Buer. . Ärzte des Bergmannsheil Krankenhauses informierten beim WAZ-Medizinforum über minimalinvasive Eingriffe und fortschrittliche Medikamente.
- Darmkrebs ist bei Frauen die zweithäufigste Tumorerkrankung, bei Männern die dritthäufigste
- Bei Früherkennung sind die Heilungschancen dank neuer Medikamente und OP-Techniken sehr groß
- Neue Operationstechniken können Folgen wie künstliche Ausgänge in den meisten Fällen vermeiden
Moderne Therapien bei Darmkrebs stellte am Mittwoch das Bergmannsheil Buer vor. Die Krebsform gehört zu den häufigsten Tumorerkrankungen, kann aber, bei früher Erkennung, immer besser therapiert werden.
„Kleine und mittlere Polypen werden gleich bei Darmspiegelungen entfernt, so dass wir die Entstehung von Krebs gar nicht mehr zulassen“, so Dr. Sigrid Kaminiorz, Chefärztin der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, Hämatologie und Onkologie beim WAZ-Medizinforum. „Das Wichtigste ist die Früherkennung.“ Die Medizinerin appellierte, die Vorsorgeuntersuchungen ab dem 55. Lebensjahr wahrzunehmen. Bei familiärer Vorbelastung solle schon früher untersucht werden.
Vorsorgetests sind deutlich besser geworden
Der erste Test erkennt Blut im Stuhl. War er früher noch fehleranfällig, so ist seit April ein neuer Test auf dem Markt, der recht sichere Ergebnisse liefert. „Es gibt auch Selbsttests in der Apotheke zu kaufen. Nur wenn Sie das alleine machen, müssen Sie die Kosten selbst tragen.“ Im Verdachtsfall folgt die Darmspiegelung. „Davor müssen sie keine Angst haben. Die Rate der Komplikationen ist klein und Sie schlafen dabei.“ Die viel diskutierte Kapsel, die auf der Passage durch Magen und Darm Bilder macht, sei nur für Dünndarmerkrankungen geeignet. Krebserkrankungen beträfen aber den Dickdarm und den Mastdarm.
Der Tumor darf bei der OP nicht berührt werden
Bestätigt sich der Verdacht auf eine Gewebeveränderung, muss operiert werden. Im Bergmannsheil geschehe das fast immer minimalinvasiv, so Privatdozent Dr. Markus Utech, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie. Bei der Tumorentfernung arbeite man nach der „No Touch Isolation Therapie“. Nach ihr wird der Tumor während des Eingriffs nicht berührt, vielmehr zunächst die Versorgung des Tumors unterbunden um ihn danach großräumig entfernen zu können. „Wir operieren möglichst radikal, aber minimalinvasiv.“ Schwieriger seien Eingriffe am Mastdarm, vor allem, wenn Tumore nah am Darmausgang sitzen. Bei diesen Eingriffen seien oftmals vorübergehende künstliche Darmausgänge notwendig. In den allermeisten Fällen aber ließe sich dies nach einiger Zeit wieder rückbilden.
Individuelle Medikamente auf Wirkung testen
Auch auf dem Gebiet der Medikamente habe es Entwicklungen gegeben, so Kaminiorz. Ein Fortschritt sei es, dass heute entnommenes Gewebe im Labor auf seine Reaktion auf verschiedene Medikamente getestet werden kann. So weiß der Arzt, welches Mittel am besten wirkt. Klassische Chemotherapeutika werden auf schonendere Weise verabreicht, über Ports, also fest installierte Zugänge, oder gar über Tabletten.
Antikörper hungern Tumore aus
Auch was die Wirkweise betrifft, gibt es Fortschritte, wie die Antikörper gegen den vaskulären „endothelialen“ Wachstumsfaktor. „Die setzen sich an bestimmten Teilen der Zelle fest und verhindern die Neubildung von Gefäßen. Die versorgenden Gefäße werden unterbrochen, der Tumor verhungert regelrecht.“ Daneben gibt es Antikörper gegen den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor. Dieser blockiere über einen kleinen Baustein die Rezeptoren, die Tumorzelle wächst nicht mehr. Das Problem: „Es muss geprüft werden, ob der jeweilige Tumor darauf reagiert.“ Trotz all dieser Vorteile stünden Ärzte in der Krebstherapie immer noch vor großen Aufgaben, die Erfahrung und Kompetenz verlangen. „Dass der Patient mehr Wirkung als Nebenwirkung spürt, das ist die Kunst.“