Gelsenkirchen. . Cahit Bakir ist Talentscout und begleitet Schüler mit guten Noten aber fehlender Unterstützung. Tipps sollen zur Selbstständigkeit führen.

Viele Schüler wissen oft auf dem Weg zum Abitur nicht, welchen Beruf sie ausüben möchten oder schwanken bei der Wahl zwischen Ausbildung und Studium – vor allem, wenn die jungen Menschen niemanden aus der Familie fragen können. In diesem Fall treten Talentscouts in Erscheinung. Einer von ihnen ist Cahit Bakir.

Seit 2015 ist er über die Westfälische Hochschule eingesetzt. In Gelsenkirchen ist Bakir am Weiterbildungskolleg Emscher-Lippe sowie an der Gesamtschule Buer-Mitte unterwegs. Als Talentscout berät er Schüler der Oberstufe und begleitet sie auf ihrem Weg bis in den Beruf. Bakir ist gelernter Sozialarbeiter und verfügt über pädagogisches Wissen, was ihm beim Umgang mit den Schülern hilft. Zu ihnen baut er teilweise eine ganz enge Bindung auf, wenn sie eine persönlich zugeschnittene Beratung wünschen. Er lässt sich daher auch bewusst duzen, um die Distanz zu den Schülern zu verringern.

Schülern fehlt ein Netzwerk

„Lehrer empfehlen uns Schüler“, sagt Bakir. Denn sie wissen am besten, welchen Schülern es zu Hause an Unterstützung fehlt. „Dies kann einerseits finanzielle Gründe haben. Andererseits kommen Schüler mit guten Noten oft nicht aus Akademiker-Haushalten. Die Eltern kennen sich also nicht aus, wenn ihre Kinder studieren möchten. Ihnen fehlt ein Netzwerk“, erklärt der Talentscout. Er weiß, wie das ist, da er selbst der erste Akademiker in seiner Familie ist.

Talentscout Cahit Bakir
Talentscout Cahit Bakir © Joachim Kleine-Büning

Er versteht sich keineswegs als großer Vermittler, der den Jugendlichen unter die Arme greifen muss und ihren Weg bestimmt. „Die Beratung ist freiwillig, die Schüler bestimmen, wie oft sie zu uns kommen möchten“, merkt Bakir an. Einmal pro Monat ist er vor Ort in den Schulen, betreut dort im Schnitt zehn Schüler. Manche sind regelmäßig bei ihm, anderen reiche ein Tipp, um sich zu orientieren. Die Schüler dürfen ihren Scout auch privat über Facebook oder Whatsapp kontaktieren. Bakir versteht sich auch als sozialer Pate. „Ich kann gut motivieren und spreche den Schülern Mut zu, damit sie Selbstvertrauen gewinnen und ihr eigenes Talent erkennen“, beschreibt er sein Vorgehen.

Talentscout als sozialer Pate

Manchmal erzählen ihm die Schüler auch private Sachen, etwa Schwierigkeiten in einer Liebesbeziehung oder Probleme mit den Eltern. Dies können Hemmfaktoren auf dem Weg der jungen Menschen sein. „Ich höre ihnen zu, sage aber auch, wir machen weiter, um das persönliche Ziel nicht aus den Augen zu verlieren“, so Bakir. Er schaut, welche Möglichkeiten sich seinen Schützlingen bieten, etwa ein Stipendium oder ein Auslandsaufenthalt während einer Ausbildung, was viele nicht wissen.

Viele trauen sich diese Optionen gar nicht zu – obwohl sie die Voraussetzungen erfüllen, weil sie sich nebenbei etwa ehrenamtlich engagieren.

Fragen wie das Aufsetzen einer Bewerbung

Es geht aber auch um Fragen wie Bafög oder das Aufsetzen einer Bewerbung. Der Talentscout gibt Anstöße. „Wir bringen den Stein ins Rollen, für den Weg entscheiden sich die Schüler alleine“, betont Bakir. Niemand sei später von ihm abhängig, weil er unsicher durchs Leben geht. Selbstständigkeit sei immer das Ziel.

Die Schüler geben Bakir viel zurück, er ist stolz auf sie und spürt die Dankbarkeit. „Am schönsten ist es, wenn die Ex-Schüler später im Beruf jungen Schülern in Form eines Praktikums Einblicke ins Berufsleben zu geben“, erzählt Bakir.

Einjährige Ausbildung mit Seminaren und Workshops

© Michael Korte

Talentscout können viele Menschen werden. Vor allem diejenigen, die sich gut in andere Personen hineinversetzen können und ihnen somit beratend zur Seite stehen. Sie durchlaufen eine einjährige Ausbildung mit Workshops und Seminaren.

In Nordrhein-Westfalen gibt es derzeit rund 60 Talentscouts, die über 17 Hochschulen an 300 Schulen mit einer Oberstufe eingesetzt sind. Schätzungsweise 10 000 Schüler profitieren aktuell von dem Beratungsangebot. Wer soziale Fähigkeiten mitbringt, ist besonders geeignet. Aber im NRW sind momentan beispielsweise auch Informatiker, Wirtschaftswissenschaftler oder eine Designerin Talentscout.

In Gelsenkirchen sind die Scouts an acht Schulen unterwegs: Gesamtschule Berger Feld, ev. Gesamtschule Bismarck, Gesamtschule Buer-Mitte, Gesamtschule Horst, Gesamtschule Ückendorf, Grillo-Gymnasium, Berufskolleg Königstraße und Weiterbildungskolleg Emscher-Lippe.