Ückendorf. . Der 17. November ist Weltfrühgeborenentag. Am Marienhospital Ückendorf hilft das Perinatalzentrum den Winzlingen beim Start ins Leben.

  • Trotz medizinischem Fortschritt kommt weltweit jedes zehnte Baby zu früh zur Welt
  • Im Perinatalzentrum am Marienhospital Ückendorf werden jährlich über 300 Frühchen betreut
  • Auch unter 1500 Gramm Geburtsgewicht haben sie hier eine Überlebenschance von 95 Prozent

Ender kam am 21. September zur Welt. Es war erst die 25. Schwangerschaftswoche seiner Mama, der Kleine wog mit seinen 33 Zentimetern gerade mal 690 Gramm. Mittlerweile bringt er immerhin 1550 Gramm auf die Waage, er bekommt nur noch ein bisschen Sauerstoff „extra“, damit die kleine Lunge sich gut entwickeln kann. In seinem beschützenden Kästchen auf der Kinderintensivstation im Marienhospital Ückendorf muss er trotzdem noch eine ganze Weile bleiben, um fit für die Welt draußen werden zu können. Für Mama Nuray Aydin ist es das dritte Kind, auf der Station ist sie mittlerweile schon fast zuhause. Ohne die Spezialversorgung in diesem „Level 1 Perinatalzentrum“ hätte ihr kleiner Sohn wohl kaum eine Chance gehabt.

Über 300 Babys werden im Jahr hier betreut

Am morgigen Freitag ist Weltfrühgeborenentag – denn Frühchen sind keine Seltenheit. Jedes zehnte Baby weltweit ist ein Frühgeborenes; auch in Gelsenkirchen. Dabei sind nur wenige so früh wie Ender. Für vor der 36. Schwangerschaftswoche geborene Babys wurden Perinatalzentren wie in Ückendorf aufgebaut. Über 300 von ihnen werden im Jahr hier betreut, rund 50 von ihnen sind leichter als 1500 Gramm. Ihre Überlebenswahrscheinlichkeit lag im Haus zuletzt bei 95 Prozent.

© Joachim Kleine-Büning

Obwohl die Medizin große Fortschritte gemacht hat, vorzeitige Wehen zum Teil medikamentös gebremst und drohende Frühgeburten deutlich früher erkannt werden können dank ausgebauter Vorsorge, ist der Anteil der Frühgeborenen über die Jahre stabil bei zehn Prozent geblieben. „Das hängt auch damit zusammen, dass bei uns in Deutschland Mütter bei der ersten Geburt heute viel älter sind als früher. Mit dem Lebensalter steigt das Risiko,“ so Lutz Aber auch die Lebensweise, Vorerkrankungen der Mutter, unbehandelte Infektionen, vernachlässigte Vorsorge spielten eine Rolle bei Frühgeburten, betont der Chefarzt der Neonatologie, Dr. Marcus Lutz.

In Japan kommt der Staat für alles auf

In Deutschland geht man ab der 23./24. Schwangerschaftswoche – je nach Reifegrad und Defiziten des Kindes – davon aus, dass das Kind eine Überlebenschance hat. In europäischen Nachbarländern wie der Schweiz und den Niederlanden werden erst nach der 24. Schwangerschaftswoche alle möglichen Maßnahmen ergriffen. „Nur Japan versucht ab der 22. Schwangerschaftswoche schon alles. Dort kommt der Staat für alles auf. Das ist übrigens auch in Schweden der Fall. Da gibt es zwar nur zwölf Perinatalzentren, aber der Staat bezahlt bei Bedarf den Flug dorthin, auch den Lohnausfall, wenn die Mutter lange dort liegen muss,“ erklärt Lutz.

Unausgereifte Lunge größte Gefahr

Die größte Gefahr für sehr Frühgeborene sei die unausgereifte Lunge. Zwar gibt es medikamentöse Möglichkeiten, eine schnellere Nachreifung einzuleiten, aber das gelingt nicht immer. Risiken gibt es zudem für Augen, Hirn und Darm.

Eltern von sehr Frühgeborenen müssen mit Entwicklungsstörungen ihres Nachwuchses rechnen, erklärt Dr. Lutz. Bei 30 bis 40 Prozent der Frühgeborenen ist dies der Fall, vor allem bei jenen, die schon vor der 28. Schwangerschaftswoche den Mutterleib verlassen mussten.Tatsächlich zeige die Erfahrung, dass zwischen der 28. und 32. Woche geborene Babys meist weniger Probleme haben als zwischen der 32. und 36. Woche. Das Schicksal aller im Marienhospital geborenen Frühchen wird vom Haus zwei Jahre lang nach der Entlassung verfolgt, um die Entwicklung zu dokumentieren.