Handyverträge bescherten 2018 den Verbraucherberatern in Gelsenkirchen besonders viel Arbeit. Auch Schuldnerberatung bleibt ein großes Thema.

Gelsenkirchen. Der Beratungsbedarf bleibt enorm: 11.375 Bürger wandten sich im vergangenen Jahr mit der Bitte um Hilfe an die Berater der Verbraucherzentrale NRW in Gelsenkirchen. Besonders häufig ging es dabei um Ärger mit undurchsichtigen Handyverträgen. Mehr als jeder zehnte Ratsuchende hatte in irgendeiner Form Probleme mit seinem Telefon beziehungsweise dem Vertrag und den Leistungen.

Dabei komme es immer wieder auch dazu, dass Kunden nach Vertragsunterzeichnung doppelt so teure Tarife zu zahlen hätten wie im mündlichen Gespräch zugesichert. Manches Mal, weil Kunden den Vertrag nicht verstehen konnten oder ihn nicht aufmerksam genug lasen, bisweilen aber auch, so der Leiter der Beratungsstelle, Rafael Lech, weil sie ganz bewusst getäuscht wurden. Etwa auf einem Tablet einen Vertrag unterschrieben, der nicht dem schriftlich vorgelegten entsprach. 1600 Rechtsberatungen und -vertretungen übernahm die Zentrale im Vorjahr für Kunden – und setzte berechtigte Ansprüche Ratsuchender meist auch durch.

Zu lange Fristen für Privatinsolvenz

Im Dezember 2018 wurden die neuen Räume an der Robert-Koch-Straße eingeweiht. Oberbürgermeister Frank Baranowski (links) und der neue Leiter Rafael Lech (rechts) schnitten die Torte für die Gäste an. In der Mitte im Hintergrund Beraterin Astrid Simon.
Im Dezember 2018 wurden die neuen Räume an der Robert-Koch-Straße eingeweiht. Oberbürgermeister Frank Baranowski (links) und der neue Leiter Rafael Lech (rechts) schnitten die Torte für die Gäste an. In der Mitte im Hintergrund Beraterin Astrid Simon. © Funke Foto Services GmbH | Olaf Ziegler

Fast jede zweite Anfrage bezog sich auf den Bereich Finanzen. 4254 Kunden suchten Unterstützung bei den Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatern – Tendenz weiterhin steigend. Besonders aufwendig ist dabei die Insolvenzberatung, die 348 mal angefragt wurde. 132 Gelsenkirchener wurden über den kompletten Zeitraum der Privatinsolvenz begleitet. „Wobei wir als Verbraucherberater darauf hin arbeiten, dass der Gesetzgeber die Fristen verkürzt. Sechs Jahre Privatinsolvenz plus drei Jahre Schufa sind ein zu langer Zeitraum. Erst danach können diese Bürger wieder am normalen Wirtschaftskreislauf teilhaben“, klagt Insolvenzberaterin Astrid Simon. EU-weit wurde diese Verkürzung bereits auf den Weg gebracht. Wo irgend möglich arbeiten die Schuldnerberater auf eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern hin. Mancher Schuldner nutze auch zuerst die Möglichkeit des pfändungssicheren Kontos, auf dem ein Selbstbehalt von 1133 Euro monatlich gesichert sei. „Das nimmt den ersten Druck raus“, so Astrid Simon. Auch bei diesen Anträgen helfen die Berater, die mittlerweile an der Robert-Koch-Straße anzutreffen sind. Generell helfe die Vernetzung der Beratungsstelle in der Stadt – auch mit Energieanbietern – in viele Fällen, eine Einigung zu finden.

Finanziert durch das Land NRW und die Kommune

Die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale Gelsenkirchen zählt elf Mitarbeiter, die auf verschiedenste Fachbereiche spezialisiert sind. Finanziert wird die Arbeit, die zu einem großen Teil für Nutzer kostenfrei, in jedem Fall jedoch kostengünstig ist, unter anderem durch das Land NRW und die Kommune.

Der Umzug in die Räume an der Robert-Koch-Straße 4 hat die Kundenzahl weiter erhöht. Aktuell liegt die Zahl deutlich höher als im Vorjahr. Die Stadt hatte die Einrichtung bei der Suche nach Räumen stark unterstützt. Online gibt es Informationen unter unter www.verbraucherzentrale.nrw/gelsenkirchen .

Gefeit vor Betrügereien sind auch informierte Kunden nicht

Die Kundschaft der Beratungsstelle beschreibt Rafael Lech als gemischt. Es gebe informierte, verletzliche und vertrauensvolle Kunden – gefeit vor Betrügereien sei keine der drei Gruppen. Zunehmend Probleme gebe es etwa bei Online-Marktplätzen, die mit Vermittlern arbeiteten und sich keiner Reklamationen annehmen. Oft seien die Händler gar nicht mehr erreichbar. Problematisch bei Käufen im Netz ist zudem die Nutzung anderer Identitäten. Wenn etwa jemand etwas bei Amazon für eine andere Person bestellt ohne dessen Wissen erkennt Amazon den Belieferten nicht als Kunden: entsprechend schwer wird die Reklamation. Sich dagegen allein zu wehren, ist auch für informierte Verbraucher kaum möglich. Auch windige Kreditanbieter sind unverändert ein großes Problem. In einem besonders krassen Fall im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen „blitz.credit“ online eine Mastercard Gold und einen 7777 Euro-Kredit angepriesen. Die Kunden bekamen am Ende nur eine noch aufzuladende Prepaid-Kreditkarte, für die 149 Euro bezahlt werden sollten. Wer das verweigerte, bekam per Inkasso die Mahnung und die Rechnung stieg auf über 500 Euro.

Ärger mit Inkassounternehmen

Ärger gab es 2018 generell mit Inkassounternehmen, die zu hohe Gebühren kassierten. Für automatisch erstellte Briefe würden Gebühren berechnet, die für die Formulierung durch einen Anwalt fällig würden. Etwa für einen nicht bezahlten Betrag von 40 Euro sollten so bis zu 80 Euro Inkassogebühr bezahlt werden. „Auch hier wollen wir eine Änderung der gesetzlichen Regelungen erreichen. Das gehört zu unserer Arbeit: Probleme erkennen und den Gesetzgeber zu entsprechenden Änderungen der Regeln auffordern“. so Lech.