Gelsenkirchen. Fotos von Überwachungskameras am Geldautomaten sind oft unscharf. Die WAZ hat bei Gelsenkirchener Banken nachgefragt, welche Ursachen das hat.
. Grobkörnig, unscharf, farblos und meist auch sehr dunkel – Fahndungsfotos nach illegalem Geldabheben mit gestohlenen EC-Karten haben oft schlechte Qualität – warum eigentlich? Anfragen bei hiesigen Geldinstituten und auch bei einem der größten Automatenhersteller liefern keine abschließende Antwort, dafür eine Reihe von Gründen.
Ging es früher in erster Linie darum, Kunden schnell Bargeld zur Verfügung zu stellen, so rücken in neuer Zeit Themen wie Strafverfolgung und Vandalismus in den Vordergrund, weil Geldautomaten beliebte Ziele von Straftätern sind.
Automat kostet zwischen 25 000 und 30 000 Euro
Volksbank-Sprecher Wilhelm Uhlenbruch erklärt, dass Geldautomaten nach etwa zehn Jahren Betrieb ausgetauscht werden. Und weil es sich um teure und zertifizierte Technik handelt, ist es oft so, dass „das Nachrüsten mit besseren Kameras an der Kompatibilität der Systeme scheitert.“ Ein Automat kostet 25 000 bis 30 000 Euro.
2017 hat die Volksbank 50 Prozent ihrer Geräte gegen neue ausgetauscht, der Rest der insgesamt 50 Geldmaschinen im Stadtgebiet wird bis Mitte 2019 erneuert. Damit verbunden ist auch „der Wille, den Strafverfolgungsbehörden bei Bedarf gute Bilder zu liefern“.
Große Bilder brauchen viel Speicherplatz
Gegenlicht, eine meist schwache Eigenbeleuchtung im Bedienfeld des Automaten sowie Kappen und Kapuzen und Bewegung auf Seiten der Täter erschweren zudem den verbauten Kameras die Aufnahme eines scharfen Bildes.
Sparkassen-Sprecher Udo Kramer verweist noch auf eine andere Einflussgröße. Und die hat damit zu tun, dass die Vorgänge an den 70 Automaten des Unternehmens in Gelsenkirchen („2016 weitgehend ausgetauscht und durch modernere Geräte ersetzt“) „aufgezeichnet, aufbewahrt und auf Verlangen Polizei und Staatsanwaltschaft zur Verfügung stehen“. Heißt: Große Bilder brauchen mehr Speicherplatz. Gleiches gilt für viele Bilder. Daher die geringe Datenmenge.
Neueste Geräte finden sich meist in der Hauptstelle
Im Übrigen, so Kramer weiter, habe es seitens der Behörden noch nie Klagen bezüglich der Bildqualität gegeben – angesichts von Bildformaten im teils zweistelligen Kilobyte-Bereich ist das nur bedingt vorstellbar.
Die Paderborner Diebold Nixdorf AG ist einer der größten Hersteller für Geldautomaten. Andreas Pollkläsener (Produktplanung Geldautomaten) erklärt, dass für Kunden oft „die Verlustmenge im Vergleich zur Investition“ den Ausschlag gibt – alles ist also eine Frage des Geldes. Denn der illegal abgehobene Geldbetrag stellt nur einen sehr kleinen Bruchteil dar im Vergleich zu den Kosten, um die Technik in der Fläche hochzurüsten. Immerhin ist auch die Bank versichert, wird das Geld den Kunden ersetzt. „Meist stehen die neuesten und sichersten Geräte in den Hauptfilialen, nicht in der Peripherie“, sagt Pollkläsener.
Die Zubehörliste ist lang – und teuer
Weitere Ursachen für die geringe Auflösung können selbst banale Dinge sein: die fehlende tägliche Reinigung des Gerätes, schlechte Witterung und somit Verschmutzung bei Geräten außerhalb von Foyers bis hin zu unterschiedlichen Baugrößen. Beim Austausch einer pixelschwachen, analogen Kamera gegen eine deutlich stärkere digitale passt häufig eins nicht ins andere – unabhängig von Kompatibilitätsproblemen mit der Steuerungs- und Betriebssoftware.
Diffuse Bilder haben auch etwas damit zu tun, wie das Sicherheitskonzept „für das Geldhaus insgesamt ausgelegt ist und mit welchen Anforderungen sich die Versicherer begnügen“. Oft, so Pollkläsener weiter, beließen es viele Banken mit dem Einbau von Analogsystemen, um etwa Räume zu überwachen – warum also am Automaten tiefer in die Tasche greifen, obwohl heute Systeme in bester HD-Auflösung zur Verfügung stehen? „Das ist wie beim Autokauf – die Zubehörliste ist lang“ – und eben teuer.
Zu guter Letzt: Die sichersten Geldautomaten mit den besten Kameras stehen in Schweden. Allein weil die Wege für Polizei (und Bürger) so weit sind, erfüllen diese Maschinen die höchsten Widerstands- und Sicherheitsanforderungen . . .
Veröffentlichung unterliegt Regeln
Zwischen einer Straftat – etwa dem Abheben von Geld mit einer gestohlenen EC-Karte – und der Veröffentlichung von Fahndungsfotos aus Überwachungskameras liegen Wochen, oft sogar manchmal Monate. Das hängt damit zusammen, dass die Polizei solche Bilder nicht ohne Beschluss eines Richters veröffentlichen darf. „Und außerdem ist so eine Öffentlichkeitsfahndung nur dann erlaubt, wenn zuvor alle anderen Mittel keinen Erfolg gebracht haben“, erklärt Christian Zander von der Polizei Gelsenkirchen den Zeitverzug. Anders ausgedrückt: Die Fahndung mit Hilfe von Fotos ist das letzte Mittel der Ermittler.
Bei der Veröffentlichung hält die Polizei zudem zusätzliche Regeln ein. Zwar ist auch sie in sozialen Netzwerken wie Facebook vertreten, doch Fahndungsbilder veröffentlicht sie dort – und das nur in Ausnahmefällen wie etwa bei Kapitalverbrechen (z.B. Mord) – stets verpixelt – versehen mit einem Link zum Presseportal der Polizei, wo sich die Nutzer die unverpixelten Fotos ansehen können. „Wenn die Öffentlichkeitsfahndung beendet ist, können wir die Fotos dort wieder zuverlässig löschen.“ Eine Fotoveröffentlichung ist zudem nur zeitlich begrenzt zulässig.