Gelsenkirchen. . Seit 2013 bloggt der Gelsenkirchener Klaus Schmeh über Verschlüsselungen.Nun wurde mit seiner Hilfe ein uralter Geheimcode geknackt

  • Im 17. Jahrhundert schrieb Kaiser Ferdinand III von Habsburg Briefe in selbsterfundener Geheimschrift
  • Bis vor wenigen Wochen gelang es Historikern und Schriftexperten nicht, die Zeilen zu entziffern
  • Erst der Kryptologie-Blog des Gelsenkircheners Klaus Schmeh brachte nun den erhofften Durchbruch

Vor fast vierhundert Jahren nutzte der römisch-deutsche Kaiser Ferdinand III. eine Geheimschrift, um seine Botschaften für Feinde unlesbar zu machen. Bis heute blieben seine Zeilen geheim. Mit Hilfe eines Gelsenkirchener Dechiffrier-Spezialisten wurden die Texte nun entschlüsselt. Klaus Schmeh, der in Ückendorf wohnt, zählt zu den weltweit führenden Experten für historische Verschlüsselungstechnik. Gerade ist er beim „Crypto History Symposium“ der NSA in Maryland zu Gast, wo er sich mit anderen Verschlüsselungsexperten austauscht.

Auch in seiner Freizeit lässt Schmeh das Thema nicht los, so schreibt er seit 2013 den Blog „Klausis Krypto Kolumne“, um besonders vertrackte Rätsel ins Netz zu stellen. Seine Leser kommen aus fast allen Teilen der Welt – und finden Spaß daran, auch die schwierigsten Codes zu knacken.

Ein geheimer Code mit geometrischen Figuren

Der Gelsenkirchener Klaus Schmeh hat bereits mehrere Bücher über Geheimschriften und Verschlüsselungstechniken verfasst.
Der Gelsenkirchener Klaus Schmeh hat bereits mehrere Bücher über Geheimschriften und Verschlüsselungstechniken verfasst. © Joachim Kleine-Büning

2014 schickte ihm der Wiener Historiker Professor Leopold Auer einen der verschlüsselten Briefe von Kaiser Ferdinand III. (1608-1657) mit der Bitte, ihm bei der Entschlüsselung zu helfen. Denn der Kaiser aus dem Hause Habsburg hatte im Dreißigjährigen Krieg eine wichtige Rolle gespielt – doch für seine Korrespondenz verwendete Ferdinand III. einen selbsterfundenen Code, der aus Zahlen und geometrischen Symbolen bestand. Auf Fälle wie diese hat sich Klaus Schmeh mit seinem Blog inzwischen spezialisiert, doch zunächst konnten weder er noch einer der Leser die Verschlüsselung lösen.

Im Juli 2017 veröffentlichte Schmeh den verschlüsselten Brief Ferdinands ein zweites Mal in seiner Online-Kolumne. Zu den Lesern zählte dieses Mal Professor Thomas Ernst, ein deutscher Germanist, der am Saint Vincent College in Pennsylvania lehrt. Ernst machte sich 1993 einen Namen, als er die 500 Jahre alten Verschlüsselungen des Gelehrten Johannes Trithemius (1462–1516) löste, die fast ein halbes Jahrtausend lang ein Rätsel geblieben waren.

Striche wiesen den Weg zur Lösung

Auch die Geheimschrift von Ferdinand III. reizte ihn: Der Durchbruch für die Lösung gelang dem Professor, als er feststellte, dass jedes Symbol, das weder Zahl noch Buchsstabe darstellt, durch die Zahl der Striche ersetzt werden kann, die darin vorkommen. ||| steht demnach für „3“, / für „1“.

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Durch geratene Wörter und die Berücksichtigung von Buchstaben-Häufigkeiten erkannte Ernst, dass Ferdinand das kaiserliche Motto AEIOU (es findet sich heute noch als Inschrift auf Habsburger-Gebäuden) in seine Geheimschrift integriert hatte. Es zeigte sich, dass 01 und 02 für das A standen, 02 und 12 für das E, 03 und 13 für das I sowie 04 und 14 für das O. Thomas Ernst erstellte auf diese Weise eine Chiffriertabelle und entschlüsselte so den kompletten Text.

Historiker zeigen sich von der Aktion begeistert

Professor Leopold Auer, der Wiener Historiker, zeigte sich begeistert: „Eine ganz faszinierende Leistung, die für die Geschichte Ferdinands III. natürlich von großer Bedeutung ist.“ Und auch Blogger Klaus Schmeh freute sich über des Rätsels Lösung: „Ich bin von Thomas Ernsts Dechiffrier-Leistung sehr beeindruckt und stolz, dass mein Blog den Anstoß zum Lösen dieses Rätsels gegeben hat“, so der Gelsenkirchener.

>>> Lösungen für weitere geheime Codes gesucht

Professor Thomas Ernst plant nun eine wissenschaftliche Veröffentlichung, in der weitere der vielen Briefe von Kaiser Ferdinand III. von Habsburg im Klartext vorgestellt werden. Auch diese sind in der selben Geheimschrift verfasst – für Historiker ein echtes Pfund.

  • Wer jetzt Lust hat, selber einmal eine Geheimschrift oder einen kniffeligen Verschlüsselungscode zu lösen, dem sei „Klausis Krypto Kolumne“ empfohlen, dort warten online weitere Rätsel, und es kommen immer neue hinzu: scienceblogs.de/klausis-krypto-kolumne