Feldmark. . Eigentlich hatte Marina Ablas Erzieherin gelernt. Beim Praktikum in der JVA Gelsenkirchen aber fand sie einen neuen Traumberuf.

  • Marina Ablas ist Anlaufstelle für die Gefangenen bei allen Fragen des Lebens jenseits der Mauern
  • Von der Arbeitgeberinformation über Unterbringung von Haustieren bis zu Unterhaltszahlungen
  • Vorbereitung auf Haftentlassung mit Unterstützung nur als Hilfe zur Selbsthilfe

27 Jahre jung ist sie, steht aber längst mitten im Leben. Im Knastleben. Marina Ablas, Sozialarbeiterin, arbeitet seit Februar 2016 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) an der Aldenhofstraße. Ihr erster Beruf – Erzieherin – reichte ihr nicht. Sie setzte noch eins drauf, studierte Sozialwissenschaften und beendete ihr Studium mit dem Bachelor.

„Ich halte die Arbeit im Kindergarten für wichtig, aber mir war das alles zu heil und zu eng“, erklärt sie. Während des Studiums machte sie ihr Praxissemester im Gefängnis und wusste: „Das ist es für mich.“ Auch sie bezeichnet ihre Arbeit als ausgesprochen abwechslungsreich und vielseitig. Die 27-Jährige ist Anlaufstelle für die Gefangenen, wenn sie zum Beispiel Post vom Jugendamt bekommen haben und reagieren müssen. Weil der Gefangene Unterhalt zahlen muss, es aber zurzeit nicht kann, weil er einsitzt.

„Er muss seine Sachen ja alleine regeln können“

„Ich spreche mit dem Gefangenen durch, wie man so einen Brief formuliert, oft muss auch noch ein Aktenzeichen dazu gesetzt werden, aber schreiben soll er selbst. Er muss seine Sachen ja auch alleine regeln, wenn er entlassen ist. Ich bin Bindeglied zwischen Gefangenem und Außenwelt.“

Blick in einen der Innenhöfe in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen.
Blick in einen der Innenhöfe in der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen. © Martin Möller

Die junge Frau arbeitet mit Gewaltstraftätern, sie ist in der Zugangs-Abteilung eingesetzt. Jeden Tag kommen in der JVA neue Gefangene an, in vielen Fällen ist schnelles Handeln angesagt. Wenn Familie oder Ehefrau vorhanden ist, muss sie natürlich informiert werden. Leben die neu Inhaftierten alleine zu Hause, werden viele Punkte abgearbeitet. „Wir müssen uns zum Beispiel um den Handyvertrag kümmern, ob eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio gekündigt werden muss, ob es ein Haustier gibt, um das sich jemand kümmern muss, sind Arbeitgeber und Krankenkasse informiert, was passiert mit der Wohnung, mit den Möbeln? Ich fahre praktisch sein Leben auf Eis.“

Auf Hilfe zur Selbsthilfe achten

Gefangene bekommen kurzfristig einen Fragebogen, den sie ausfüllen müssen. „Manche geben ihn zeitnah ab, andere brauchen zwei Wochen. Dann weiß man schon, wie man den Gefangenen einzuschätzen hat“, sagt Marina Ablas aus Erfahrung. Es wird immer darauf geachtet, dass der Häftling Hilfe zur Selbsthilfe bekommt. Er wird angeleitet, aber machen muss er selbst – wie draußen.

Stressfrei geht es auch in dem Bereich nicht immer ab. Wenn ein enger Verwandter verstorben ist, wird im Einzelfall geguckt, ob der Gefangene zur Beerdigung darf oder nicht. „Da gibt es keine generelle Regelung“, sagt die Sozialarbeiterin. Es kann aber auch sein, dass ein Häftling Vater geworden ist und gerne mit seiner Frau telefonieren würde. In Einzelfällen kann das aber verwehrt werden. Etwa, wenn im Anschluss an die Haft noch eine Untersuchungshaft wegen eines anderen Verfahrens ansteht. In einem solchen Fall kann es sein, dass der Gefangene wegen Verdunkelungsgefahr nicht mit seiner Frau sprechen darf.

Vorbereiten auf das Leben in Freiheit

„Dann kann es vorkommen, dass der Häftling mit seiner Situation hadert und es zu Konflikten kommt. Es reicht ihm dann auch nicht, wenn man ihm sagt, dass man mit seiner Frau gesprochen hat und es ihr gut geht.“ Potential für Probleme ist immer da. „Aber wir sind ständig mit den Gefangenen im Gespräch, und erklären die Maßnahmen, die wir ergreifen.“

Im Verdrängen seien manche Häftlinge Meister. „Ich guck mir immer die Listen an, wann Gefangene entlassen werden. Dann spreche ich sie darauf an, damit sie sich vorbereiten können.“ Es gibt tatsächlich Häftlinge, die es ablehnen, für einen Rest ihrer Strafe in den offenen Vollzug zu gehen, weil sie Angst vor den Aufgaben haben, die man im Leben draußen erledigen muss. Das böse Erwachen kommt dann, wenn die Gefängnistüren „plötzlich“ aufgehen und die Freiheit die Entlassenen überfordert. „Hilfsangebote für die ersten Schritte draußen gibt es von uns und danach auch von der Awo. Aber für viele stellen die Anforderungen draußen große Probleme dar“, sagt die Sozialarbeiterin.