Gelsenkirchen. . Aktion vor der Raffiniere in Gelsenkirchen-Scholven. Kritik an der Verbrennung von Ölpellets wird lauter. Die Partei prüft juristische Schritte.
Dass sich die Grünen am Samstag vor dem Südtor der BP-Raffinerie in Gelsenkirchen-Scholven treffen wollten, war klar, bevor das Unternehmen verkündete, die umstrittene Verbrennung der Ölpellets im benachbarten Uniper-Kohlekraftwerk fortzusetzen. Eigentlich wollte die Partei mit ihrem Infostand Druck ausüben. Etliche Wochen, nachdem der Rat der Stadt Gelsenkirchen einen Appell an beide Konzerne verabschiedete, die Pellet-Verbrennung auszusetzen, gab es noch keine Rückmeldung.
Fraktionschef Peter Tertocha ist verärgert
Erst Freitag, acht Wochen und einen Tag nach der Ratssitzung vom 11. Oktober, war es dann soweit: Es wird kein Moratorium geben.
„BP und Uniper heucheln Verständnis, versprechen mehr Transparenz, spielen aber nur auf Zeit – ohne Rücksicht auf den einstimmigen Ratsbeschluss und auf die Umwelt und die Gesundheit in Gelsenkirchen und Umgebung“, sagt ein verärgerter Grünen-Fraktionschef. Peter Tertocha kritisiert, die Unternehmen hätten „noch nicht einmal die zugesagte Überprüfung der Verbrennungsgenehmigung durch die Landes- und Bezirksregierung abgewartet“.
Im September berichtete „Monitor“ über den Fall
Die Kritik an BP und Uniper wurde laut nach einem Bericht des ARD-Magazins „Monitor“ im September. Die dort erhobenen Vorwürfe, BP hätte die Ölpellets ohne Widerstand der Bezirksregierung Münster zur einfacheren Verbrennung von krebserregendem Abfall zu einem ganz normalen Produkt umdeklariert, werden auch am Samstag vor dem Werkstor laut.
„BP nennt es ein Produkt, wir nennen es Müllverbrennung“, so der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Patrick Jedamzik. Eine Meinung, die auch der Kölner Rechtsanwalt Johannes Dilling teilt, der die Grünen juristisch berät. Seiner Meinung nach sei das alles passiert, um Geld zu sparen. Eine fachgerechte Entsorgung der Pellets als Sondermüll würde das Unternehmen etwa 18 bis 20 Millionen Euro pro Jahr kosten.
BP und Uniper verweisen auf eine Genehmigung aus 2016. Hier wolle man, so der Grünen-Stadtverordnete Burkhard Wüllscheidt, „die Möglichkeit einer Anfechtungsklage“ prüfen lassen. Ein Vorhaben, das Dilling unterstützt: „Die Genehmigung ist rechtswidrig!“ Klagen könnte aber nicht die Grünen-Fraktion, sondern ein Umweltverband wie etwa der BUND. Wüllscheidt: „Wenn die Genehmigung gekippt wird, dann wird damit die Grundlage für die Verbrennung entzogen.“
Fraktionsübergreifende Unterstützung
Auch für ihn ist klar, dass BP auf Zeit spielt – „so lange es das Kohlekraftwerk noch gibt“. Uniper hatte vor ein paar Monaten angekündigt, es in den nächsten Jahren zu einem Gaskraftwerk umzubauen. „18 bis 20 Millionen Euro pro Jahr Mehrkosten an sachgerechter Entsorgung, sind BP und ihren Anteilseignern zu viel“, sagt Peter Tertocha. „Die Grünen setzen weiter auf politischen und öffentlichen Druck und auf die Gerichte.“
Fraktionsübergreifende Unterstützung bekamen die Grünen am Samstag von Martin Gatzemeier (Linke). Ihm war klar, dass BP und Uniper kein Moratorium wollen: „Das ist unser kapitalistisches System. Was will man da anderes erwarten?“
Das sagt die SPD Gelsenkirchen zum Fall
„Die SPD-Fraktion ist über den Inhalt der Antwort von BP und Uniper (...) erbost, auch wenn diese Antwort (...) zu erwarten war“, schreibt der Fraktionsvorsitzende der SPD im Rat der Stadt Gelsenkirchen, Klaus Haertel, in einem Statement.
„Erbost deshalb, weil die Schreiben den Eindruck erwecken, dass nicht wirklich eine andere Entscheidung geprüft wurde und weil nach unserer Kenntnis kein Ergebnis der Prüfung auf Rechtmäßigkeit der von der Bezirksregierung erteilten Genehmigungen durch die Landesregierung vorliegt. BP und Uniper haben (...) lediglich auf die alten Genehmigungen verwiesen. Die Verkürzung der Messintervalle wird begrüßt, eine Evaluation nach einem Jahr muss aber auch ausdrücklich die Prüfung einer weiteren Verkürzung der Messintervalle beinhalten.“
Das sagt die CDU Gelsenkirchen zum Fall
„Ich bin von den Entscheidungen von BP und Uniper enttäuscht und habe eigentlich erwartet, dass die Aufforderung des Rates der Stadt, die Verbrennung der Pellets auszusetzen, zu anderen Ergebnissen geführt hätte“, kommentiert der Fraktionsvorsitzende der CDU im Rat der Stadt Gelsenkirchen, Wolfgang Heinberg, den Fall.
„Vorhandene Sorgen in der Bevölkerung vor allem mit Hinweisen auf formelle Genehmigungslagen zu begegnen ist eher Ausdruck einer ,alten’ Unternehmenspolitik. Es braucht jetzt Transparenz und engmaschige Kontrollen, um wieder zu einem vertrauensvollen Miteinander zu kommen. Wir brauchen BP und Uniper in Gelsenkirchen. Aber die beiden Unternehmen brauchen auch die Stadt für eine konstruktive Zukunft.“