Gelsenkirchen. Eine Stadt macht ernst: Wer seinen Müll illegal ablädt, wird irgendwann erwischt und zur Kasse gebeten. So überwacht Gelsenkirchen die Müllsünder.

Angriff ist die beste Verteidigung. Was im Sport gilt, ist auch im Alltag ein probates Mittel, um sich vor unliebsamen Überraschungen besser zu schützen. Gut fünf Monate ist es her, als sich die Stadt gezwungen sah, im Kampf gegen Fluten von illegal entsorgtem Müll in die Offensive zu gehen.

Neben einer Anhebung der Verwarnungs- und Bußgelder beauftragte die Verwaltung einen Wachdienst mit der Observation neuralgischer Container-Standorte. Das Ergebnis ist ebenso verblüffend wie ernüchternd, wie bei der Präsentation der ersten Zwischenbilanz am Dienstag deutlich wurde.

Vergehen auf Fotos dokumentiert

„Wir haben insgesamt 63 Observationen durchgeführt“, erklärte Gelsendienste-Betriebsleiter Ulrich Husemann. Die Überwachungen fanden an 20 Standorten und jeweils an unterschiedlichen Wochentagen und zu verschiedenen Tageszeiten statt – teilweise sogar mehrfach. „32 Ordnungswidrigkeitenverfahren sind daraufhin eingeleitet worden, die verhängten Bußgelder schwanken zwischen 120 und 500 Euro, je nach Schwere des Vergehens.“

Die Überwacher haben die Vergehen per Kamerafotos dokumentiert. Auffällig dabei: Es sind beileibe keine Nacht- und Nebelaktionen, die Ertappten ein bunter Mix aus allen Bevölkerungsschichten – vom Privatmann, der seinen Verpackungsmüll für den neuen 65-Zoll-Fernseher einfach in die Ecke schmeißt, statt in die dafür vorgesehenen Sammelbehälter bis hin zu Gewerbetreibenden, die Material (Lacke, Putze etc.) in aller Seelenruhe von der Pritsche ihres Lkw abladen und neben die Container stellen. Motto: Irgendwer wird sich schon zuständig fühlen. Von Unrechtsbewusstsein keine Spur.

Observationen gehen weiter

Seelenruhig laden hier Mitarbeiter eines Unternehmens Müll von der Pritsche ihres Lkw.
Seelenruhig laden hier Mitarbeiter eines Unternehmens Müll von der Pritsche ihres Lkw. © Stadt

Die Schlussfolgerung, die Stadt und Gelsendienste aus dieser Erfahrung ziehen, ist die, dass die Observationen auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden und künftig noch ein weiteres Mülldetektiv-Team durch die einzelnen Quartiere streift, um Verursacher aufzuspüren – Tipps aus der Bevölkerung jederzeit gerne annehmend (z.B. über die Hotline: 0209 954 20 oder die App GEmeldet).

„Wenn wir euch packen, wird’s richtig teuer“, sagte Stadtoberhaupt Frank Baranowski – betonend, dass 500 Euro längst nicht das Ende der Preisliste bedeuten, sondern am Schluss auch 50 000 Euro auf der Rechnung stehen – möglich bei Sondermüll wie Asbest oder Altölen mit hohem Gesundheits- und Umweltrisiko.

Problemstellen sind bekannt

300 Standorte gibt es über das Stadtgebiet verteilt, sie werden mindestens einmal in der Woche genauer ins Visier genommen und bei Bedarf gesäubert, Problemstellen täglich laut Gelsendienste.

Zerreißen und ins Altpapier? Pustekuchen, dieser riesige Karton landet neben den Containern.
Zerreißen und ins Altpapier? Pustekuchen, dieser riesige Karton landet neben den Containern. © Stadt

Dass dieser Aufwand kurzfristig abnimmt, davon ist nicht auszugehen, Müllentsorgung ist ein lernendes System, Geduld ist also gefragt, bis jeder weiß, wohin er was zu schmeißen hat. Dafür spricht auch die Statistik: Mülldetektive und Observierer haben in diesem Jahr bereits 61 Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet, die Bußgelder beliefen sich im Schnitt auf 130 Euro. Und: Pro Monat laufen 25 rechtskräftige Verfahren in Sachen illegaler Müll an.