Gelsenkirchen. Der Messerangriff auf eine Mutter hat Fragen aufgeworfen, die Opferanwälte werfen der Polizei Fehler vor. Jetzt bezieht die Behörde Stellung.

Aussage gegen Aussage: Nach dem Messeranschlag auf eine junge Mutter (32) in Gelsenkirchen-Buer gehen die Schilderungen von Polizei und einem Zeugen auseinander. Die Opferanwälte werfen der Polizei schwere Fehler vor. Im Kern dreht es sich dabei um Vorwurf, dass die Polizei den Stalker (43) nicht nach Waffen durchsucht habe, trotz „akuter Lebensgefahr“ und um die Frage, ob der Platzverweis gegen den Gelsenkirchener in ausreichendem Maß kontrolliert wurde.

Zeuge: Stalker blieb im Lokal sitzen

Einem Zeugen nach ist der Stalker in dem Restaurant „Sultan Saray“ sitzengeblieben, als die Polizei erstmals den Einsatzort verließ. Demnach hat er dem Platzverweis gegen ihn nicht Folge geleistet, schritt kurz darauf zur Tat. Zuvor hatte der mutmaßliche Täter das spätere Opfer an einem Eiscafé nahe des Kinos Schauburg angeblich bedroht, er soll mit der Hand eine Geste gemacht haben, die das Durchschneiden der Kehle signalisierte.

Der Tatort vom Kunstmuseum aus fotografiert: Die Gewalttat geschah in Höhe der Schauburg an der Horster Straße 6.
Der Tatort vom Kunstmuseum aus fotografiert: Die Gewalttat geschah in Höhe der Schauburg an der Horster Straße 6. © WAZ | Foto: Christiane Rautenberg

Polizei: Beschuldigter kam Platzverweis nach

Der Polizei zufolge sei der Mann durchgehend kommunikativ, zugänglich und einsichtig gewesen. Selbst nach der Gefährderansprache im Restaurant und Platzverweis. Polizeisprecher Torsten Sziesze: „Er kam dem Platzverweis nach und entfernte sich vom Einsatzort fußläufig in Richtung De-La-Chevallerie-Straße, auf die er einbog und seinen Weg in Richtung Marktplatz fortsetzte.“

Gerichtliche Vorgabe an den Stalker: 25 Meter Abstand halten

Damit stehen sich zwei widersprüchliche Aussagen gegenüber, die im Zweifelsfall gerichtlich geklärt werden müssten.

Auch in puncto Durchsuchungen vertreten Opferanwälte und Polizei gegensätzliche Sichtweisen. Die Polizei bestätigte dieser Redaktion, dass die eingesetzten Beamten Kenntnis davon hatten, dass sich die zweifache Mutter von dem Mann bedroht gefühlt hatte und dass zudem eine einstweilige Verfügung des Familiengerichtes mit einem Annäherungsverbot auf 25 Meter Abstand vorlag.

Polizeisprecher Torsten Sziesze.
Polizeisprecher Torsten Sziesze. © Foto: Christian Eiting

Gegensätzliche Auffassung über rechtliche Grundlage für eine Durchsuchung

Für die Opferanwälte Peter Weispfenning und Frank Jasenski lagen damit genug Anhaltspunkte vor, eine Durchsuchung des Stalkers durch Polizeibeamte vorzunehmen, insbesondere nach der beschriebenen Drohgebärde. Die Polizei steht auf einem anderen Standpunkt. Dazu Polizeisprecher Torsten Sziesze: „Aufgrund der Tatsache, dass der Beschuldigte dem Platzverweis nachgekommen war und sich vom Einsatzort entfernt hatte, war die Gefährdungssituation nicht mehr gegeben. Es gab daher zu diesem Zeitpunkt keine rechtlichen Voraussetzungen für weitere gefahrenabwehrende und/oder strafprozessuale Maßnahmen, wie beispielsweise eine Durchsuchung.“