Gelsenkirchen. . Machbarkeitsstudie zur Zukunft der Bäderlandschaft vorgestellt. Am Berger Feld oder im Revierpark Nienhausen könnte ein großer Neubau entstehen.
2018 – es könnte das entscheidende Jahr werden in der Bäderdebatte. Seit Mittwoch liegt die vom Rat in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie auf dem Tisch. Wie viele Bäder braucht diese Stadt? Was ist bezahlbar, was zu teuer? Im Prinzip kapriziert sich die Studie auf zwei Varianten. Beide sehen die Notwendigkeit eines großen Neubaus.
Eine der Varianten beinhaltet Becken mit 50-m-Bahn
Erstellt wurde die Studie von Christian Kuhn, geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Sportstättenbetriebs- und Planungsgesellschaft in Herne. In monatelanger Arbeit hat er sich mit seinem Team die Situation angeschaut, hat mögliche Konkurrenzbäder im Umkreis unter die Lupe genommen, Zahlen gewälzt und Tabellen erstellt.
Daraus kann er ableiten, wie groß der Bedarf in Gelsenkirchen ist. Er weiß zum Beispiel, dass der Anteil an Sport- und Freizeitschwimmern sich in etwa die Waage hält. Heißt: „Für jede Bahn, die ein Sportler nutzt, brauche ich eine gleich große Wasserfläche zum Plantschen.“
Was die Studie aussagt und empfiehlt
Unterm Strich offenbart das Zahlenwerk Folgendes: Eine Sanierung von Zentralbad und Sport-Paradies mache keinen Sinn. Als Ersatz für beide Bäder plädiert Kuhn für einen großen Neubau. Mögliche Standorte: das Berger Feld neben dem jetzigen Sport-Paradies oder der Revierpark Nienhausen.
Kuhn nennt das die „große“ oder „zentrale Lösung“ – wobei das lediglich auf die Funktionalität des Bades gemünzt ist, nicht auf die geografische Lage. Denn in dieser Variante würde der Neubau alles sein: Freizeitbad sowie ein Ort fürs Schul- und Sportschwimmen. Hier käme es zum Bau eines Beckens mit 50-Meter-Bahn.
Ein Bad fürs Schul- und Vereinsschwimmen
Die irgendwie auch zentrale aber doch etwas kleinere Lösung sieht dagegen vor, jenen Neubau lediglich mit einer 25-Meter-Bahn auszustatten. Dafür würde an einer zweiten Stelle (entweder neben dem jetzigen Zentralbad oder am Berger Feld) ein zweites Bad gebaut – exklusiv fürs Schul- und Vereinsschwimmen. Die breite Öffentlichkeit hätte hier keinen Zutritt.
„Wir sehen in Deutschland generell eine Zentralisierung der Bäderlandschaft“, sagt Christian Kuhn. Der Nachteil liegt auf der Hand: Gerade Schulklassen hätten bei der Anfahrt zum Schwimmunterricht so oftmals längere Wege in Kauf zu nehmen. Die Devise „Kurze Beine, kurze Wege“ könne dann nicht mehr gelten. Dabei sei aber klar, dass Schulschwimmen zu den Pflichtaufgaben einer Kommune gehöre. „Das ist der Spagat, den die Politik jetzt machen muss“, so Kuhn.
Vorstellung der Studie im Sportausschuss
Die Machbarkeitsstudie wurde Mittwochnachmittag den Mitgliedern des Sportausschusses vorgestellt und sorgte bereits für Zündstoff. Besonders Grüne und CDU zweifelten an der „Ergebnisoffenheit“ der Studie, die Stadträtin Annette Berg und ihr Bäderbeauftragter Klaus Rostek mehrfach betonten.
„Was völlig fehlt, ist die Vierer-Lösung“, beklagte Burkhard Wüllscheidt. Seine Grünen wie auch die CDU hatten stets die Erhaltung aller vier Standorte gefordert.
Studie sieht keine Zukunft für das Bad in Horst
Doch die Studie sieht – sagen wir es mal vorsichtig – große Fragezeichen über der Zukunft des Bades in Horst. Eine Sanierung würde Kuhns Ausführungen nach sieben bis acht Millionen Euro kosten, ein Neubau wäre nicht teurer. Aber ein Neubau am selben Standort sei nicht möglich, da bei allen heute gültigen Bestimmungen die Gesamtfläche nicht mehr ausreiche.
Berg und Rostek betonten, dass die Studie keine Absichtserklärung der Verwaltung ist. Das heißt: Das Bad Horst auslaufen zu lassen, ist die Empfehlung von Christian Kuhn. Ob die Verwaltung dem folgt, wird sich zeigen.
Fragen und Antworten zur Studie
Aus der Machbarkeitsstudie ergeben sich diverse Fragen. Die WAZ beantwortet sie:
Was passiert mit dem Bad in Buer?
Das Bad wurde kurz nach der Jahrtausendwende saniert. Es entspricht dem nötigen Standard. „Wir haben Buer bei der Betrachtung ausgeklammert“, sagt Christian Kuhn, der Ersteller der Studie. „Das Bad bleibt so und gut.“
Und was ist mit dem Jahnbad?
Es spielte in der Debatte nie eine Rolle. Es wird wahrscheinlich so lange weiterbetrieben, wie es geht.
Wie genau wird der zentrale Neubau aussehen?
In der „großen Lösung“ bekäme das Bad ein 50-Meter-Becken. Darüber hinaus ein Lehrschwimmbecken (25 Meter), ein Freizeitbecken, eine Kinderinsel und eine große Saunalandschaft. Kuhn hat auch die Idee eines „Cabrio-Dachs“, um das Becken bei Bedarf in eine Art Freibad zu verwandeln.
Was kostet der Neubau?
Ein Neubau mit 50-Meter-Bahn würde gut 38 Millionen Euro kosten. Die kleine Variante (Neubau mit 25-Meter-Bahn plus zweiter Bau fürs Schul- und Vereinsschwimmen) würde mit 32 plus 11 Millionen Euro zu Buche schlagen.
Entscheidender als der nackte Anschaffungspreis ist aber die Frage, was das Bad (oder die Bäder) auf drei Jahrzehnte gerechnet pro Jahr inklusive aller laufenden Kosten verschlingt. Da geht die Schere deutlich weiter auseinander: Der große Neubau würde jährlich 1,3 Millionen, die „Zweier-Lösung“ stolze 2,9 Millionen Euro kosten. Kuhn im Sportausschuss: „Damit gebe ich Ihnen eine bittere Pille.“
Interessanter Randaspekt: Als größte Einnahmequelle des Bades nennt Kuhn den Sauna-Bereich. Hier sieht er ein Potential für 80 000 bis 120 000 Gäste pro Jahr. „Die Sauna kann die Kosten für die Wasserfläche zum Teil gegenfinanzieren.“
Sollte das neue Bad im Revierpark Nienhausen gebaut werden: Würde es dann das dortige Bad ersetzen?
Dazu sagt Klaus Rostek: „Es würde im Bereich des Freibades im Revierpark nicht zu einer Veränderung kommen.“
Wie geht es jetzt weiter?
Am Donnerstag wird die Studie dem Hauptausschuss (16.15 Uhr, Ratssaal im Hans-Sachs-Haus) vorgestellt und disktutiert. Den Sommer über wird die Verwaltung sich die Studie detailliert ansehen und eine Beschlussvorlage erstellen. Sie wird Ende September dem Sportausschuss, im Oktober dann dem Rat vorgelegt. Sollte sich dort eine Mehrheit finden, könnte das das Ende der Bäderdebatte sein.