Gelsenkirchen. . Kompakt, kräftig, wendig und extrem belastbar müssen Fahrzeuge sein, die GHH Fahrzeuge für den Mineneinsatz baut – rund 80 werden es 2018 sein.

Mehr als ein paar äußerst robuste Karosserie-Bauteile sind vom nächsten „LF-6“ noch nicht zu sehen. Der Dieselfahrlader, sechs Tonnen Nutzlast, 136 Kilowatt Leistung, riesiges Drehmoment, bis zu 3,5 Kubikmeter Schaufelvolumen, steht ganz am Anfang der Produktion in der GHH-Halle an der Emscherstraße, die Mittwoch für Besuch geöffnet ist: Eine WAZ-Gruppe bekommt tiefe Einblicke in die Welt der knickgelenkten Fahrlader, der Muldenkipper oder sogenannten Berauber, die mit einem bis zu elf Meter langen Ausleger Gestein von Stollendecken schälen.

Sie alle sind die Spezialität von GHH Fahrzeuge, die hier – sozusagen aus einer Hand – für den harten Einsatz in Berg- und Tunnelbau konstruiert, gefertigt, produziert, getestet und international verkauft werden. Die Kundschaft reicht von Australien bis Chile. Abwechslung ist hier Alltagsgeschäft. „Wir sind ein super spannendes Unternehmen“, findet Lars Göhler, bei GHH zuständig für den Servicebereich.

140 Checkpunkte auf dem Testplan

Emil Seidel, Produktionsleiter der Firma GHH Fahrzeuge (vorne), führte die WAZ-Gruppe durch die Werkhalle.
Emil Seidel, Produktionsleiter der Firma GHH Fahrzeuge (vorne), führte die WAZ-Gruppe durch die Werkhalle. © Olaf Ziegler

Nach gut zweieinhalb Stunden im Gefolge von Produktionsleiter Emil Seidel und Marketing-Leiter Wadim Lakir teilen die Besucher die Einschätzung. Dass sie zwischendurch mal zum Praxistest in ein Schwergewicht steigen dürfen und auch per Joystick mächtige Schaufeln wuppen können, fördert dabei durchaus die Begeisterung.

Ein Check-Plan an einer Stellwand zeigt, wie der nächste „LF-6“-er auf Kundenwunsch ausgestattet sein wird: Mit wassergekühltem Deutz-Diesel als Antriebsaggregat, mit geschlossener Kabine, LED-Beleuchtung, Zentralschmieranlage, 3-Punkt-Gurt und Elektro-Joystick. Klimaanlage und im RAL-Farbton 7074 lackiert. Ein fünfköpfiges Mechanikerteam und Elektriker, erklärt Seidel, werden den kompakten Kraftmeier in den nächsten fünf Wochen fertig montieren. Dann geht es hinaus aufs Testgelände in Erle zum 140-Punkte-Check für Motor und Getriebe, Hydraulik und Radlager, eben auf Herz und Nieren.

Testfahrer auf dem Gelände an der Emscherstraße

Florian Moß ist einer der GHH-„Testfahrer“. Mittwoch brettert er für die Gruppe mit einem anderen Kaliber über die Schotterpiste: Der Fahrlader „LF-14“ ist ein Prototyp. 38 Tonnen schwer, 14 Tonnen Material kann er in einem Rutsch mit seiner mächtigen Schaufel aufnehmen.

Ab 1500 Euro aufwärts (ohne Felge) kostet ein reifen im XXXL-Format.
Ab 1500 Euro aufwärts (ohne Felge) kostet ein reifen im XXXL-Format. © Olaf Ziegler

Wenn sie vom Werkshof rollen, sind Kipper und Radlader fertig, aber nicht einsatzbereit. Für den Kunden werden sie in halbwegs handliche Einzelteile zerlegt, über eine enge Schachtanlage in eine Mine befördert, um dort wieder – diesmal endgültig – zusammengeschweißt zu werden und ihre Arbeit aufzunehmen. Im Bergbau-Einsatz werden sie bleiben – mindestens 20 000 Betriebsstunden lang bis zur ersten Generalüberholung, um Erz zu fördern. Oder Gold, Kupfer, Kali oder Salze und seltene Erden. Robustheit und Qualität sind neben „Wartung und Reparatur das A und O“, meint Göhler. „Jede Auszeit kostet Geld.“

Kompakt, kräftig, wendig, sicher und maximal belastbar müssen die Grubenfahrzeuge sein. „Und die Bediener begeistern“, sagt Geschäftsführer Eric Pohlmann. Sie arbeiten mit und in den Maschinen und sind „wichtig für die Kaufentscheidung“. Höchst individuell konstruiert baut GHH auf Kundenwunsch. „Sondermaschinenbau ist unsere Stärke. Das unterscheidet uns im Wettbewerb.“

GHH sucht dringend Mitarbeiter – und findet keine

Das Schaufeldesign ist eine Wissenschaft für sich. Es ist dafür entscheidend, wie viel Material auf einmal aufgenommen werden kann.
Das Schaufeldesign ist eine Wissenschaft für sich. Es ist dafür entscheidend, wie viel Material auf einmal aufgenommen werden kann. © Olaf Ziegler

Der „LF-6“ zählt dagegen, wie seine kleineren und größeren Brüder „zum Brot- und Butter-Geschäft“ bei GHH Fahrzeuge. Zehn bis 15 Stück werden pro Jahr gefertigt. Auf dem Hof steht eine Reihe der Dieselfahrlader – gebaut für ein türkisches Bergwerk. 220 Mitarbeiter hat GHH in Erle, davon 30 in der Entwicklung, 29 für den internationalen Service, aktuell sieben Auszubildende und mehrere Praktikanten. Ein Aushang am Werk zeigt – GHH sucht dringend Mitarbeiter. Und findet keine. Fachkräfte sind gefragt.

Über 60 Fahrzeuge wurden 2017 gefertigt. Mit 40 Millionen Euro beziffert Pohlmann den Umsatz. 2018 sollen über 80 „Autos“, wie sie hier mit leichtem Hang zum Understatement sagen, gebaut werden. Auch wenn der Bergbau sich aus Deutschland verabschiedet. International läuft’s. Mit Instituten und Universitäten weltweit treibt GHH auch die Entwicklung voran, hin zum autonomen Fahren und Beladen. Pohlmann: „Die Technologie haben wir entwickelt. Sie läuft im Testbetrieb.“

"WAZ öffnet Pforten" bei GHH Fahrzeugtechnik

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