Gelsenkirchen. . 1958 weihte die Jüdische Gemeinde in der Gelsenkirchener Altstadt eine kleine Synagoge ein. Heute gibt es an der Stelle eine Begegnungsstätte.

Vor genau 60 Jahren weihte die jüdische Gemeinde von Gelsenkirchen eine neue Synagoge ein, nachdem das erste Gotteshaus in der Pogromnacht 1938 komplett niedergebrannt war. Mit dem neuen Betsaal an der Von-der-Recke-Straße 9 hatte die nach der Shoa wieder konstituierte Gemeinde endlich wieder einen gemeinsamen Treffpunkt. Dieser Moment soll am kommenden Mittwoch mit einem Konzert gefeiert werden.

Raum für Gebete

Das markante Deckenfenster mir Davidstern ist bis heute im alten Betsaal zu finden.
Das markante Deckenfenster mir Davidstern ist bis heute im alten Betsaal zu finden. © Martin Möller

„Für die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde war es im Juni 1958 ein großes Ereignis, als die kleine Synagoge eröffnet wurde. Die Gottesdienste waren wie große Familientreffen“, erinnert sich die heutige Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen, Judith Neuwald-Tasbach, die ein Jahr nach der Einweihung der vorübergehenden Synagoge zur Welt kam und schon als Kleinkind viel Zeit in dieser Synagoge verbrachte, als ihr Vater, Kurt Neuwald, Vorsitzender der Gelsenkirchener Gemeinde war: „Ich weiß noch, dass ich oft zu den Sprechzeiten, immer montags und mittwochs, unter dem Tisch in seinem Büro gespielt habe“, erzählt Judith Neuwald-Tasbach – und ergänzt, dass es außer dem Betsaal an der Von-der-Recke-Straße auch noch weitere Räume gab.

Betsaal von der Straße aus nicht sichtbar

„Der Betsaal war von der Straße aus nicht sichtbar, da er in den Innenhof gebaut worden war. Im Erdgeschoss des Hauses gab es auch noch einen kleinen Gemeindesaal, ein Büro, eine Bücherei und einen Schulraum für die jüdische Gemeinde. Die Synagoge ist übrigens bis heute fast genau so erhalten, wie sie 1958 eingeweiht wurde“, sagt die Gemeinde-Vorsitzende. Auch damals wurde das Gotteshaus schon rund um die Uhr von der Polizei überwacht. „Die Polizisten saßen anfangs immer im Vorraum, damit jeder, der die Gemeinde besuchte, vorab kontrolliert werden konnte. Erst später wurde die Synagoge von Beamten aus dem Polizeiauto heraus bewacht“, merkt Judith Neuwald-Tasbach an. So ist das bis heute, auch wenn die Synagoge inzwischen an anderer Stelle zu finden ist.

Das bunte Fenster ist inzwischen in die Neue Synagoge an der Georgstraße umgezogen, den alten Betsaal ziert nun eine Kopie des Fensters.
Das bunte Fenster ist inzwischen in die Neue Synagoge an der Georgstraße umgezogen, den alten Betsaal ziert nun eine Kopie des Fensters. © Martin Möller

2007 bezog die Jüdische Gemeinde, der neben Gelsenkirchenern auch Gladbecker und Bottroper angehören, die neugebaute Synagoge an der Georgstraße 2, die genau an der Stelle des ursprünglichen Gotteshause steht. „Nach dem Zuzug der jüdischen Mitbürger aus anderen Ländern war die Gelsenkirchener Gemeinde so stark angewachsen, dass die Räume an der Von-der-Recke-Straße zu klein wurden. Und dass, obwohl er anfangs mit 80 Plätzen in der Synagoge zu Zeiten der Einweihung überdimensioniert gebaut worden war“, erklärt Judith Neuwald-Tasbach. „Als der letzte Gottesdienst in der kleinen Synagoge stattfand, waren viele in der Gemeinde doch ein bisschen wehmütig“, erinnert sie sich.

Dauerausstellung zeigt jüdisches Leben

Der alte Betsaal wurde erhalten – und fungiert seit 2010 als Begegnungsstätte der Jüdischen Gemeinde, mit einem Veranstaltungs- und Tagungsraum. „Hier gibt es eine kleine Dauerausstellung zum jüdischen Leben in Gelsenkirchen. Und das Jüdische Museum Dorsten stellt regelmäßig Exponate für Wechselausstellungen zur Verfügung. Jeden Mittwoch zwischen 13 und 17 Uhr kann man die kleine Synagoge ohne Voranmeldungen besichtigen“, betont die Gemeindevorsitzende. Nur Gruppen sollten ihren Besuch vorab in der Neuen Synagoge anmelden.

Auch am kommenden Mittwoch, 20. Juni, besteht ab 18 Uhr die Gelegenheit zum Besuch. Dann findet zur Feier des 60. Jahrestages der Einweihung das Konzert des israelischen Trios Shalosh hier statt.