Gelsenkirchen-Erle. . Sonore Stimme, schwarzes Sakko, Mütze auf und vom Start weg Volldampf. Torsten Sträters wilder Ritt führt in Gelsenkirchen über Abwege ans Ziel.

Am Ende des Abends, nach diesem langen, wüsten Ritt durch wilde Wortwelten und über abwegige Gedankenpfade, dieser Parforce-Tour, die von der ersten Sekunde an im Höchstgalopp aufgenommen wird und danach über weitere drei Stunden nur wenige Atempausen gönnt, stellt Torsten Sträter durchaus selbstzufrieden fest, das seine Performance zu den guten Auftritten zählt: Vor mehr oder minder heimischem Publikum (der Mann kommt aus Waltrop, die Gäste, Kfz-Kennzeichen verraten es, auch aus Bonn, Köln oder Soest), vor Menschen, die seinen lakonischen Humor, seinen Witz, seine Weltsicht schätzen und lieben.

Vom Sekt im Osten und Sterben in Baden-Baden

Auch sein Stehpult beschäftigte den Künstler. Vor allem die Querverstrebungen. Sie erinnerten ihn fatal an einen Eifelturm mit Platte drauf.
Auch sein Stehpult beschäftigte den Künstler. Vor allem die Querverstrebungen. Sie erinnerten ihn fatal an einen Eifelturm mit Platte drauf. © Heinrich Jung

Anders als offenbar in Baden-Baden („Sie können hier mehr ertragen... da sitzen Leute, die sind schon gestorben, haben aber eine Eintrittskarte gekauft“) oder dem Osten der Republik. Wo man Sträter mit Rotkäppchen-Sekt verwöhnen wollte. Seeekt! Wo er doch schon nach einem Mon Chérie fertig ist. „Filmriss. Ich vertrag ja nix“.

Dann lieber Kaffee. Wie man den gut (bei Omma) oder gar nicht zelebriert (Starbucks, Münchener und Berliner In-Lokale oder gerne auch Pad-Maschine mit Cups die „aussehen wie Monatsbinden für Minions“) walzt Sträter für alle höchst genüsslich und bekömmlich über Minuten aus.

Tino Bomelino als Gast nach der Pause

Weit über 2000 Menschen in der ausverkauften Emscher-Lippe-Halle werden es ähnlich gesehen haben. Lacher und Beifall fallen stürmisch aus. Und selbst der Sidekick mit Tino Bomelino als Gast nach der Pause funktioniert. Der Comic-Zeichner und Stand-up-Comedian, demnächst in der Kaue zu erleben, trifft mit vollem Körpereinsatz, Gesangs- und Musikeinlagen – beispielsweise als „Komponist für den Einparkhilfen-Piepser“) den Ton des Abends.

„Es ist nie zu spät, um unpünktlich zu sein“ - mit diesem Titel tourt und spielt Sträter seit einiger Zeit – und erfindet sich Auftrittsabend für Auftrittsabend eigentlich immer wieder neu, ohne sich dabei untreu zu werden. Das Setting: spartanisch. Bühne, schwarzer Vorhang, ein paar Strahler, ein Barhocker („Ich habe einen harten Stuhl“), Lesepult. Sträter wie immer: Sonore Stimme, schwarzes Sakko, Mütze auf, ZZ-Top als Startmusik - raus. Volldampf. Und gleich das Publikum einfangen: „Schöne Halle hier.... wenn das Licht erstmal aus ist.“

Besuch bei Bastian Bielendorfer angekündigt

In der Tat. Diese Multifunktionsarena fordert mit quietschgelben Rängen und breitgezogenen Stuhlreihen, schlechter Optik und Schwimmbad-geschwängerter Luft alle Akteure aufs Höchste. Bastian Bielendorfer, das Lehrerkind und Gelsenkirchener Lokalmatador, wird sich am Freitag dieser Herausforderung stellen. Sträter wird seinen alten Freund und Comedy-Kumpel wohl besuchen kommen. 2008 hatten die beiden ihren ersten Auftritt, damals in Dortmund.

Beide haben es seither über die Kleinkunst-Tingelbühnen der Republik weit gebracht. Sträter längst in die erste Liga der Wortkünstler, mit permanenter TV-Präsenz, länger (WDR, „Männerabend“) mit einem eigenem Show-Format und als gerne gebuchter Gast von Dieter Nuhr bis Ina Müller. Durchaus selbstironisch, mal auch etwas anarchisch-knurrig, ehrlich („Ich leide an der Welt“) und rotzig, aber nie verletzend, weidet er das aus.

„So eine Art Unheilig für Leute mit Booten“

Sein Gewicht, die eigene Flugangst, eher unterentwickelte sportliche Ambitionen („Mein Arzt sagt, sitzen ist das neue Rauchen. Na super, ich rauche im Sitzen“) oder die Erziehung seines 15-jährigen Teenagers bieten reichlich Stoff für die Nabelschau. Und selbst, wenn er als alter Mann ü 50 von lustiger Damenrunde im Autogrammfieber mit einem „Santiano-Musiker („Das ist so eine Art Unheilig für Leute mit Booten“) verwechselt wird, macht er daraus eine prima Lachnummer. Homöopathisch eingestreut: Drei Lesegeschichten, die über weite Umwege ans Ziel führen und voll ins Humorzentrum treffen.

„Das Programm hat einen Roten Faden. das erschließt sich Ihnen aber erst kommende Woche“, stellt Sträter zwischendurch fest. Als gelernter Herrenschneider weiß er wie es geht, daraus was etwas höchst Komisches zu häkeln.

>>> Die Tour-Termine der nächsten Akteure

Bastian Bielendorfer tourt mit seinem Programm „Lustig, aber wahr“. Den (vom erwarteten Publikum her) bislang größten Solo-Aufschlag seiner bisherigen Karriere macht er am Freitag, 22. März, in der Emscher-Lippe-Halle. Beginn 20 Uhr.

Kleiner angehen lässt es Tino Bomelino. Er gilt als „der neue Stern der Szene“ und wirbelt mit einer unterhaltsamen Mischung aus Stand-up-Comedy und Musik mit Gitarre und Loopstation über die Bühne. Zu erleben am Mittwoch, 15. Mai, 20 Uhr, in der Gelsenkirchener Kaue an der Wilhelminenstraße 176. Tickets 19 Euro plus Gebühr im Vorverkauf.