Gelsenkirchen-Altstadt. . Experten erläutern auf dem WAZ-Medizinforum die „Drei Säulen“ der modernen Tumortherapie. Individuelle, schonende Verfahren im Vormarsch.
Die drei Fachleute sitzen nicht umsonst gemeinsam auf dem Podium beim letzten WAZ-Medizinforum im Augustinussaal. Sie sitzen ohnehin regelmäßig zusammen, um ihr gemeinsames Vorgehen mit ihrem speziellen Rüstzeug gegen den gemeinsamen Gegner abzustimmen. „Zielscheibe Krebs“ ist das Thema, und für das Marienhospital erläutern der Onkologe Dr. Gerald Meckenstock, Strahlentherapeutin Dr. Sara Grehl und der Chirurg Prof. Dr. Andreas Raffel Grundlagen, Möglichkeiten und Fortschritte der Behandlung.
Krebs, ständige Gefahr, dunkle Warnung vor schädlichen oder unbekannten Stoffen, Schicksal und vor allem schicksalhaft? Für die Therapieformen medikamentös, per Bestrahlung und chirurgisch hat sich viel geändert, gerade in den letzten 20 Jahren, schickte Privatdozent Meckenstock vorweg.
Er nannte auch Fallzahlen. 230 500 Erkrankungen bei Männern, vorrangig betroffen Prostata, Darm, Lunge, 206 000 Fälle bei den Frauen, am häufigsten Brust, Darm, Lungen, jeweils in Deutschland pro Jahr.
Beim häufig auftretenden Lungenkrebs hatte er allerdings auch eine erstaunliche Ausnahme zu bieten: Zwar sind 80 Prozent der Patienten Raucher, aber nur 10 bis 15 Prozent der Raucher Patienten.
Tentakel wie Fühler, um Blut zu saugen
Das schematische Bild einer entarteten, fehlgesteuerten Zelle, die zum Tumor wird, war das anschauliche Beispiel: Tentakel wie Fühler oder Beine, einem Krebs eben nicht unähnlich, streckt der Tumor aus, um „Blut zu saugen“. Und ist dabei schneller als gesunde Zellen. Bei klassischen Chemotherapien werden oft auch gesunde Zellen von Haut, Haaren und Schleimhäuten in Mitleidenschaft gezogen. Doch auch diese sind deutlich schonender geworden. Für manche Krebsform gibt es auch Medikamente, die gezielt nur den Krebs angreifen, die wie ein Schlüssel ins Schloss passen. Bei anderen kann das eigene Immunsystem dazu gebracht werden, den Krebs zu besiegen. Aber das funktioniert bislang nur in wenigen Fällen.
Auch die Strahlendosis wird so eng eingegrenzt und zugleich so stark wie möglich eingesetzt, mit verschiedensten Techniken, ergänzte Sara Grehl vom Therapiezentrum Emscher-Lippe. Nur befallenes Gewebe soll getroffen werden. Auch sie hob die erheblichen Fortschritte der Tumorbehandlung in der noch jungen, erst 1951 entwickelten Strahlentherapie hervor.
Kontrast in Schwarz-Weiß
Allein durch genauere Untersuchungsmöglichkeiten und -darstellungen sei die Therapie immer spezieller auf die Form des Krebses und damit auf den Patienten angepasst worden.
Mit historischen Fotos demonstrierte Prof. Andreas Raffel drastisch die Fortschritt in der Chirurgie der letzten Jahrzehnte: „Straßenschuhe, kein Mundschutz, keine Handschuhe“. „Große Chirurgen, große Schnitte“ — das sei Vergangenheit. Heute versuche man, mit minimal-invasiven Eingriffen so schonend und zugleich so effektiv wie möglich zu operieren, unter Einsatz modernster Technik und Einbeziehung auch anderer Fachdisziplinen. Ohnehin: Über jeden Patienten wird in einer Tumorkonferenz mit allen beteiligten Disziplinen gesprochen, um die optimale Therapie und die Reihenfolge der Therapieformen abzustimmen.
Einig war das Team – was Rückmeldungen aus dem Publikum bestätigten – über die Bedeutung guter, psycho-onkologischer Betreuung während und nach der Behandlung. Das gehöre im Haus mit Fachpersonal fest zum Programm.
>> Bei Unsicherheit einfach nachfragen
„Wie finde ich einen guten, geeigneten Chirurgen?“ lautete eine der Fragen in der Aussprache nach den Fachvorträgen. Und Chefchirurg Raffel empfahl ganz schlicht, zu fragen, wie oft diese Operation im Haus durchgeführt werde. Spezialisierung sei bei moderner Chirurgie sehr wichtig. Strahlentherapeutin Grehl betonte die gute Versorgung mit Spezialisten in der Region, auch dank Universitäten.