Gelsenkirchen. . Judith Neuwald-Tasbach, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen, spricht über Gewalt und künstlerische Freiheit.
Ein junger Araber aus Israel wird in Berlin übel beschimpft und mit einem Gürtel verprügelt, weil er öffentlich eine Kippa (die traditionelle jüdische Kopfbedeckung) trägt, und zwei Deutsch-Rapper werden für ihr Album mit antisemitisch angehauchten Songs mit dem Echo-Musikpreis ausgezeichnet.
Umstrittene Echo-Verleihung
Wie fühlen sich jüdische Menschen in Gelsenkirchen, wenn sie auf die Ereignisse dieser letzen Woche schauen? „Es sind nicht nur diese beiden Beispiele, die uns das Leben schwer machen. Auch hier im Alltag in Gelsenkirchen bemerken wir ein stetiges Anwachsen von Antisemitismus. Und der kommt von vielen Seiten: Von den ‘alten’ und den ‘neuen’ Rechten in der Gesellschaft, aber auch verstärkt von muslimischer Seite. Und besondere Sorgen bereitet mir persönlich die Tendenz, dass zwar viele Bürger durchaus sehen und hören, wenn es verbale oder gewalttätige Überschreitungen gibt, aber nicht einschreiten. Jeder sollte sich mitverantwortlich fühlen für das, was in der Gesellschaft vorgeht“, betont Judith Neuwald-Tasbach, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen, der die umstrittene Echo-Verleihung sehr zu schaffen macht.
Eine solche Auszeichnung sendet das falsche Signal
„Auch die künstlerische Freiheit hat Grenzen. Etwa dann, wenn Menschen bewusst verletzt oder verhöhnt werden, wie in diesem Fall. Eine solche Auszeichnung sendet das falsche Signal, vor allem an Jugendliche. Nämlich, dass es auszeichnungswürdig ist, wenn man Juden verhöhnt. So etwas ist sehr gefährlich“, sagt Neuwald-Tasbach und erzählt: „Erst kürzlich ist ein junger Mann aus unserer Gemeinde in Gelsenkirchen beschimpft und bedroht worden, weil er vergessen hatte, nach dem Gottesdienst seine Kippa abzusetzen. Es wird Zeit, dass der Gesellschaft bewusst wird, dass es solche Tendenzen schon ein Mal in unserem Land gab. Damit ist nicht zu spaßen.“