Ein Kommentar zur Strafanzeige gegen die Kinder- und Jugendklinik Buer von Sibylle Raudies.
Gegen die Kinder- und Jugendklinik am Bergmannsheil wird ermittelt wegen „des Verdachts auf Misshandlung Schutzbefohlener“. Ein Arzt hat Strafanzeige erstattet – aufgrund eines Kinofilms. Der Kinderschutzbund und die Bewegung „Attachment Parenting“ haben ebenfalls gegen die im Film gezeigten Maßnahmen protestiert. Kindern werde gewaltsam ein bestimmtes Verhalten aufgezwungen, sie würden zum Essen gezwungen. In der Tat werden die schwerkranken Kinder im Film „Elternschule“ mit großem Nachdruck zum Essen angehalten. Nachdem im Team lange diskutiert wurde, ob die lebenserhaltende künstliche Ernährung nicht doch noch vermieden werden kann. Auch das ist im Film zu sehen.
Es geht darum, ihnen langfristig schlafen zu helfen
Zugegeben: Es ist schmerzhaft, der Dokumentation zu folgen. Zu sehen, wie die Kleinen im Gitterbettchen in den Schlafraum geschoben werden und wie die Eltern leiden, wenn sie sich verabschieden müssen, obwohl das Kind weint. Aber die Kinder sind überwacht, sie werden bei Bedarf getröstet von den Therapeuten. Es geht darum, ihnen langfristig schlafen zu helfen. Ihnen und den verzweifelten Eltern, die schon alles andere erfolglos versucht haben.
Die Redaktion hat Briefe von entsetzten Eltern bekommen, deren Kind in Buer geholfen wurde. Wer die Klinik einmal besucht hat weiß, wie liebevoll die Atmosphäre ist. Der Film zeigt selbstverständlich nicht alle Aspekte der dreiwöchigen Intensiv-Therapie. Wie soll das auch gehen in 117 Kinominuten? Was man der Klinik vorwerfen kann, ist vielleicht eine Fehleinschätzung. Nämlich dass man wohl glaubte, eine Film-Dokumentation für ein öffentliches Kinopublikum könne die Komplexität der Behandlung und der Erkrankungen der Kinder angemessen abbilden. Das ist aber kein Fall für den Staatsanwalt.
Anmerkung der Redaktion:
Die Essener Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen die Einrichtung mittlerweile eingestellt. „In dem Film ist nichts zu sehen, was als Straftat zu werten wäre», sagte eine Sprecherin der Essener Ermittlungsbehörde am Freitag in der Begründung für die Ermittlungen zu den Strafanzeigen gegen den Film „Elternschule“. Auch eine unangemeldete Kontrolle der Klinik durch die Bezirksregierung Münster habe keinen Anlass für Ermittlungen ergeben.
Die Staatsanwaltschaft Essen hatte wegen möglicher Freiheitsentziehung und Gewalt gegen die Kinder ermittelt. Es hatte mehrere Strafanzeigen wegen im Film gezeigter Szenen gegeben. Heftige Kritik an den gezeigten Therapiemethoden hatte es unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) und dem Deutschen Kinderschutzbund gegeben.
Anzeigen von Eltern habe es nicht gegeben, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Deshalb habe sich das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft allein auf den Film bezogen.