Gelsenkirchen. In der Debatte um die Zukunft der Bäder will die SPD eine ergebnisoffene Prüfung. Die neue Lösung müsse aber preiswerter sein als die bisherige.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Stand der Bäderdebatte?
Haertel: Unzufrieden. Wir machen das ja nicht mutwillig. Wir machen das aus den finanziellen Zwängen heraus. Alles, was kommt, muss preiswerter sein.
Könnte man zum jetzigen Zeitpunkt schon weiter sein?
Haertel: Wenn wir uns nicht gegenseitig so blockieren würden und verhakt hätten – das ist ja leider so, dass die sachlichen Diskussionen immer in den Hintergrund geraten –, könnten wir durchaus schon weiter sein.
Um keine Zeit zu verlieren, hätte die SPD ja die Chance gehabt, den Prozess mit ihrer absoluten Mehrheit zu beschleunigen. Das war aber offensichtlich nicht gewollt.
Pruin: Nein. Wir nehmen das ja ernst, was wir beschlossen haben, mit der ergebnisoffenen Prüfung. Die Caubstraße ist ja so ein Symbol in dem Kontext. Wir haben ja nicht gesagt: Kommt, lasst uns an der Caubstraße ein Bad bauen. Wir wussten, dass das Zentralbad abgängig ist. Und ein Eins-zu-Eins-Ersatz am selben Standort würde bedeuten, dass beim Schwimmsport und Schulschwimmen eine Vakanz von drei bis vier Jahren entstehen würde. Deswegen haben wir überlegt, wo das passen könnte. Aber die Caubstraße ist ja nun nicht realisierbar und damit vom Tisch.
Sie bevorzugen aber unabhängig von der Caubstraße die so genannte 3+2-Lösung. Sie wollen das Sport-Paradies und das Zentralbad schließen und durch einen modernen Neubau ersetzen.
Pruin: Nein, das kann man so nicht sagen. Wir wollen die ergebnisoffene Prüfung.
Auch interessant
Haertel: Und wir wollen eine 50-Meter-Bahn. Die Fachleute haben seinerzeit gesagt, dass die für das Gelände der ehemaligen Polizeiinspektion neben dem Zentralbad zu lang ist. Das hat sich ja nun geändert und spiegelt sich in unseren Prüfaufträgen, die wir im Hauptausschuss gestellt haben, auch wider.
Pruin: Es gibt die Möglichkeit, am Standort ehemalige Polizeiinspektion ein 50-Meter-Becken zu bauen. Das wird wahrscheinlich dazu führen, dass Nebenflächen nicht mehr möglich sind. Das ist Punkt 1. Punkt 2: Es gibt das Programm „Gute Schule“. Es besteht die Möglichkeit, an der Gesamtschule Berger Feld ein Bad mit Wettkampfbecken zu bauen. Wenn das realisierbar sein sollte, würde das erhebliche Kosten sparen, weil es nicht mehr aus dem Etat der Stadtwerke, sondern aus dem Landesprogramm „Gute Schule“ finanziert werden könnte – zwar mit Eigenbeteiligung, aber es wäre ja trotzdem Kosten senkend. Dann würde automatisch die Option einer 50-Meter-Bahn auf dem Gelände Polizeiinspektion wegfallen. Das würde bedeuten, wenn wir dort eine 25-Meter-Bahn bauen, könnten wir parallel Nebenflächen etablieren für die unterentwickelte Schwimmfähigkeit der Gelsenkirchener Kinder. Punkt 3: Wir könnten die gute Infrastruktur, die im Revierpark Nienhausen besteht, eventuell ankoppeln an ein neu zu errichtendes Kombibad, weil wir da dann wirklich ein Zentrum hätten mit Schwimmbad, Außenfläche, Fitness, Wellness und mit allem drum und dran. Das alles sollen die jetzt zunächst mal prüfen.
Haertel: Es hängt jetzt also alles von den Prüfaufträgen ab, wie wir uns ausrichten werden.
