Gelsenkirchen/ Berlin. Die Gelsenkirchener Bundestagsabgeordneten pendeln in der Regel mit der Bahn nach Berlin. Trotzdem will keiner Inlandsflüge ganz verbieten.
230.000 Inlandsflüge buchten Bundesministerien und Behörden 2018. Wir wollten wissen, wie es die Gelsenkirchener Bundestagsabgeordneten mit Dienstreisen halten.
Dabei zeigt sich: Aufs Auto setzt hier unabhängig von der Partei fast niemand. Auch Oliver Wittke nicht, der als CDU-MdB und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie viel unterwegs sein muss. „Ich handhabe das ganz pragmatisch. Normalerweise nehme ich den ICE, etwa wenn ich morgens einen Termin beim Regionalverband Ruhr habe und von dort nach Berlin muss. Wenn ich aber Montagfrüh um 8.30 Uhr einen Termin in Berlin habe, nehme ich aus Gelsenkirchen den Rote-Augen-Flug ab Düsseldorf um 6.20 Uhr, damit ich das schaffe. Sonst müsste ich schon Sonntag fahren“, erklärt der Gelsenkirchener. Auch die Berliner Mitarbeiter nutzten Flug und Bahn etwa für Termine in Bonn, entschieden werde von Fall zu Fall, ganz pragmatisch. 600 der 1900 Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums sitzen in Bonn, so Wittke. Wolle man Flüge vermeiden, müsse man fragen, ob man sich zwei Standorte leisten will. Genau diese Frage mag er als Nordrhein-Westfale aber nicht stellen.
In 99,9 Prozent mit der Deutschen Bahn statt mit dem Flugzeug
SPD-MdB Markus Töns hat in diesem Jahr bisher zwei Inlandsflüge absolviert. „Ich fahre mit dem ICE aus Essen nach Berlin, in 99,9 Prozent der Fälle. Ein Auto habe ich seit einem halben Jahr nicht mehr. Ich mache auch in Gelsenkirchen soviel wie möglich mit dem öffentlichen Nahverkehr. Das geht, wenn man sich ein wenig organisiert“, versichert er. Nur, wenn der Terminkalender es gar nicht anders hergebe, komme ein dienstlicher Inlandsflug für ihn in Frage.
Was er sich wünschen würde von der Deutschen Bahn: „Dass auch zwischen dem Ruhrgebiet und Berlin mal die modernen ICE eingesetzt werden, die von München nach Berlin ganz regulär im Einsatz sind...“
Viele physische Treffen wären vermeidbar
Irene Mihalic, für die Grünen im Bundestag, schätzt die Bahn als Verkehrsmittel: „Ich fahre immer mit dem Zug nach Berlin. Da kann ich vier Stunden sitzen und arbeiten, statt ein-, aus- und umzusteigen. Nur der schlechte Handyempfang ärgert mich manchmal.“ Mitarbeiter, die regelmäßig reisen müssen, sind mit Bahncard ausgestattet. Wer doch einmal fliegen muss, leistet Kompensationszahlungen für den Klimaschutz. „Aus eigener Tasche. Das war mal anders, aber wir als Grüne haben uns eine Selbstverpflichtung dazu gegeben“, erklärt sie. Ganz verbieten mag sie Inlandsflüge nicht. „Es gibt Situationen, wo es schnell gehen muss und die Bahnverbindung einfach nicht funktioniert. Aber das sollte man dann wenigstens kompensieren. Und viele physische Treffen zwischen Berlinern und Bonnern etwa wären auch vermeidbar, wenn man andere Formen des Austausches wählen würde. Das wäre besser für die Mitarbeiter und den Klimaschutz.“
Das Flugzeug ist nur bedingt schneller
Der Zug braucht zwischen 3 Stunden 48 Minuten ab Essen oder 3 Stunden 21 Minuten ab Dortmund und – je nach Tageszeit – bis zu sechs Stunden nach Berlin. Vor allem in den Abendstunden nach 19 Uhr sind die Verbindungen häufig mit viel Umsteigen verbunden.
Das Flugzeug schafft es von Düsseldorf nach Berlin in 70 bis 80 Minuten. Allerdings mit An- und Abreise, etwa im Berufsverkehr zwischen dem Flughafen Tegel und dem Bundestag oder zwischen Gelsenkirchen und Düsseldorf, wird der zeitliche Unterschied verschwindend gering – bestenfalls eine Stunde.
Videokonferenzen könnten manche Dienstreise überflüssig machen
„Die Bahn ist mein bevorzugtes Reisemittel“, betont Marco Buschmann, als parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion in Berlin. Zwischen Berlin und Gelsenkirchen nutze er das Flugzeug kaum, nur für weite Strecken und wenn nicht anders möglich sei. Um unnötige Flüge zu vermeiden, schlägt er vor, „CO2 einen marktwirtschaftlichen Preis“ zu geben und das Bahnfahren attraktiver zu machen. Auch er stellt die Notwendigkeit mancher Reise in Frage: „Man könnte auch stärker auf den Einsatz von Videokonferenzen und Onlinetools setzen.“
„Alle Ministerien komplett nach Berlin verlegen“
Jörg Schneider, für die AfD im Berliner Bundestag, fährt grundsätzlich mit der Bahn nach Berlin, weil er „die zusammenhängende Fahrtzeit im Zug besser nutzen“ könne. Auch Dienstreisen seines Assistenten zwischen Gelsenkirchen und Berlin erfolgten mit der Bahn. Zu Bonn-Berlin-Dienstreisen sagt er: „Ich persönlich spreche mich klar für eine Verlegung aller Ministerien komplett nach Berlin aus.“