. Rom ist eher so der Verwaltungssitz der Kirche.“ Und für seinen Orden wird Bruder Anno so etwas wie ein Aufsichtsrat in einem internationalen Gremium. „Wir sind ein tolles Team“, ist er überzeugt.
370 Amigonianer weltweit
Der Generalobere kommt aus Venezuela, vertreten sind zudem zwei Kolumbianer, ein Bruder von den Philippinen und der Gelsenkirchener mit kölschen Wurzeln. Die Zusammensetzung spiegelt auch ein wenig die Verteilung der Amigonianer weltweit. Rund 370 Brüder hat der Orden. In Lateinamerika, auch Spanien und Frankreich ist er stärker vertreten, zunehmend auch in Asien. Deutschland ist geradezu Diaspora: Sechs Brüder leben in Gelsenkirchen, Köln und Gladbeck. Dorthin verabschiedet sich Sonntag Pater Alois, der dann in Brauck mit Pater Gisbert benachteiligte Kinder und Familien betreut.
„Wir sind in Gelsenkirchen ganz nah bei den Menschen. Wie in unseren Jugendtreffs. Das ist etwas, das gut zur Kirche passt“, sagt Bruder Anno. Gerade das werde er auch vermissen: „Die Menschen, die in ihrer Vielfalt die Stadt lebenswert machen, die uns begleitet und unterstützt haben. Dann die Herzlichkeit, mit der ich hier aufgenommen wurde. Das werde ich mein Leben lang auf der Habenseite mitnehmen.“ Im Ruhrgebiet, meint Anno, wisse man immer, woran man ist. „Und es wird nie langweilig.“
Jugendliche wollen Freiräume
Seit gut 30 Jahren gibt es den Jugendtreff der Amigonianer, die Arbeit wird mittlerweile von zehn fest angestellten Kräften, Honorarmitarbeitern und einem großen Kreis von Ehrenamtlichen gestemmt. Die Kinder von Kindern, die dort einst betreut wurden, kommen heute. Die Zahl der Jugendlichen, deren Vorfahren nicht aus Deutschland kommen, hat sich sicherlich deutlich erhöht. Aber ansonsten, findet Bruder Anno, habe sich die Arbeit nicht wesentlich verändert, gelte einst wie jetzt: „Jugendliche wollen Freiräume und Aufmerksamkeit haben, sie brauchen Orientierung, sie brauchen jemanden, der sie ernst nimmt.“ Eine Veränderung registriert er dennoch. Und sie sorgt ihn: „Ein Dauerthema sind illegale Drogen, die ein junges Leben aus der Bahn werfen. Das hat sich verstärkt mit den Jahren.“
Stiftungen und Sponsoren unterstützen die Treffs, „das Wohlwollen der Stadt haben wir auch“, glaubt Bruder Anno. Doch eigentlich, sagt er, sei das Geld immer knapp. Das ist schon ein wichtiger Teil der Arbeit, Mittel zu akquirieren.“ Viel international unterwegs sein, wird der Amigonianer, auch die Leitlinien für die Arbeit seines Ordens in der Zukunft mitgestalten. Die Arbeit, ist er überzeugt, „wird nicht weniger werden“. In Gelsenkirchen und in Rom.