Pruin: Es gibt da keinerlei Vorentscheidung. Ich bin sehr gespannt, wie sich das entwickeln wird mit der Gesamtschule Berger Feld und wie die Option am Standort Nienhausen ist. Da hätten wir die Möglichkeit, eine Spaßbad-Variante einzubauen.
Wo blieben bei dieser Lösung die Vereine: Eissport, Schießsport und Kegelsport?
Pruin: Das muss geprüft werden, wie das ist. Für die Eissporthalle gäbe es eine Zwischenlösung in Dorsten. Und im Bericht von Klaus Rostek wurde erwähnt, dass eine einfache Lösung für einen Hallenneubau 1,5 bis 2 Millionen Euro kosten würde.
Was halten Sie eigentlich von einer Sanierung der bestehenden Bäder? Den vorliegenden Unterlagen zufolge käme das allerdings wahrscheinlich teurer als neu zu bauen.
Haertel: In der Tat. Sowohl von den einmaligen als auch von den laufenden Kosten her wäre das teurer. Deshalb lehnen wir das ab.
Wenn alles ergebnisoffen ist, könnte es ja sein, dass die von der Opposition geforderte Beibehaltung der 4+2-Lösung am Ende die beste ist. Die hätte aber zwei Neubauten zur Folge, was natürlich teurer wäre als nur ein Neubau. Da Sie eingangs die Kosten erwähnten: Wie viel dürften denn zwei Neubauten teurer sein als einer, damit sie damit einverstanden wären?
Haertel: Das ist zu theoretisch. Also, das ist ja nicht nur das Invest. Man muss ja auch gucken, was das vom Betrieb her bedeutet: Wie hoch sind die voraussichtlichen Energiekosten, was brauche ich an Personal? Wenn ich ein Becken mit Sprungturm baue, brauche ich drei Leute, die dort beaufsichtigen. Bei einem Wellenbecken brauche ich auch drei Leute zur Aufsicht.
Auch interessant
Was sagen Sie zum Vorwurf der Opposition, dass die ganze Debatte nicht transparent genug sei, dass nicht immer alle Unterlagen zugänglich gemacht werden, dass Dinge unter Verschluss gehalten werden?
Haertel: Im Nachhinein würde ich jetzt nicht sagen: Da ist alles fehlerfrei gelaufen. Als das unter den Fittichen der Stadtwerke lief, gab es da Verschwiegenheitspflichten. Aber nachdem der OB das jetzt an sich gezogen hat, wird doch versucht, alles transparent abzuarbeiten.
Pruin: Das werfe ich der Opposition auch nicht vor. Wenn sie der Meinung ist, da existieren Papiere und Beratungsgegenstände, die Dinge enthalten könnten, die transparent nach außen zu geben sind, dann hat sie jederzeit das Recht, solche Forderungen zu stellen. Das würden wir umgekehrt wahrscheinlich genauso machen.
Die Opposition fordert einen Ratsbürgerentscheid, will also die Bürger in die Bäderdebatte einbeziehen. Sie lehnen das ab. Warum?
Haertel: Ich habe deutliche Vorbehalte, bei so einem komplexen Thema Ja oder Nein zu sagen. Das hat überhaupt nichts mit der Notwendigkeit zu tun, die Bürgerinnen und Bürger umfassend zu beteiligen.
Die einfache Frage, ob Gelsenkirchen vier Bäderstandorte braucht, geht Ihnen nicht weit genug?
Haertel: Die ist auch meiner Kenntnis nach für einen Bürgerentscheid nicht ausreichend. Ich glaube, der muss etwas zu den Finanzen beinhalten.
Die Bäder gelten als sehr sanierungsbedürftig. Jetzt diskutiert die Politik und diskutiert. Bis ein neues Bad eröffnet, werden noch Jahre ins Land ziehen. Wie viel Zeit bleibt denn eigentlich noch?
Haertel: Vom Sanierungszustand könnten wir noch ein paar Jahre überbrücken. Die finanziellen Eckdaten der Stadtwerke geben das aber nicht her. Ich hoffe, dass wir Ende des Jahres eine endgültige Entscheidung haben. