Gelsenkirchen-Scholven. Einen dreistelligen Millionenbetrag investiert BP in seine Gelsenkirchener Raffinerie. Die Essener Steag baut die Prozessdampf-Versorgung um.

Die Veränderungen am Industriestandort Scholven werden in der kommenden Dekade radikal ausfallen: Uniper beendet die Kohleverstromung in den beiden verbliebenen Kraftwerksblöcken und stellt den Standort ab Ende 2019 um – mit dem Kraftwerksneubau einer Gas- und Dampfanlage. Gleichzeitig wird die bisherige, über Jahrzehnte erfolgte Dampfversorgung für den benachbarten Petrochemie-Riesen.

Essener Steag tritt als Generalunternehmer auf

Nebenan, in einem der größten Raffineriestandorte Europas, modernisiert die Ruhr Oel GmbH – BP Gelsenkirchen in den kommenden Jahren im Werk Scholven schrittweise die Dampfversorgung ihrer Prozessanlagen. Unterstützt wird die Raffinerie dabei von der Steag. Der Abschluss des umfangreichen Vertragswerks wurde Mittwoch gefeiert.

Das Essener Unternehmen wird als Generalunternehmer ein passgenaues Energiekonzept für den Standort liefern. Die Investition liegt im dreistelligen Millionenbereich. Ab 2021 wird aus Raffineriegasen (Hochdruck)-Prozessdampf und in geringem Umfang auch Strom für den Eigenbedarf produziert. Mitte des Jahres beginnen die Arbeiten im Werk. Individuell gefertigt werden vier 30 Meter hohe Dampfkessel vom Unternehmen Standardkessel Baumgarte GmbH in Duisburg. Als Brennstoff für die Dampferzeugung wird vor allem das am Standort anfallende Raffineriegas genutzt.

Massive Auswirkungen auf die Emissionen

Die Energieeffizienz wird deutlich optimiert, Feinstäube und Stickoxide beispielsweise drastisch minimiert. Von einem „Ruhrgebietsprojekt“ gemeinsam mit der Steag spricht man im Werk. Und den positiven Folgen: „Das alles hat massive Auswirkungen auf unsere Emissionen. Das sind Hightech-Industrieanlagen, die die Steag hier errichtet“, sagt Unternehmenssprecher Peter Alexewicz. Sein Steag-Pendant, Florian Adamek, ergänzt: „Das Projekt hat für uns einen sehr hohen Stellenwert. Wir hoffen, dass es für uns eine Referenzanlage für Die Raffinerie-Sparte allgemein wird.“

Zwei Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren

Die dreistellige Millionensumme ist nur ein Teil der Gesamtsumme, die in den kommenden zehn Jahren nach Scholven fließen soll: BP/Ruhr Oel will – vornehmlich in den Stillstandszyklen – insgesamt rund zwei Milliarden Euro in das Werk investieren – unterer anderem in den Strombezug, die Prozessleitsysteme, die Digitalisierung, aber auch in ein umfassendes Gebäudeprogramm.

Ungewöhnlich starke Licht- und Fackelaktivitäten beunruhigen immer wieder Anlieger des Industriestandorts. Das Foto entstand im Dezember 2018.
Ungewöhnlich starke Licht- und Fackelaktivitäten beunruhigen immer wieder Anlieger des Industriestandorts. Das Foto entstand im Dezember 2018. © Oliver Mengedoht

„Unser Anliegen ist es, durch sicheres und umweltverträgliches Handeln sowie hohe Rentabilität die Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Dafür ist die Investition in eine moderne Dampfversorgung ein bedeutender Schritt“, sagt Raffinerieleiter Nick Spencer. Auch für die Werksanlieger hat Spencer eine positive Prognose parat: Durch die künftige energetische Verwertung könne der sicherheitsnotwenige Fackelbetrieb verringert werden– zum Beispiel bei An- und Abfahraktivitäten von Produktionsanlagen der Raffinerie.

>>> Zwei Partner aus dem Ruhrgebiet

BP betreibt in Gelsenkirchen mit rund 1900 Mitarbeitern und 170 Auszubildenden die Werke in Horst und Scholven. Die Verarbeitungskapazität beträgt etwa zwölf Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr.

Die Steag plant, entwickelt, realisiert und betreibt hocheffiziente Kraftwerke und vermarktet deren Nebenprodukte. Der Essener Konzern bietet zudem ein breites Spektrum an Energie- und Ingenieurdienstleistungen.

>>> Dampfeinsatz an Raffineriestandorten

Dampf ist ein sehr bedeutender Betriebsstoff in einer Raffinerie. Er wird entweder durch Erhitzen von Wasser in Dampfkesseln direkt vor Ort erzeugt oder über Dampfleitungen importiert, etwa von Kraftwerken. Dieser Dampf wird dann dem Raffinerieprozess zur Verfügung gestellt. In Trennkolonnen wird das Kohlenwasserstoffgemisch mit dem Dampf so weit erhitzt, dass ein bestimmter Bestandteil gasförmig wird und dadurch von den festen Inhaltsstoffen getrennt werden kann.