Gelsenkirchen. . Das Konzept für einen sozialen Arbeitsmarkt in Gelsenkirchen bleibt trotz veränderter Gangart des neuen CDU-Sozialministers ein Thema.
- In einer Sondersitzung befasste sich der Sozialausschuss am Mittwoch mit dem sozialen Arbeitsmarkt
- Vom Gelsenkirchener Appell, 2012 formuliert, will man sich trotz neuer NRW-Regierung nicht verabschieden
- Sozialdezernent Luidger Wolterhoff erklärt die aktuelle Sachlage und das Kombi-Modell der Lohnfinanzierung
6. Juli 2012: Im Rathaus in Buer stellt ein breites, parteiübergreifendes Bündnis den Gelsenkirchener Appell, das Konzept für den sozialen Arbeitsmarkt vor. Mit dabei: Sozialausschussvorsitzender Lutz Dworzak (SPD).
30. August 2017: Dworzak stellt im Hans-Sachs-Haus fest: „Wir sind heute Lichtjahre von dem entfernt, was wir 2012 beschlossen haben.“
Nicht nur er klingt frustriert. In der Sondersitzung des Ausschusses für Soziales und Arbeit (ASA) am Mittwoch steht der Appell beziehungsweise das, was seit der Landtagswahl im Mai übrig ist, im Zentrum der Diskussion. Was den Vorsitzenden zu dem „Tagesordnungspunkt Null“ und seine Ref-lektion der Ereignisse bringt, bevor Sozialdezernent Luidger Wolterhoff die Sachlage schildert.
Kombi-Lohnfinanzierung vorgesehen
Die sieht bekanntlich so aus: Das von der rot-grünen Landesregierung aufgelegte Modellprojekt Sozialer Arbeitsmarkt – vor Ort „Perspektive Arbeit Gelsenkirchen“ (PAGe) getauft – wird es so nicht geben. NRW-Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) wünscht bei der Arbeitsvergabe eine Fokussierung auf die private Wirtschaft, wozu er in diesem Fall auch Kommunen zählt. Eingefordert wird auch die stärkere finanzielle Beteiligung der Kommunen. Wolterhoff erklärt, wie die Kombi-Lohnfinanzierung nach den neuen Förderkonditionen aussieht: Der Arbeitgeber zahlt 30 Prozent, die öffentliche Hand übernimmt 70 Prozent als sogenannten Minderleistungsausgleich. Von diesen 70 Prozent trägt das Land 80, die Stadt 20 Prozent. Wolterhoff wirbt dafür, den sozialen Arbeitsmarkt weiter zu forcieren „im breiten gesellschaftlichen Konsens“.
„Das ist alles Wahlkampfgeplänkel“
Den wird es, das wird bei der Diskussion deutlich, wohl auch geben.
„Ich würde mich natürlich freuen, wenn die CDU und du, Anne (Schürmann), weiter mitmachen würden.“ Das wünscht sich SPD-Sprecher Axel Barton nach langem Rückblick auf die Abläufe seit 2012. FDP-Frau Schürmann reagiert prompt, räumt ihre Schwierigkeiten als Liberale ein – und sagt dann: „Ich stehe ohne Wenn und Aber zum Gelsenkirchener Appell. Wir sollten uns jetzt nicht auseinander dividieren lassen.“ Alfred Brosch (CDU) geht auf Distanz: „Das neue Programm nimmt eine andere Zielgruppe ins Visier, aber auch bei der sprechen wir von Langzeitarbeitslosen.“ Überhaupt lohne die Aufregung nicht, „das ist alles Wahlkampfgeplänkel“.
Menschen nicht das Recht auf Arbeit nehmen
Sozialpfarrer Dieter Heisig wirft sarkastisch die Frage in den Raum: „Wer prüft eigentlich die Bedürftigkeit der Unternehmen, deren Arbeitsplätze öffentlich subventioniert werden sollen?“ Und setzt nach: Es sei nicht in Ordnung, „wenn den Menschen das Recht auf Arbeit durch ideologische Debatten genommen wird“. Awo-Geschäftsführerin Gudrun Wischnewski wird ganz deutlich: „Jetzt hören sie auf und stellen sich alle hinter den Gelsenkirchener Appell. Wir brauchen auch die CDU!“
Und so, wie es aussieht, werden alle bei einer schon terminierten arbeitsmarktpolitischen Konferenz an einem Tisch sitzen, um, wie Wolterhoff sagt, gemeinsam mit Sozialpartnern „deutlich zu akzentuieren, was wir unter sozialem Arbeitsmarkt verstehen“.