Gelsenkirchen. Gelsendienste berichtet, dass die Kunden immer aggressiver werden. Der Gelsenkirchener Entsorger hat seit Jahresbeginn 76 Fälle registriert.
Nach Polizei und Feuerwehr beklagen auch Gelsendienste zunehmende verbale Attacken und Agressionen gegen Mitarbeiter. „Wie die Kollegen in Bochum und Essen stellen leider auch wir eine Häufung von Konflikten an unseren Wertstoffhöfen fest“, sagt Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne, dem es in diesem Zusammenhang auch wichtig ist, darauf hinzuweisen, „dass die meisten der täglich bis zu 2500 Anlieferungen problemlos verlaufen.“ Aber: Die Tatsache, dass das Entsorgungsunternehmen seit Anfang des Jahres über solche Vorfälle eine Liste führt, ist ein untrügliches Zeichen für ein Problem, dass sich etabliert hat.
Bis zu einer Strafanzeige ist es bislang zwar noch nicht gekommen, wohl aber zu einer ganzen Reihe von Hausverboten, die das Unternehmen ausgesprochen hat. Eine Anzeige müssten attackierte Mitarbeiter als Betroffene selbst auf den Weg bringen, aber das dürfte beim Blick auf die Fallzahlen nur eine Frage der Zeit sein: 76 Übergriffe stehen in der Liste, 19 wurden von den Mitarbeitern als gravierend eingestuft.
Entsorgung von haushaltsübliche Mengen ist kostenfrei
Für Privatpersonen aus Gelsenkirchen ist die Anlieferung vieler Abfälle, die üblicherweise in Privathaushalten anfallen, in haushaltsüblichen Mengen kostenfrei, zum Beispiel Altpapier, Sperrmüll und Elektroschrott. Die Entsorgungskosten sind bereits mit der Gebühr für den Restmüllbehälter gedeckt.
Bei anderen Abfällen wie Bauschutt oder imprägniertem Holz hingegen, die nicht üblicherweise anfallen, muss für die Entsorgung auf dem Wertstoffhof gezahlt werden. So soll für alle eine größtmögliche Gebührengerechtigkeit sichergestellt werden.
Bei Anlieferungen von Gewerbetreibenden wiederum gelten andere Regelungen. Für diese ist die Anlieferung der meisten Abfälle kostenpflichtig. Ausnahmen sind lediglich solche Abfälle wie Altpapier und Metalle, welche von Gelsendienste vermarktet werden können. Im Gegenzug gelten für Gewerbetreibende jedoch auch niedrigere Gebühren für die Restmüllbehälter. Info: https://www.gelsendienste.de
Erst beleidigt, dann mit Wechsel beschmissen
Es geschah vor drei Monaten am Wertstoffhof an der Adenauer-Allee, als eine Gelsendienste-Mitarbeiter einen Kunden beim Befüllen eines Bauschuttcontainers mit Baumischabfall beobachtete. Der Müll-Fachmann wies den Kunden auf seinen Fehler hin und kontrollierte den Bon. Dabei stellte sich heraus, dass nur für den günstigeren Bauschutt bezahlt worden war. Deshalb wurde der Kunde gebeten, den Fehlbetrag an der Kasse nachzubezahlen. Seine Reaktion: Eine Tirade von Beleidigungen für den Kassierer. Und tief fliegendes Wechselgeld, mit dem der wütende Kunde nach dem Kassierer warf. Danach stürmte der Kunde zu seinem Wagen und brauste vom Hof.
Grund für Aggression: Kosten, aufgedeckter Betrug
Kein Einzelfall. Den Hauptgrund für solche Übergriffe sehen Gelsendienste in den Entsorgungskosten. „Aggressives Verhalten tritt insbesondere in solchen Fällen auf, in denen Kunden von unseren Mitarbeitern bei Betrugsversuchen beobachtet und zur Rede gestellt werden“, sagt Heyne. Viel Andrang zu Stoßtagen und Wartezeiten spielen sicher auch eine Rolle, oder Kunden, die abgewiesen werden, weil das Fahrzeug kein GE-Kennzeichen hat und sie sich nicht als Gelsenkirchener ausweisen können.
Wer sich vorher informiert, weiß Bescheid, beispielsweise über Mengen, Müllarten und Kosten, doch die Einsicht weicht schnell und die Autofahrer reagieren gereizt, genervt oder ausfallend. Bestes Beispiel ist die Müllabfuhr. Blockiert ein Sammelfahrzeug mal ein, zwei Minuten die Straße, lassen Hupkonzert und Unmutsbekundungen nicht auf sich warten.
Security an beiden Wertstoffhöfen
Was tun? Bei regelmäßigen Schulungen durchlaufen die Mitarbeiter ein Deeskalationstraining mit Rollenspielen, um in brenzligen Situation ruhig zu bleiben. Für Notfälle verfügen sie über einen Alarmknopf. Während der Entsorger USB in Bochum noch zögert, einen Sicherheitsdienst einzusetzen, haben Gelsendienste längst Nägel mit Köpfen gemacht. „Bereits seit Jahresbeginn ist auf den beiden Wertstoffhöfen an der Adenauerallee 115 und der Wickingstraße 25b ein Sicherheitsdienst temporär im Einsatz“, erklärt Tobias Heyne. Mit dieser Maßnahme sollen zum einen Versuche von einzelnen Anlieferern unterbunden werden, Abfälle missbräuchlich zu entsorgen. Darüber hinaus sollen „die Sicherheitskräfte bei Konflikten deeskalierend auf die Anlieferer einwirken.“
Abschreckung wäre wohl auch fehl am Platz. Sonst werfen die Leute ihren Müll in die nächste Ecke.