Gelsenkirchen-Buer. . Vielen ist die farbige Zierde auf der Haut nach Jahrzehnten peinlich. Entfernen sollten Tattoos nur gut ausgebildete Experten.

Was macht ein echter Schalker, der sich ein Tattoo stechen lässt? Er wartet darauf, dass S04 blau-weiß auf der Haut erstrahlt. Logisch. Ewige Freunde. Liebe fürs Leben. Aber wehe, wenn er später – aus ungenannten Gründen – regelmäßig in Dortmund in die Sauna geht. Dann gibt’s Kesseltreiben, Spießrutenlaufen – das hält kein Mensch aus. Der Wunsch wird zum Wahn: Nur weg mit demTattoo. Dieser Mann ist einer von vielen, die sich in die Hände von Daniela Sieverding und ihren Kollegen begeben. Sie darf als Heilpraktikerin offiziell Tattoos mit dem Laser entfernen. „Ich mache das schmerzarm und ohne Narben zu hinterlassen“, verspricht sie.

Haut durch Milchsäure vernarbt

Seit einigen Jahren arbeitet sie mit anderen Laserexperten in der Praxis für Tattoo-Entfernung am Nordring 28 in Buer zusammen. Sie alle haben eine Ausbildung zum Lasertherapeuten. Der offizielle Name des Unternehmens hat sich kürzlich geändert, am Ort ist das Experten-Studio aber geblieben. „Wir setzen das medizinische Gerät sehr schonend ein. Unsere Motivation ist, anderen zu helfen“, sagt die Heilpraktikerin und bekommt das nackte Grauen, wenn sie an Tattoo-Entfernung von Laien denkt.

„Ich habe Sachen gesehen, die Haut wie eine Marterstrecke, voller Narben. Die haben den Kunden zum Teil Milchsäure unter die Haut gespritzt. Die Vorstellung ist so unerträglich, es ist kaum zu auszuhalten.“ An Kunden mangelt es nicht. „Viele kommen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren“, erklärt die 49-Jährige, „weil sie ihre Jugendsünden einfach nur noch los werden wollen.“

Badehose bis unter die Achseln gezogen vor Scham

Hygiene ist wichtig beim Entfernen von Tattoos. Und eine gute Ausbildung zum Umgang mit Lasern.
Hygiene ist wichtig beim Entfernen von Tattoos. Und eine gute Ausbildung zum Umgang mit Lasern. © Olaf Ziegler

Für den Außenstehenden klingen manche Geschichten abenteuerlich lustig. „Da kommen gestandene Männer in den 50ern“, erzählt die lockere Tattoo-Entfernerin, „die sich im jugendlichen Alter ein ‘A...geweih’ auf den verlängerten Rücken haben stechen lassen. Ich habe immer gedacht, das machen nur Frauen. Aber es machen eben auch Männer. Und das ist ihnen oft seit Jahrzehnten nur noch peinlich.“ Einer habe die Badehose immer fast bis unter die Achseln gezogen, damit niemand den fatalen Fauxpas sieht.

Er ist offenbar nicht der einzige, dem das spezielle Tattoo hinten ein Dorn im Auge ist. Von der Sängerin Ina Müller stammt ein Lied mit dem Text: „Bye, bye, Arschgeweih, ich geb’ dich zum Lasern frei. Out bist du mein Steiß Tattoo. Unsere Jahre sind vorbei.“

Überraschung auf dem Handrücken am Morgen danach

Ein Kunde, erzählt Daniela Sieverding, hat sich im völlig betrunkenen Zustand ein riesiges Tattoo auf den Handrücken zaubern lassen. Umso ernüchterter war er am nächsten Morgen, als er das überraschende Kunstwerk erspähte. „Das geht gar nicht“, findet er und lässt sich das Gemälde wieder entfernen. Die 49-jährige lacht bei vielen Geschichten, die sie erzählt. Aber nicht über ihre Kunden, sondern mit ihnen. „Wir sind alle locker drauf und haben viel Spaß – auch beim Lasern. Die Kunden erzählen die verrücktesten Geschichten, und wir sind froh, dass wir ihnen helfen können.“

Die neue Freiheit war ein Tattoo

Marcin Wierzbowski lässt sich per Laser von Heilpraktikerin Daniela Sieverding ein Tattoo entfernen, das er sich vor sechs Jahren hat stechen lassen.
Marcin Wierzbowski lässt sich per Laser von Heilpraktikerin Daniela Sieverding ein Tattoo entfernen, das er sich vor sechs Jahren hat stechen lassen. © Olaf Ziegler

Peinlich für einen jungen Mann ist das Tattoo mit einem Mädchennamen. Er hat eine neue Freundin und deren Mutter sagt ihrer Tochter seit Jahren: „Komm mir bloß nie mit einem Mann, der tätowiert ist. Also trägt der neue Lover ständig langärmelige T-Shirts, bis das Thermometer die 30-Grad-Marke knackt. Da sind kurze Ärmel angesagt und zum Vorschein kommt – der Vorname der Schwiegermutter. Sie hat zufällig denselben Vornamen wie die Ex des jungen Mannes. Großes Gelächter: „Der liebt ja seine Schwiegermutter.“ Konsequenz: Ab zum Tattoo-Entferner.

Und dann ist da noch die Kundin, die ewig schon ein Tattoo haben will, deren Mann aber strikt dagegen ist. Irgendwann trennen sich die beiden und sie lässt sich – es lebe die neue Freiheit – ihr heiß ersehntes Bild in die Haut „gravieren“. Aber dann. Nach längerer Zeit kommen die beiden wieder zusammen. . . und sie wird Kundin von Daniela Sieverding. Logisch. Gründe gibt es also genügend, sich in die Hände von Laser-Experten zu begeben.

>>>Info: Vor der Behandlung Erkrankungen klären

„Wir haben eine Sorgfaltspflicht gegenüber unseren Kunden“, sagt Daniela Sieverding. „Vor der Behandlung machen wir eine Bestandsaufnahme der Vorerkrankungen.“

Mit Ohr-Akupunktur könne man Schmerzen lindern. Sechs Wochen müssen zwischen den Laser-Behandlungen liegen, bei der die Farbpartikel zersprengt und von der körpereigenen Abwehr abgetragen, umgewandelt und ausgeschieden werden.

„Unser Laser arbeitet nur in der zweiten Hautschicht, in der sich die Farbe des Tattoos befindet“, sagt die Heilpraktikerin. Bisher gibt es nur eine Verordnung, die besagt, wer Tattoos entfernen darf. Daran hielten sich aber nicht alle.