Gelsenkirchen. Räder und Pedelecs sind beliebt, im Verkehr ein Risiko. Der Tag des Fahrrads sollte auf Gefahren aufmerksam machen, Fehlverhalten aufdecken.

. Fahrräder und Pedelecs haben Hochkonjunktur, die Saison hat begonnen, die Straßen werden voller. Damit steigt auch das Unfallrisiko. Die Polizei Gelsenkirchen beteiligte sich daher am Montag zum europäischen Tag des Fahrrades am landesweiten Aktionstag „Fahrrad und Pedelec“. Fahrrad- und Pedelecfahrer wurden dabei über das spezielle Verhalten im öffentlichen Straßenverkehr und Sicherheitseinrichtungen informiert, Fehlverhalten mit Fahrrädern und Pedelecs geahndet. Die Erkenntnis: Das Wissen über richtiges Verhalten ist zwar durchaus vorhanden, im Alltag macht es aber in der Regel der Bequemlichkeit Platz.

Die Gewitter am Montagmorgen haben viele dazu veranlasst, das Rad stehen zu lassen. Nichtsdestotrotz spiegeln die Antworten, die Polizeihauptkommissarin Katja Flanz und Oberkommissarin Christina Kleine von kontrollierten Radlern zu hören bekommen, eine gefährliche Sorglosigkeit wieder. Kleine und Flanz picken sich an der Goldbergstraße nahe der Schulen Max-Planck-Gymnasium und Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium auffällige Verkehrsteilnehmer im Sattel heraus.

Einsichtig im Gespräch mit den Beamten

Da ist zum Beispiel der blonde Struwelkopf (17) mit hippen In-Ohr-Kopfhören unterwegs, er trägt keinen Helm, dafür ist sein Rad immerhin absolut verkehrssicher. Oder da wäre das BMX-Duo, bei dem ein Rad noch nicht einmal Bremsen hat – auch die beiden Jungs kommen ohne Helm dahergerollt, steigen schnell ab und schieben brav, als sie die Polizei von weitem sehen. Der Blondschopf gibt sich im Gespräch mit Flanz und Kleine einsichtig, räumt ein, dass er trotz „gedämpfter Lautstärke die Umgebungsgeräusche so gut wie gar nicht hören kann“. Und lässt die Stöpsel fortan nur baumeln, als er weiter in die Pedale tritt.

Die BMX-Fans, beide 15 Jahre alt, versuchen es noch mit einer Ausrede. Sie würden nur „auf dem BMX-Parcours fahren und das natürlich immer mit Helm“. Zu dumm nur, dass sich die erfahrenen Polizistinnen nur schwer vorstellen können, dass die Jungs jeden Tag ihre Schule zu Fuß ansteuern und aus Spaß an der Freude dabei ihre Sportgeräte mitnehmen – stets schiebend, versteht sich. Natürlich fällt die Flunkerei auf, worauf eine ernstere Ansprache über verkehrssichere Räder und richtiges Verhalten Straßenverkehr folgt. Eifriges Nicken, Besserung wird gelobt, dann machen sich die Jungs, peinlich berührt, zu Fuß wieder auf den Weg.

In Gelsenkirchen gab es 9722 Unfälle in 2018

Die Zahl der Verkehrsunfälle ist im letzten Jahr in Gelsenkirchen erstmals seit 2013 leicht gesunken. Das geht aus dem Verkehrslagebericht der Polizei hervor. 9722 Unfälle zählten die Beamten, 2017 waren es 9739 gewesen. Das bedeutet ein Minus von 0,2 Prozent.

Einen tödlichen Verkehrsunfall gab es im vergangenen Jahr. Opfer war eine Fußgängerin, die beim Überqueren eines Zebrastreifens von einem Auto erfasst wurde.

55 Radfahrer wurden in NRW 2018 getötet

Katja Flanz und Christina Kleine reden Radlern wie diesen oft ins Gewissen. Jüngeren wie älteren. Und das nicht ohne Grund. Denn die Unfallzahlen haben es in sich: Allein in Gelsenkirchen verunglückten im Vorjahr 150 Rad- und Pedelecfahrer, rund 15 Prozent mehr als in 2017. Das Ausmaß der Gefahren wird bei Betrachtung der Landeszahlen besonders deutlich: Im Jahr 2018 wurden 55 Radfahrende auf den Straßen Nordrhein-Westfalens getötet. Das sind fünf Radler mehr als im Vorjahr. Die Zahl der verunglückten Fahrradfahrer stieg um 11,4 Prozent auf 16.725. Bei den verunglückten Pedelec-Fahrern ist die Bilanz noch erschreckender. Die Zahl ist um 52,1 Prozent auf 2115 Verunglückte angestiegen. Bei den schwer verletzten Pedelecfahrenden lag der Zuwachs sogar bei 61 Prozent.

Helm ist vielen ein Gräuel

Insbesondere die motorisierten E-Räder bereiten der Polizei Sorgen. Denn Technik und Fahrkomfort dieser Räder gehen oftmals nicht einher mit dem Reaktionsvermögen und sicheren Umgang ihrer Besitzer. Erst ab Fahrleistungen über 25 Stundenkilometern werden sie, so Polizei-Pressesprecher Thomas Nowaczyk, „versicherungs- und helmpflichtig“. Dabei schützen Helme nicht nur schnellere Fahrer. Aber auch diese Erkenntnis schlägt sich nicht durch. Eine junge Radlerin auf einem schicken roten Hollandrad mag hierfür stellvertretend dienen – auch sie ist wie alle anderen Jugendlichen ohne Helm unterwegs, eine generelle Pflicht gibt es ja nicht: „Ein Helm auf dem Kopf sieht nicht schön aus, deshalb trage ich ihn nicht.“ Schönheit vor Sicherheit – bis Schlimmeres passiert.

Eine Gesamtbilanz der Kontrollen und Strafen in Gelsenkirchen lag nicht vor.