Gelsenkirchen. Bürger besichtigten die BP-Raffinerie in Gelsenkirchen-Scholven. Die Firma warb für mehr Verständnis als starke Wirtschaftssäule der Region.
Ohne BP und Ruhr Oel bräche Gelsenkirchen und dem Ruhrgebiet eine bedeutende Grundfeste der Wirtschaft weg. Das ist die Botschaft, die den Besuchern der BP-Raffinerie in Scholven bei einer von insgesamt sechs dreistündigen Werksbesichtigungen mit auf den Weg gegeben wird. Der Global Player wirbt bei Anwohnern und auswärtigen Gästen, die zum Teil sogar aus dem Süden der Republik anreisen, um mehr Verständnis, nachdem das Unternehmen in der Vergangenheit öfter in die Schlagzeilen geraten ist: etwa als größter Stickoxid-Emittent, der den gesamten NOX-Ausstoß auf Gelsenkirchens Straßen um das Dreifache übertrifft, als Hersteller giftiger Ölpellets, die im nahen Uniper-Kraftwerk verbrannt werden oder dessen Fackelaktivitäten beißenden Geruch erzeugt, Anwohner um den Schlaf bringt und ihre Sorgen über bleibende Gesundheitsschäden durch Schadstoffe wieder und wieder nährt.
Werk stellt seine wirtschaftliche Bedeutung heraus
Dem setzen Chemie-Ingenieur Hans Jörg Wachtel als Referent und Feuerwehrexperte sowie Rick Johnson (Leiter Stabsstelle Raffineriemanagement) eine Fülle von Daten und Fakten gegenüber, die die Bedeutung des Unternehmens als Arbeitgeber und Ausbildungsbetrieb mit Übernahmegarantie unterstreichen: „1800 Mitarbeiter, 170 Auszubildende, 60.000 indirekt verbundene Arbeitsplätze in regionalen Dienstleistungs- und Zulieferbetrieben, eine Tagesproduktion an Kraftstoffen, die ausreicht, um 345.000 Pkw zu betanken und - in Anbetracht der nahen Ferien und unzähligen, ungeduldig erwarteten Flügen in den Urlaub: 1700 Tanklaster im Monat, die den Düsseldorfer Flughafen mit Kerosin versorgen – das macht 70 Prozent des Gesamtverbrauchs des viel frequentierten Drehkreuzes in der Landeshauptstadt aus.
Präsentation ruft unterschiedliche Reaktion hervor
Zahlen, die unterschiedlichen Eindruck hinterlassen, als es kurz darauf im Bus hoch auf die angrenzende Halde geht, von der man einen fantastischen Rundumblick auf das Ruhrgebiet genießen kann. Etwa bei Volker Prinz (64), ehemals in Hassel beheimatet, heute in Erle, sowie bei Bernd Seidel (66) aus Scholven. Seidel erkennt die „Sympathieoffensive von BP“, aber auch die Notwendigkeit, Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Der Senior ist „überzeugt, dass die Angaben korrekt sind“ und dass Ämter und Behörden schon längst eingeschritten wären, wenn wirklich Gefahr drohte. Er meint damit Emissionen wie Stickoxide und andere gefährliche Stoffe.
Angst im Falle eines Feuers oder einer Explosion
Prinz dagegen ist hin und her gerissen zwischen Respekt und Furcht. Er erkennt den wirtschaftlichen Beitrag hoch an, gleichzeitig nährt bei ihm der Blick auf unzählige, dicht an dicht stehende Riesentanks und Öfen auf 250 Hektar Fläche „die Angst, dass die Menschen drumherum einer Gefahr ausgesetzt sind, die im Notfall kaum bis gar nicht zu beherrschen ist.“ Feuer oder Explosionen etwa.
Erstaunen über ein grünes Ruhrgebiet
Daniel Steinert aus Würzburg (!) bewundert derweil das viele Grün im Ruhrgebiet, erkennt 220 Meter über Normalnull und im Schlagschatten des Windrades den Gasometer in Oberhausen, den Moviepark in Kirchhellen, die Skihalle in Bottrop und viele weitere Sehenswürdigkeiten des Ruhrpotts. Ihm geht es mehr ums Erlebnis Ruhrgebiet, seine Probleme sind für den Süddeutschen weit weg.
Bernd Materna (69) aus Horst dagegen kann die Schönheit der Industrielandschaft kaum besänftigen. Selbst als Rick Johnson erklärt, dass es keine „erhöhte Krebsrate bei Mitarbeitern“ gebe, hat der Gelsenkirchener Zweifel. Nicht ganz unberechtigt, denn die Angaben erfolgen auf freiwilliger Basis. Und Gelsenkirchen hat nun mal seit Jahren die höchste Krebsrate im Lande. Materna sieht da einen Zusammenhang, ist daher noch härter in seinem Urteil über BP und die Werkstour: „Entgegen dem, was Medien veröffentlicht haben, soll alles in Ordnung sein. Schöner Schein, das akzeptiere ich nicht.“
Tag der Offenen Tür am Samstag
In diesem Jahr blickt die Ruhr Oel GmbH – BP Gelsenkirchen auf eine 90-jährige Geschichte zurück. Anlässlich dieses runden Geburtstages veranstaltet das Unternehmen einen Tag der offenen Tür, der am Samstag, 6. Juli, von 10 bis 17 Uhr auf der Sportanlage Lüttinghof in Hassel stattfindet.
Zum Programm gehören neben Werkstouren mit dem Bus über das Gelände oder Besuchen im BP-Labor auch Stände, die darüber Informieren, welche Produkte in Gelsenkirchen entstehen oder welche Maßnahmen BP in Sachen Umweltschutz betreibt.
Jeder Besucher erhält als Begrüßung einen Verzehrgutschein in Höhe von zwei Euro. Durch den Tag führt Moderator Dirk große Schlarmann, der unter anderem BP-Vertreter interviewt. Das Programm umfasst zudem Showacts für Kinder – eine Zaubershow und einen Bauchredner.
Besucher, die mit dem Pkw anreisen, haben die Möglichkeit, den Parkplatz an der Ruhr Oel Verwaltung an der Alexander-von-Humboldt-Straße zu nutzen. Das Gelände kann über öffentliche Verkehrsmittel über die Haltestellen Alexander-von-Humboldt-Straße, Lüttinghofstraße, Gustavstraße und Eppmannsweg erreicht werden.