Gelsenkirchen. . Nabil Ghobrial (32) unterrichtet Arabisch an der VHS. Für seine Schüler ist ihm keine Anstrengung zu groß, deshalb schrieb er eine Lernfibel.
Nabil Naghi Amin Ghobrial holt ein Manuskript hervor. In einer Klarsichtfolie hat er, in DIN A4-Format, ein Exemplar seines Buches mitgebracht. „Das Ziel: Arabisch lernen“ heißt es. Der aus Ägypten stammende 32-Jährige schrieb es extra für seinen Arabischkurs an der Volkshochschule (VHS) Gelsenkirchen.
Wenn Nabil Ghobrial spricht, redet er mit Akzent, aber ausgewählt. „Ich habe sofort mit Deutsch angefangen“, erzählt er. Vor fünf Jahren kam er aus politischen Gründen nach Deutschland. In einem Integrationskurs lernte er Deutsch bis zur Stufe A1, dann B1, dann folgte B2. Er blieb immer am Ball.
Auch die italienische Sprache gehört zum Repertoire
„Ich dachte nie, als Arabischlehrer zu arbeiten“, gibt er zu. Dass er an der VHS anfing zu lehren, war mehr dem Zufall geschult. In seiner alten Heimat gab er Italienischkurse, eine der vier Sprachen, die er neben Englisch und Arabisch beherrscht. Bedarf bestand an der VHS nur für einen Arabischlehrer.
Aktuell unterrichtet Ghobrial schon im dritten Semester. Zwei Kurse hat er, einen für Anfänger und für Fortgeschrittene. Dabei nehmen zwei Hauptgruppen an den Kursen teil: „Manche arbeiten als Sozialarbeiter. Manche wollen den Koran richtig lesen.“
Als es um das Lehrmaterial, ein Buch namens „Salam!“, ging, sah er sich mit einem Problem konfrontiert. „’Salam!’ ist für Fortgeschrittene, direkt mit Grammatik“, sagt Ghobrial und holt das gebundene, dunkelrote Buch hervor. Es wäre sehr schwer zu verstehen, deshalb verfasste er ein Buch extra für Einsteiger. „Ich habe sechs Monate, vielleicht ein bisschen mehr, daran geschrieben.“ Die Illustrationen übernahm seine Bekannte Rozan Hamo.
„Wie denkt ein Deutscher?“
Ideen zu finden, sei etwas schwer gewesen. Das Ergebnis strotzt allerdings vor Einfallsreichtum.
„Wie denkt ein Deutscher? Wie denkt ein Ausländer?“, waren die Fragen, die er sich dabei stellte. Zum Schluss kam er zu der Erkenntnis, dass erst die richtige Schreibweise erlernt werden müsse, ehe die Bedeutung eines Wortes hinzugezogen würde.
Eselsbrücken für einfacheres Lernen ausgedacht
Dafür hat er sich „Handgeber und Handnehmer“ ausgedacht. Eine Methode, um die Schreibweise des Arabischen zu erklären. Eine Idee von vielen. „Sie zeigen, wie man die Buchstaben verbindet. Im Deutschen können Buchstaben einzeln stehen, im Arabischen geht das nicht“, erklärt er. Beide Buchstaben reichen sich die Hände. Da, wo sie verbunden werden. Natürlich existieren Ausnahmen.
Begleitend zum Buch wurde eine CD eingesprochen. Nun wartet Nabil Ghobrial auf eine gebundene Ausgabe seines Werkes. „Wir haben ein Exemplar zum Anschauen bestellt. Wenn es gut aussieht, können wir vielleicht mit 25 Stück anfangen“, freut er sich.
Es ist nicht das erste Mal für ihn. Nabil Ghobrial schrieb schon ein Buch, passend mit dem Titel „Das Ziel: Deutsch lernen“. Inklusive arabischer Erklärungen, damit auch das autonome Lernen möglich ist. Exemplare dessen habe er noch haufenweise unter dem Bett liegen, gibt er lachend zu. „Ich habe in der Diakonie unterrichtet, Deutsch für Anfänger.“
Berufswunsch: Lokführer
Für seine Zukunft hält Ghobrial aber eine Überraschung bereit. „Ich habe mich als Lokführer beworben“, verrät er und führt direkt aus, weshalb: „Man versucht immer, andere Wege zu gehen.“
In Ägypten arbeitete er als Reiseführer, in Deutschland angekommen, versuchte er sich als Programmierer und IT-Supporter. Als Probleme mit den Augen auftraten, distanzierte er sich von diesem Berufsfeld. Die Möglichkeit, Sprachkurse nicht nur in Gelsenkirchen anzubieten, könnte er sich vorstellen.
Auf lange Sicht hat er seine Ziele aber klar definiert: Komplett unabhängig sein, sich selbst schnell integrieren. Zuhause in Buer warten schließlich seine Frau und zwei Kinder auf ihn. „Ich tu’ mein Bestes“, sagt er, lächelt zuversichtlich und blättert in den selbstgedruckten Seiten seines zweiten Buches.
Die deutsche und arabische Sprache im Vergleich
Arabisch und Deutsch unterscheiden sich nicht nur darin, dass Arabisch von rechts nach links gelesen wird, erklärt Nabil Ghobrial. Das Arabische hat nur einen Artikel, „al“, und zwei grammatikalische Geschlechter, Femininum und Maskulinum.
Das Alphabet besteht aus 28 arabischen Schriftzeichen. Wie ein Buchstabe geschrieben wird, variiert je nach Position im Wort (Anfang, Mitte, Ende) leicht.
Jeder Buchstabe kann unterschiedlich ausgesprochen werden. Das hängt davon ab, ob und welcher Akzent gesetzt wird. Doppelkonsonanten werden auch durch einen Akzent markiert und nicht ausgeschrieben.