Gelsenkirchen. . Der Koordinator für Integrationspolitik in NRW, Aladin El-Mafaalani, sprach in der Gelsenkirchener Flora über sein Buch „Das Integrationsparadox“.

Eigentlich wollte Aladin El-Mafaalani aus seinem Buch vorlesen. Über 100 Zuhörer in der Flora wollten mehr über dessen Erkenntnisse über das Zusammenleben einer bunten Bevölkerung erfahren.

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„Das Integrationsparadox - Warum gelungene Integration zu mehr Konflikten führt“ lautet der Buchtitel, der als vermeintlicher Widerspruch gelten könnte. „Gesellschaftliches Zusammenwachsen erzeugt Kontroversen“, sagt der Autor.

Der Soziologe, der als Abteilungsleiter im NRW-Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration an der politischen Schaltstelle sitzt, klappte sein Buch erst gar nicht auf. „Ich erzähle lieber, überlasse ihnen das Lesen“, verriet er den Zuhörern schmunzelnd.

Kompliment für die Integrationsleistung

Für Professor Dr. Aladin El-Mafaalani war der Besuch in Gelsenkirchen fast ein Heimspiel, denn er wurde in Datteln geboren.
Für Professor Dr. Aladin El-Mafaalani war der Besuch in Gelsenkirchen fast ein Heimspiel, denn er wurde in Datteln geboren. © Michael Korte

Die schienen die offenen Worte, Thesen und Erläuterungen des Wissenschaftlers, der auch an der Uni Münster als Professor lehrte, sehr zu schätzen. Man spürte das Bedürfnis des Autors, den Zuhörern mehr als die Eindrücke, die man aus seinem Buch gewinnen könnte, zu vermitteln. Zunächst zollte El-Mafaalani der Stadt ein Kompliment für ihre Integrationsleistungen.

Dafür, dass so viele Kinder in Armut lebten, seien die Bildungschancen groß. Sein Fazit: „Wo der Handlungsdruck groß ist, scheinen Leute kreativ zu werden.“ Im Verhältnis zu den schlechten Rahmenbedingungen, die in erster Linie durch einen schwachen Arbeitsmarkt vorherrschen, könne die Stadt dennoch Integration.

Die Spaltung geht quer durch die Gesellschaft

El-Mafaalani, der syrische Eltern hat und in Datteln geboren wurde, beschäftigt die Migrationsforschung schon seit zehn Jahren. Der 40-Jährige ist überzeugt, dass die Spaltung in der Gesellschaft abnimmt und deshalb auch gestritten werde. Eine Spaltung gehe dennoch quer durch die Gesellschaft.

Aladin El-Mafaalani studierte in Bochum

Aladin El-Mafaalani studierte in Bochum Politikwissenschaft, Soziologie, Wirtschaftswissenschaft und Arbeitswissenschaft. Zunächst war er Lehrer am Berufskolleg Ahlen, später Professor für Politikwissenschaft und politische Soziologie an der Fachhochschule Münster. Seit 2018 arbeitet er im NRW-Familienministerium.

Sein Buch „Das Integrationsparadox“ hat die ISBN: 978-3-462-05164-3, 240 Seiten und kostet 15 Euro.

Besonders deutlich werde sie auch bei den Muslimen. Die, die integriert seien, seien der Überzeugung, der Islam gehöre zu Deutschland. So könne eine Streitkultur mit den Bio-Deutschen entstehen. Die schlecht Integrierten stritten nicht, für sie stehe fest, der Islam gehöre einfach nicht zu Deutschland. „Wenn man nichts gemeinsam hat, kann man nicht streiten.“

Und warum führt eine gelungene Integration zu mehr Konflikten? Für El-Mafaalani steht fest, dass integrierte Migranten die gleichen Rechte beanspruchen, die gleichen Stücke vom Kuchen erhalten, mitreden und entscheiden wollen. Der Größere ziehe nicht den Kleinen an. Das Verhältnis sieht der 40-Jährige als wechselseitig: Eine offene Gesellschaft zeichne aus, dass sich jeder an den Tisch setzen könne.

Wissenschaftler räumt mit Vorurteilen auf

Das Publikum im Kulturraum „die Flora“ verfolgte die Ausführungen sehr aufmerksam. Alle Plätze waren schon im Vorfeld schnell vergeben.
Das Publikum im Kulturraum „die Flora“ verfolgte die Ausführungen sehr aufmerksam. Alle Plätze waren schon im Vorfeld schnell vergeben. © Michael Korte

Der Wissenschaftler räumt auch mit Vorurteilen auf, Migranten beeinflussten gewohnte Traditionen der Ur-Bevölkerung. Migranten träten indes nicht als Verhinderer auf, sondern sie erwiesen sich als die besten Verbündeten für die Bewahrung von Traditionen.

Kulturell bedrängt im Land fühlten sich allerdings Konservative. Sie meinten, die Deutungshoheit darüber, was deutsch sei, zu verlieren. In einer konstruktiven Streitkultur sieht Aladin El-Mafaalani die einzige Möglichkeit, mit Konflikten umzugehen: „Die offene Gesellschaft ist eine Arena, spielen muss man darin selbst.“