Gelsenkirchen. . Wenn Norbert Labatzki beim Tanztee für demenziell Erkrankte, Angehörige und Betreuer im Café Bardinis aufspielt, kehren vergessene Bilder zurück.
- Am Weltalzheimer-Tag wird weltweit auf die Situation von Menschen mit Demenz aufmerksam gemacht
- In Gelsenkirchen gibt es eine ganze Reihe von Angeboten für demenziell Erkrankte und Angehörige
- Dazu gehört der monatliche Tanztee im Café Bardinis, zu dem Caritas und Alzheimergesellschaft einladen
Am 21. September ist Weltalzheimertag. Seit 1994 wird an diesem Tag weltweit öffentlich auf die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen aufmerksam gemacht. Mit vielseitigen Aktionen und mit Informationen darüber, welche Hilfen es für demenziell Erkrankte bereits gibt. Auch in Gelsenkirchen.
Einmal im Monat ins Café Bardinis
Hilfen wie etwa ... der Tanztee von Caritas und Alzheimer-Gesellschaft im Café Bardinis, der immer am letzten Donnerstag des Monats von 14.30 bis 16.30 Uhr stattfindet. Zum Tanz spielt Norbert Labatzki auf. Gerade haucht er „Ganz in Weiß“ ins Mikrofon, den alten Hit von Roy Black, später schmachtet er wie René Carol „Rote Rosen, rote Lippen, roter Wein“ oder schmettert Udo Jürgens noch nicht ganz so alten Song vom griechischen Wein. Um ihn herum überwiegend Frauen mit glänzenden Augen. Sie schwelgen in Erinnerungen – was neben unterhaltsamen Stunden ein Kernanliegen ist. Musik von einst weckt Andenken, bevor vielleicht auch das irgendwann im Nebel verschwindet.
Spontanes Geburtstagsständchen
„Es ist ihr Baby“, sagt Andrea Hundert von der Alzheimer-Gesellschaft, zuständig für Selbsthilfegruppen, und deutet auf Rita Brandt-Matz. „Sie hat das ins Leben gerufen. Die Veranstaltung ist über die Jahre so gewachsen, dass der Raum teilweise aus den Nähten platzt.“ Rita Brandt-Matz verrät den Besuchern gerade, dass Norbert Labatzki kürzlich Geburtstag hatte – und die älteren Herrschaften bringen ihm spontan ein Ständchen. Man kennt sich, versteht sich, hat Spaß miteinander.
„Angehörige und Betreuer kümmern sich rührend“
Das gilt auch für Bardinis-Chefin Janina Gninka. „Die Leute sind ja noch supergut drauf. Und die Betreuer oder Angehörige kümmern sich rührend.“ So wie sie selbst übrigens auch. Ein Glücksfall also für die Veranstalter. Im Wechsel mit einer Kollegin kümmert sich Janina Gninka beim Tanztee um die Gäste. „Nicht jeder kann damit umgehen“, sagt sie. Auch nicht jeder Gast vorne im Café. „Manche sind schon etwas irritiert, andere kommen inzwischen extra dazu.“ Die junge Frau lacht. „Das ist eine tolle Sache, man muss darauf aufmerksam machen, dass es solche Hilfen gibt“, sagt sie noch, bevor sie mit Kuchentellern in den kleinen Tanzsaal verschwindet.
„Demenz kann uns alle irgendwann treffen“
Rita Brandt-Matz ist in ihrem Element. „Demenz kann uns alle irgendwann treffen. Schwierig wird die Pflege vor allem bei älteren Ehepaaren, wenn einer von beiden plötzlich erkrankt“, meint sie. Überhaupt: „Angehörige sind die am schlechtesten bezahlten Pflegekräfte Deutschlands“, setzt sie ein Ausrufungszeichen.
Einer, der weiß, wie sich das anfühlt, wenn Demenz die Partnerin plötzlich verändert, ist Karl-Heinz („Vorname reicht“). Der 73-Jährige ist mit seiner Rita (73) hier. Seit sechs Jahren sind die Zwei jetzt zusammen, haben sich beim Sport kennen gelernt, fanden sich sympathisch, wurden ein Paar. „Wir haben noch große Reisen gemacht, nach Ägypten und Tunesien“, erzählt er. Bis zu dem Tag, als Rita bei Rot über die Ampel fuhr und nicht mehr wusste, wo sie war ...
Seit zwei Jahren pflegt Karl-Heinz seine Rita
Zwei Jahre ist das her. „Rita ist heute in allem eingeschränkt. Ich kann sie nicht alleine lassen; sie sucht mich dann und weiß nicht mehr, wo sie ist.“ Auch Zuhause muss er gut Acht geben, immer aufpassen, dass etwa das Gartentörchen zu ist. Und dass Rita gut isst.
„Wir hatten eine schöne Zeit gehabt. Ich kann sie doch jetzt nicht fallen lassen.“ Sagt’s und lächelt.