Gelsenkirchen-Hassel. . Büttenreden zu schreiben, ist eine Kunst – die „Die Jecken vom Pütt“ mit einem „Bütten-Slam“ fördern wollen. Aber es ist noch Luft nach oben.
Bühne frei für Angela Buhl: „Eine Gardetänzerin packt aus“, liest sie vor. „Ein ziemlich reißerischer Titel, finden sie nicht?“, wendet sich die Tanztrainerin der Jecken vom Pütt an ihr Publikum. Die selbst ernannte „Whistleblowerin des Karnevals“ eröffnet den ersten „Bütten-Slam“ ihres Vereins. Ein Feldversuch, mit dem die Narren die örtliche Karnevalslandschaft um ein Veranstaltungsformat bereichern wollen. Eine große Herausforderung, wie sich zeigt.
Frau war erste Testhörerin
„Ich muss immer schmunzeln, wenn ich Sitzungspräsidenten sagen höre, seht sie euch an, die hübschen Mädchen. Ja, wir sind hübsch – aber wir brauchen, wie jede Frau, drei Stunden dafür.“ Die Gäste lachen. Das klappt schon mal. Angela Buhl wird lockerer, erzählt, dass Gardemädchen in Sachen Make-Up mit Drag-Queens mithalten können. „Es ist alles fake.“ Für solch offene Bekenntnisse erntet die Slammerin Applaus. Die Akteurin darf zufrieden sein. Aber sie war auch gut vorbereitet. „Ich habe schon an ein paar Poetry-Slams teilgenommen“, erzählt sie und verrät, erste Testhörerin sei immer die eigene Frau. „Und dann gibt es noch zwei, drei andere. Das mache ich dann über das Telefon.“
Der zweite Slammer übernimmt. Das ist kein geringerer als der Vorsitzende der „Jecken vom Pütt“, Dominic Schneider. Erst vor ein paar Tagen hat er sich zur Teilnahme entschieden. Denn, das gehört auch zur Wahrheit, viele Redner hatten sich angekündigt und spontan wieder abgesagt. Sogar Stadtprinz Dennis Bittermann, rhetorisch erfahren durch seine Funktion als Sitzungspräsident der Resser Karnevalisten, zog seine Zusage wieder zurück. Prinzessin Laura Poell ist aber sicher, ihr Prinz kann das – und meldet ihn kurzerhand schon jetzt an für die nächste Ausgabe Anfang 2020.
„Es hat auf jeden Fall besser geklappt als zu Hause“
Dominic Schneider tritt an mit einer Adaption des Steigerliedes. „Das lag mir am Herzen, wegen des Endes des Steinkohlenbergbaus. Diese Tradition spielt ja in unserem Verein eine besondere Rolle.“ Eine ungewohnte Aufgabe, gibt der junge Jeck gern zu. „Auf jeden Fall. Es geht ja auch um Betonung, Gesten, Mimik. Ich habe ein bisschen vor dem Spiegel geübt.“ Die Gattin, erzählt er, sei die erste Kritikerin gewesen. „Die hat Deutsch studiert. Und die fand es okay.“
Dann geht es los. Erst einmal mit den bekannten Zeilen. Dann wird es freier. „Sein Licht, das hat er schon angezündt. Sonst wär’ ja auch blöd, weil man nix sieht.“ Die Gäste lachen. Am Ende sieht man dem Redner die Erleichterung an. „Es hat auf jeden Fall besser geklappt als zu Hause.“
Präsident als Retter
Dann die Überraschung: Denn eigentlich wäre das Pulver der Jecken schon verschossen gewesen. Wäre da nicht Hans-Georg Schweinsberg, Sitzungspräsident des Festkomitees Gelsenkirchener Karneval. Der kam als Gast, sah das Dilemma und meldete sich an. Jetzt legt er los mit einer klassischen Büttenrede, bittersüß, pointiert, politisch zuweilen und meist sogar in Reimform. „Ein kleiner Mann erinnert dran, dass jeder Mensch nur Mensch sein kann.“ Zwischenapplaus. „Werft nun ab all eure Sorgen, denn heut ist heut und morgen morgen.“ Großartig!
„Ich war richtig aufgeregt“, sagt der Bejubelte. Im Zwiegespräch erzählt er dann, er habe hier und da Erfahrungen gesammelt in der Bütt. „Als ich eben hier saß, habe ich dann kurz etwas aufgeschrieben – auf Papptellern.“ Ob er nächstes Jahr wieder dabei ist? „Ja. Aber dann besser vorbereitet.“
>>>Info: Eigentlich sollte es mehr Gewinner geben
Zum ersten Mal fand der „Bütten-Slam“ der „Jecken vom Pütt“ statt. Eigentlich hatte man auf sechs Redner gehofft und die Gewinner der ersten Plätze mit Pokalen bedenken wollen.
Weil es aber nur drei Teilnehmer gab, war schon früh klar, es werde nur Gewinner geben. Dennoch entschied das Publikum und kürte Angela Buhl zur Siegerin. Zweitplatzierter wurde Hans-Georg Schweinsberg. Auf dem dritten Platz landete Dominic Schneider.