Gelsenkirchen-Altstadt. . Stehende Ovationen gab es am Sonntag für die Neue Philharmonie Westfalen, Geiger Takashi Bernhöft und Tony Clark mit seiner Shakuhachi.

Es war ein denkwürdiges Sonntagskonzert: Bei „Haydn im Dialog mit Haiku“ am 15. April erlebte das Publikum im Kleinen Haus des Musiktheaters eine köstliche kleine Sensation, die mit Bravorufen und stehenden Ovationen bedacht wurde.

„Das war sehr bewegend. Oder wie man heute sagt: Ich bin richtig geflasht“, bekannte Generalmusikdirektor Rasmus Baumann.

„Now Past“ für Violine, Shakuhachi und Orchester

Bei aller locker-leicht wirkenden Präsentation: Takashi Bernhöft wusste mit seiner – weltweit ersten – Komposition „Now Past“ für Violine, Shakuhachi und Orchester, die am Sonntag uraufgeführt wurde, Publikum wie Kollegen auf der Bühne zu fesseln.

Der Geiger, Konzertmeister und Komponist aus Köln, mit dem Rasmus Baumann bereits zusammengearbeitet hat, wählte als Grundlage für seine Auftragsarbeit zwei japanische Kurzgedichte, Haikus genannt. Es ging - Haiku typisch – um Naturbetrachtungen, das Philosophieren über die Vergänglichkeit, Schönheit.

Tony Clark spielt die Bambusflöte Shakuhachi

Tony Clark an der Shakuhachi.
Tony Clark an der Shakuhachi. © Olaf Ziegler

Die japanische Bambusflöte Shakuhachi spielte der in Deutschland lebende Musiker Tony Clark virtuos. Vorab stimmte er das Publikum ein, dass er beim Spielen mit dem Kopf wackeln werde, was aber kein Symptom einer Erkrankung sei. „Die Töne werden mit den Mundwinkeln erzielt, nicht mit dem Zwerchfell.“ Es waren zauberhafte, zärtliche bis martialische Töne, die Clark der Shakuhachi entlockte. Nicht nur GMD Baumann erinnerte das an Filmmusik, weil sich Bilder im Kopf einstellten. Sehr schön auch die „Duelle“ zwischen der Shakuhachi und der Piccolo-Flöte der NPW.

In sieben Minuten eine komplette Sinfonie gehört

Takashi Bernhöft beim virtuosen Geigenspiel.
Takashi Bernhöft beim virtuosen Geigenspiel. © Olaf Ziegler

Auch sonst war es spannend, gehaltvoll und dabei überaus kurzweilig. Zu Beginn spielte das Orchester Haydns Scherzando Nr. 1 F-Dur. Baumann erläuterte: „Da haben Sie jetzt in sieben Minuten eine komplette Sinfonie mit vier Sätzen gehört.“ Haydn habe solche kurzen Genusshäppchen gerne komponiert. Auch darum der ungewöhnliche, zum ersten Mal geschaffene Zusammenhang mit japanischen Kurzgedichten.

Ganz großes Kino für die Ohren

Nach der Pause wusste das Orchester mit dem Requiem für Streicher, dass Toru Takemitsu 1957 komponiert hat, zu begeistern. Er war der erste japanische Künstler, der nach dem Zweiten Weltkrieg zuerst in den USA (von Igor Strawinsky geholt) und später in Europa erfolgreich wirkte. In seinem Requiem verarbeitete er seine traumatischen Erlebnisse als Soldat.

Den fulminanten Abschluss bildete Joseph Haydns Sinfonie Nr. 34 d-Moll. „Haydn im Dialog mit Haiku“ – das war ganz großes Kino für die Ohren.