Gelsenkirchen-Ückendorf. . Ein komplizierter Eingriff an der Bauchschlagader im Marienhospital Ückendorf: Die WAZ-Redaktion Gelsenkirchen durfte dabei sein.

Es ist 10.10 Uhr, im Operationssaal im Marienhospital Ückendorf liegt alles bereit für einen besonders komplizierten Eingriff: eine Hybrid-Operation. Soll sagen, dass sowohl minimalinvasiv mit einem Katheter gearbeitet wird als auch offen operiert. Der Patient hat eine Krebserkrankung mit mehreren Begleiterkrankungen. Unter anderem gefährdet ihn in seinem Bauch akut ein Aneurysma, eine starke Gefäßaussackung an der Hauptschlagader. Heute soll diese Gefahr beseitigt werden.

„Hybrid“ meint zwei Verfahren

Anastasios Psyllas beim „Ankleiden“ vor dem Eingriff. Die gelbe Röntgenschürze, die das Team unter den OP-Kitteln tragen muss, ist nicht wirklich leicht.
Anastasios Psyllas beim „Ankleiden“ vor dem Eingriff. Die gelbe Röntgenschürze, die das Team unter den OP-Kitteln tragen muss, ist nicht wirklich leicht. © Joachim Kleine-Büning

Statt dem ohnehin geschwächten Patienten eine Operation über mehrere Stunden und mit langem Krankenhausaufenthalt in der Folge zuzumuten, will der Leitende Chirurg der Gefäßchirurgie, Anastasios Psyllas, über die Leiste Katheter mit Stents, also Stützen, einsetzen. Weil die Gefäße bei dem Patienten aber nicht für den bei dem Verfahren üblichen Y-Stent geeignet ist, der den rechten und linken Abzweig aus der Leiste stärkt, braucht der Patient zudem eine Gefäßprothese. Eine Abflussseite wird dafür verschlossen, damit kein Blut hoch in die Nierenarterien geraten kann. Diese Seite wird über die Gefäßprothese. einen weißen Schlauch, acht mal 30 Millimeter groß mit Ringverstärkung, mit dem offenen Zweig verbunden. Dafür muss operiert werden. Zwei Verfahren kommen also zum Einsatz, deshalb „Hybrid“.

Seit 2017 wird mit dem jungen Verfahren gearbeitet

Klingt kompliziert? Ist es auch, versichert Psyllas. Erst seit 2017, als Psyllas aus Hagen ins Gelsenkirchener Haus kam, wird hier mit dem noch jungen Verfahren gearbeitet. Mit dem schonenderen Eingriff können auch Patienten versorgt werden, die für eine Operation zu krank oder schwach sind.

Das OP-Besteck liegt lange vor dem eigentlichen Beginn bereit. In die Nähe der sterilen Instrumente darf selbstredend niemand kommen, der nicht zum Team gehört.
Das OP-Besteck liegt lange vor dem eigentlichen Beginn bereit. In die Nähe der sterilen Instrumente darf selbstredend niemand kommen, der nicht zum Team gehört. © Joachim Kleine-Büning

Um 10.31 Uhr sind alle im OP-Team eingekleidet. Neben OP-Kleidung, Kopfbedeckung, Mundschutz und Handschuhen sind auch Röntgenschutz-Schürzen und Halsschutz vorgeschrieben. Auch für die Beobachterin von der Zeitung. Die Ärzte haben zusätzlich Strahlenmessgeräte an der Kleidung, um Überbelastung auf Dauer zu vermeiden. Während der Stent per Katheter gesetzt wird, ist der Patient durchgängig mit Röntgen überwacht. Damit die Chirurgen sehen, wo sie was hinschieben. Ob der Stent, eine Gefäßstütze aus Draht, die sich im Körper ausdehnt, und auch der Verschluss an der richtigen Stelle sitzt.

Dem Patienten geht es gut

Die Rede ist von „die“ Chirurgen, weil gleich drei im Einsatz sind. Der Leiter Psyllas, der Oberarzt Dr. Shadi Sabe und Anke Oertgen. „Teamarbeit ist hier sehr wichtig. Alle sind fortgebildet, speziell auch für diese Eingriffe“, erklärt Psyllas. Als erstes werden die Zugänge über die Leiste geöffnet. Unter Röntgenkontrolle und mit Kontrastmittel sieht der Chirurg genau, wo der Katheter gerade ist, ob der Durchfluss funktioniert. Dass die Stents genau die richtigen Durchmesser haben, ist kein Zufall. Die Gefäße werden vor dem Eingriff vermessen, Stents in entsprechender Größe bestellt.

OP-Schwester Monika Smyk (links) hat ebenfalls Fortbildungen durchlaufen, um bei den neuen Techniken optimal assistieren zu können.
OP-Schwester Monika Smyk (links) hat ebenfalls Fortbildungen durchlaufen, um bei den neuen Techniken optimal assistieren zu können. © Joachim Kleine-Büning

Nach 50 Minuten sitzen die Stützen, das defekte Gefäß ist abgebunden, jetzt ist die Operation mit der Umleitung, dem Bypass, für das Gefäß an der Reihe. Hier muss geschnitten werden, anders geht es nicht. Weitere 45 Minuten braucht es, bis auch der zweite Teil des „Hybrid-Eingriffs“ abgeschlossen ist. Dem Patienten geht es laut Experten gut, er kommt auf die Intensivstation, morgen auf die normale Station. Die Beobachterin indes hat einmal mehr gelernt, wie körperlich fit Chirurgen sein müssen, wenn sie gut eineinhalb Stunden stehen müssen, mit schwerer Strahlenschutzschürze, nach vorn gebeugt. Ganz zu schweigen von großen Eingriffen über fünf Stunden oder mehr.

>> Info: Frauen haben für das Verfahren oft zu kleine oder zu dünne Gefäße

Bei Frauen können Bauch-Aneurysmen in der Regel nicht mit Stents therapiert werden. Ihre Gefäße sind häufig zu klein beziehungsweise zu dünn, bedauert der Experte Anastasios Psyllas.

Zum Operations-Team im Marienhospital gehörte an dem Tag neben den Chirurgen die leitende – und eigens für solche Eingriffe fortgebildet e – OP-Schwester Monika Smyk sowie die Fachpfleger Sven Becker und Sascha Wessel. Zum Team zählte zudem der Anästhesist Sascha Ostrowski.