Gelsenkirchen. Der Stadtrat von Gelsenkirchen hat appelliert, aber BP und Uniper bleiben dabei: Die umstrittenen Ruß-Ölpellets werden auch künftig eingesetzt.

Trotz eines Appells des Stadtrats von Gelsenkirchen bleiben die Konzerne BP und Uniper dabei: Die umstrittenen Ruß-Ölpellets aus der BP-Raffinerie in Gelsenkirchen-Scholven sollen auch weiterhin im benachbarten Kohlekraftwerk verbrannt werden. Uniper-Vorstandsmitglied Eckhardt Rümmler verweist unter anderem auf „einwandfrei erteilte“ Genehmigungen.

Durch die „sichere Einhaltung der Grenzwerte“ und „strenge Anforderungen“ der Behörden gebe es „kein erhöhtes Gesundheits- oder Umweltverträglichkeitsrisiko für die Bevölkerung oder die Umwelt in der Umgebung des Kraftwerks Scholven“, sagt Rümmler. Zugleich kündigt er an, die Frequenz für Emissionsmessungen zu erhöhen. Statt jährlich werde im Kraftwerk künftig alle zwei Monate gemessen, wie hoch beispielsweise der Ausstoß der krebserregenden Schwermetalle Nickel und Vanadium ist.

Auch der britische Mineralölkonzern BP – Mutterkonzern von Deutschlands größter Tankstellenkette Aral – verteidigt die Entscheidung. Im Interview mit unserer Redaktion deutet BP-Manager Rick Johnson allerdings auch Veränderungen in der Raffinerie in Gelsenkirchen an.

Herr Johnson, der Rat der Stadt Gelsenkirchen hat an BP appelliert, die Herstellung der umstrittenen Ruß-Ölpellets in der Raffinerie in Gelsenkirchen-Scholven zu unterbrechen. Warum produzieren Sie trotzdem weiter?

Johnson: In den vergangenen Wochen haben wir intensiv geprüft, die Produktion der Rußpellets auszusetzen. Dabei ging es unter anderem um die Frage, ob ein solcher Schritt überhaupt kurzfristig technisch möglich ist und welche Konsequenzen dies hätte. Auch die Folgen für die Umwelt sowie mögliche Auswirkungen für die Beschäftigten und unsere Kunden standen im Fokus. Wir sind letztlich zu dem Entschluss gekommen, dass wir der Bitte des Stadtrats nicht folgen können.

Sie zeigen den demokratisch gewählten Parlamentariern die kalte Schulter?

Johnson: Natürlich haben wir uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Wir können die entstandene Verunsicherung nachvollziehen und haben Verständnis für die Sorgen der Bürger vor Ort. Aber klar ist auch: Wir haben eine Genehmigung für die Produktion, die auch regelmäßig überwacht wird. Die Schwerölvergasung, in der die Rußpellets entstehen, ist ein zentraler Bestandteil der Raffiniere. Für die Produktion von Wasserstoff und Methanol ist die Schwerölvergasung existenziell - alles Stoffe, die unter anderem für die Herstellung von Benzin, Diesel und petrochemischen Grundstoffen benötigt werden.

Umstritten ist insbesondere, dass die Ruß-Öl-Pellets von BP im benachbarten Kohlekraftwerk von Uniper verbrannt werden. Die Sorge besteht, dass die Luft in der Region belastet wird – und damit auch die Gesundheit der Menschen im Ruhrgebiet. Was halten Sie davon, die Pellets in der Sondermüllverbrennung zu entsorgen?

Johnson: Die Verbrennung der Rußpellets im Kraftwerk erfolgt unter genauso strengen Auflagen. Die Sondermüllverbrennung wäre daher die deutlich schlechtere Lösung, denn die Rußpellets sind ein werthaltiges Produkt und kein Abfall.

Sind Befürchtungen, dass die Verbrennung von Ruß-Ölpellets die Zahl der Krebserkrankungen in der Region erhöht, aus Ihrer Sicht berechtigt?

Johnson: Nein, bei diesem Thema wurden in unverantwortlicher Art und Weise Ängste geschürt. Alle gesetzlichen Grenzwerte werden nicht nur eingehalten, sondern teilweise deutlich unterschritten. Wir hoffen auf eine Versachlichung der Diskussion.

Sie müssen ohnehin Veränderungen in der Raffinerie vornehmen, da Uniper in absehbarer Zeit den Kraftwerksstandort von Kohle auf Gas umstellt. Spielen Sie daher auf Zeit?

Johnson: Es ist klar, dass wir Anpassungen innerhalb der Raffinerie vornehmen werden. Mittelfristig ist damit auch ein Ende der heutigen Rußpellet-Produktion verbunden. Unser Ziel ist, die Produkte, die bei der Schwerölvergasung entstehen, direkt in der Raffinerie weiterzuverarbeiten. BP hat generell noch viel vor mit Gelsenkirchen. In den nächsten zehn Jahren sind Investitionen in Höhe von etwa 1,6 Milliarden Euro geplant. Für BP ist Gelsenkirchen die zentrale Raffinerie in Deutschland. Wir sind uns bewusst, dass wir eine große Verantwortung für Gelsenkirchen, die Region und unsere rund 1700 Mitarbeiter am Standort haben.