Gelsenkirchen. . „Macht mehr Werbung für euch“, empfiehlt Egbert Streich den Betrieben. Der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft sorgt sich um den Nachwuchs.

  • Mangelndes Interesse ist der Grund: 2017 gibt es in Gelsenkirchen keine Aktionen zum Tag des Handwerks
  • Dabei sei Werbung für die Betriebe wichtig, sagt der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Egbert Streich
  • Was die Ausbildung angeht, seien die Anforderungen größer geworden, der Ruf des Gewerbes eher schlechter

Bundesweit werben am 16. September, Betriebe und Kammern am Tag des Handwerks dafür, wie vielfältig und zukunftsträchtig Berufe und Ausbildungen im Handwerk sein können. In Gelsenkirchen wird es rund um den Aktionstag jedoch still bleiben.

Geringes Interesse am Tag des Handwerks

„Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder beteiligt – sei es mit Spendenläufen oder auch Vorstellungen einzelner Betriebe in der Innenstadt“, sagt der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Gelsenkirchen, Egbert Streich. „Es hat sich leider immer wieder herausgestellt, dass das Interesse der Bevölkerung aber auch vieler Betriebe sehr gering ist.“ So habe man sich entschlossen, am 16. September keine Aktionen auf die Beine zu stellen.

„Macht mehr Werbung für euch!“

Obwohl es gerade für kleinere Betriebe wichtig sei, für das Handwerk zu werben. „Wir haben schon vor ein paar Jahren gemerkt, dass es die Handwerksbetriebe zukünftig nicht leicht haben werden. ,Macht mehr Werbung für euch’, haben wir als Kreishandwerkerschaft damals schon gesagt“, sagt Streich, der seine Dienstadresse Emscherstraße 44 auch gerne als das „Rathaus für das Handwerk“ bezeichnet.

Egbert Streich, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft mit Sitz an der Emscherstraße in Gelsenkirchen.
Egbert Streich, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft mit Sitz an der Emscherstraße in Gelsenkirchen. © Thomas Gödde

Auch wenn in GE, Bottrop und Gladbeck die Lehrstellen noch recht gut besetzt werden konnten, zeichne sich ein immer düsteres Bild in Sachen Nachwuchs ab. Streich: „Die Anforderungen sind immer größer geworden, der Ruf des Gewerbes hingegen eher schlechter.“ So seien gute bis sehr gute Englischkenntnisse im Bereich Kfz-Mechatronik mittlerweile Voraussetzung – von mathematischen Fähigkeiten mal ganz abgesehen. „Auch die Anforderungen im IT-Bereich sind durch die Digitalisierung viel höher als früher.“

Studienabbrecher auffangen

Größere Handwerksunternehmen, wie etwa die Bäckerei Malzer, hätten es noch leichter, alle Ausbildungsstellen zu besetzen. „In solchen Unternehmen gibt es extra Mitarbeiter, die nur für die Akquise zuständig sind und den Nachwuchs generieren können“, sagt Streich. „Aber auch ein Schulsystem, das immer wieder reformiert wird, spielt für mich da eine große Rolle.“

Heute seien viele Ausbildungsbetriebe ja sogar bereit, ihren Azubis etwa in Sachen Mathematik noch vieles beizubringen, was eigentlich in die Zuständigkeit der Schulen gehöre. Aber es gäbe mittlerweile auch eine Form der „Überakademisierung“. „Von den Schulen und auch den Eltern aus“, so Streich. Handwerkskammern oder Betriebe versuchten immer wieder, Studienabbrecher aufzufangen und in die Lehre zu bringen.

Mit handwerklicher Ausbildung Karriere machen

„Dass man mit einer handwerklichen Ausbildung keine Karriere machen kann, ist doch ein Märchen“, sagt Streich. „Schauen Sie mich an; als studierter Jurist sitze ich hier und verdiene wahrscheinlich weniger, als viele Meister ihres Handwerks.“ Das sei auch gut so.