Erle. . Gibt’s nicht, gibt es hier nicht. Von der Mona Lisa über Haarspray bis zur Kettensäge gibt es auf dem Flohmarkt an der Veltins-Arena fast alles.

„Schalke ist zurzeit die Nummer eins“, das hört man in Gelsenkirchen gerne, vor allem aus dem Mund eines Dortmunders. Sami schmunzelt, er weiß das. Gemeint ist aber ausnahmsweise einmal nicht der königsblaue Fußballverein, sondern der Flohmarkt im Schatten der Veltins-Arena – Sami ist Verkäufer, steht hier zweimal in der Woche, dienstags und samstags; er bietet Uhren, Schuhe und Schals feil. „Baba, wie lange machen wir das schon?“, dreht sich der 21-Jährige fragend nach seinem Vater um. „Na mindestens seit 40 Jahren“, ruft Mustafa gutgelaunt zurück.

Gestartet im Jahr 1989 auf dem Gelände des ehemaligen Autokinos (heute Standort des Apollo Multiplex-Kinos), hat der Markt heute auf dem Parkplatz D3 seinen festen Platz.

Im Sommer kommen Busse aus dem Sauerland

Aufwärmen zwischendurch mit einem Feuerchen am Auto: Im Winter kann es beim Flohmarkt ungemütlich werden. H
Aufwärmen zwischendurch mit einem Feuerchen am Auto: Im Winter kann es beim Flohmarkt ungemütlich werden. H

„Im Sommer ist es hier rappelvoll, die Kunden kommen mit Bussen aus dem Sauerland, aus Hessen und sogar aus Holland“, weiß Sami. Es sind größtenteils Menschen mit Migrationshintergrund. Türkische, arabische, persische Wortfetzen fliegen durch die Luft, wenn sich Familien angeregt unterhalten. Da wird gehandelt und gefeilscht, viel gelacht. Viele Angebote sind genau auf sie zugeschnitten

Da gibt es türkischen Hochzeitsschmuck, Kleidung für die gläubige Muslima, blinkende Kristalllüster, günstige Teppiche. „Alle billiger“, ruft Ali von seiner kleinen Tretleiter hinunter in die Menge und wedelt mit bestickten Tuniken aus Tausendundeiner Nacht. Deutsch ist selbstverständlich die Verkehrssprache des Marktes.

„Hier fühlt man sich richtig als Weltbürger“

Hygieneartikel auf einem Anhänger gleich im Dutzendpack: Kleidung und Elektrogeräte wie Bohrmaschinen, Laubbläser, Toaster und Mixer gibt es hier auch.
Hygieneartikel auf einem Anhänger gleich im Dutzendpack: Kleidung und Elektrogeräte wie Bohrmaschinen, Laubbläser, Toaster und Mixer gibt es hier auch.

„Ich liebe diese Atmosphäre hier direkt vor der Haustür“, sagt Susanne aus Buer. Die 55-Jährige hat lange in Spanien gelebt. „Hier fühlt man sich als Weltbürger“. Auf dem Flohmarkt der gebrauchten Sachen hat sie eine Gitarre erstanden. Die Saiten fehlen, aber der Klangkörper ist einwandfrei, eine gute Produktion, noch aus einem VEB der ehemaligen DDR. „20 Euro, ein Schnäppchen“, vor allem, wenn man bedenkt, der Händler wollte anfangs 50 Euro haben. „Das Handeln macht einfach Spaß, das ist Teil des Ganzen, Teil dieser Mentalität.“ Mehr als einmal wird sie auf dem Markt angesprochen, ob sie die Gitarre verkaufen möchte. Fast hätte sie es auch getan, mit Gewinnspanne. „Aber ich habe sie dann doch behalten, sie gefällt mir einfach.“

Beim Schlendern über den großen Markt hat Susanne noch ein Kilogramm Kastanien gekauft. „Herrliche große Esskastanien aus Frankreich, saftig und schmackhaft“. Das Schöne bei den Gemüseständen, alles kann probiert werden, die Händler drängen es einem praktisch auf. Lockende Granatäpfel, süße Mandarinen – alles riecht und schmeckt nach Sonne.

Mancher mistet vor dem Flohmarkt seinen Keller aus

Diese beiden gut aufgelegten Händler zum Beispiel verkaufen traditionelle Festkleidung aus dem Kosovo.
Diese beiden gut aufgelegten Händler zum Beispiel verkaufen traditionelle Festkleidung aus dem Kosovo.

Karl-Heinz ordnet derweil immer wieder seine Schallplatten und Bücher, drapiert sie auf seinen zwei Quadratmeter Platz. Der Essener kommt nicht zu jedem Markt, sondern „wenn ich mal wieder den Keller ausmiste“. Ein bisschen ärgerlich für ihn, er muss, wie alle, um halb sechs Uhr morgens hier sein. „Um einen guten Platz zu ergattern“. Seine Kundschaft kommt aber nicht vor zehn, heißt: vier Wartestunden, Langeweile. Aber dann doch so manches Geschäft.

Eine alte Aufnahme von Bertolt Brecht und Helene Weigel, eine 33er-Vinyl im 45er-Format, wechselt den Besitzer. Auch ein Buch von 1913, Kaiser Wilhelm II. und das Vaterland. „Ist wohl von meinem Uropa, aber ich brauche das nicht“, sagt der 45-jährige und lacht.

Gebrauchte Elektrogeräte in allen Spielarten

Für den Benz an der Decke: eine Lampe mit Stern.
Für den Benz an der Decke: eine Lampe mit Stern.

In den langen Reihen stehen die Händler dicht gedrängt, im Winter ist der Boden recht matschig, das stört aber niemanden wirklich. Viele alte Elektrogeräte regen zu animierten Diskussionen an, was funktioniert noch und wie. Wie viel muss man noch reparieren. Da liegen Bohrmaschinen, Laubbläser, Toaster und Mixer.

Dann wieder ein Trödelstand, eine großformatige Mona Lisa schaut mit enigmatischem Blick auf die Ansammlung von Kettensägen ihr gegenüber – der Flohmarkt im Erler Westen ist eine unendliche Fundgrube der Absurditäten.

Markt an jedem Dienstag und Samstag

>> Der Trödelmarkt an der Veltins-Arena – Veranstaltungsadresse ist Willy-Brandt-Allee 49 – findet jeden Dienstag und Samstag statt. Gehandelt und verkauft wird zwischen 6 und 14 Uhr.

>> Bei Heimspielen des FC Schalke 04 an einem Samstag um 15.30 Uhr endet der Markt wegen des An- und Abreiseverkehrs bereits um 11 Uhr.