Gelsenkirchen. Nach den Äußerungen von Schalke-Boss Clemens Tönnies über Afrikaner diskutierte S04-Finanz-Chef Peter Peters in der VHS über Rassismus.
Die rassistischen Äußerungen vom Schalke-Boss Clemens Tönnies haben einen langen Nachhall. Bei einer Podiumsdiskussion in der Gelsenkirchener VHS, zu der der Verein Anno 1904 geladen hatte, stellte sich Schalkes Finanzvorstand Peter Peters vor rund 100 Zuhörern der Auseinandersetzung um den Umgang mit Rassismus. Die Erkenntnis des Abends: Die Fronten bleiben verhärtet. Die Basis um Fans und Mitglieder der Fan-Initiative, des Fan-Projekts und etwa auch die Demokratische Initiative vermissen Haltung und echte Sanktion, während Schalkes leitender Angestellter und der Schalker Ehrenrat die dreimonatige Auszeit des Aufsichtsratsvorsitzenden als ausreichendes Strafmaß ansehen.
Peter Peters gab zu, dass die Aussagen des Aufsichtsratsvorsitzenden ein Fehler und auch rassistisch waren, dennoch betonte er ausdrücklich und stetig seinen Wunsch, dass „Clemens Tönnies zurückkehrt. Er hat so viel Gutes getan. Er ist kein Rassist. Wir und ich machen weiter mit unseren Aktivitäten und lassen uns 20 Jahre gute Arbeit nicht kaputt machen.“ Als Beispiel nannte Peters die jüdische Spurensuche im Laufe dieser Woche mit der jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen als eine von vielen Aktion, bei denen sich die Königsblauen für die Eindämmung von Gewalt und die Bekämpfung von Diskriminierung sowie Rassismus einsetzten.
Ausschluss ist eine Kann-Option, kein Muss
Peters und auch die drei Mitglieder des Ehrenrates hatten einen schweren Stand. Die Ehrenrat-Vertreter Hans-Joachim Dohm (Pfarrer in Rente) und Richterin Kornelia Toporzysek mussten sich von Roman Kolbe vom Magazin „Schalke Unser“ den Vorwurf gefallen lassen, dass „rassistische Äußerungen künftig in die Kategorie Meinungsfreiheit gehören, wenn Sanktionen ausbleiben.“ Sven Schneider von der Schalker Fan-initiative fügte hinzu, dass „wir mit unserer Anti-Rassismus-Arbeit durch diesen Umgang mit der Thematik in die Steinzeit zurückversetzt werden“.
Den Hinweis eines Zuhörers, dass die Schalker Satzung bei rassistischem Verhalten einen Vereinsausschluss vorsehe, konterte der Ehrenrat mit der Bemerkung, es sei eine Kann-Option, nicht ein Muss. Die Demokratische Initiative GE benannte den VW-Skandal, Cum-Ex-Geschäfte und folgerte mangels Strafen daraus, ähnlich wie im Schalker Fall, dass dadurch erst recht „rechte Kräfte erstarkten.“
Gruppe bietet Sicherheit, ein Alleingang birgt Risiken
Applaus bekam die Landesvorsitzende der Grünen, Mona Neubauer, die als Fußballfan in die Diskussion einstieg. Sie sagte: „Es gibt Situation, wo man sagen muss: Da habe ich Mist gebaut und daraus ziehe ich meine Konsequenzen.“ Wohl ein Hinweis, dass sie einen Rückzug Tönnies befürwortet hätte.
Einen Punkt und Hinweis für den Umgang mit Rassismus machte Prof. Heitmeyer, als er nach einem Rat gefragt wurde: „Auf Demonstrationen ist man unter sich und fühlt sich wohl. Entscheidend ist, was man tut, wenn man alleine ist. Wenn die Gleichwertigkeit aller Menschen tangiert wird und ihre Unversehrtheit in Gefahr ist, dann reagiere ich. Aber: Dafür sind die sozialen Kosten mitunter hoch im Freundes- und Arbeitskreis wenn das Einstehen beginnt.“
Bestärkt wurden die Kritiker in ihren Standpunkten von Konfliktforscher Prof. Wilhelm Heitmeyer. In seinem Impulsreferat zu Beginn der Diskussion legte er dar, dass die Ethik-Kommission des DFB mit ihrem Verzicht auf ein Verfahren „die Glaubwürdigkeit des Deutschen Fußball-Bundes ruiniert“ habe. Insbesondere den Eliten schreibt der Experte eine Vorbildfunktion zu, denn mit ihrer Sprache lieferten sie eine Begründung für Gewalt und Diskriminierung, indem sie die Gleichheit der Menschen in Frage stellten und damit dem Gefühl von Überlegenheit und Unterlegenheit Tür und Tor öffneten. Heitmeyer sieht darin die Gefahr der Normalisierung von solchen rassistischen Aussagen. „Von Extremen kann man sich schnell distanzieren, von etwas Alltäglichen weniger.“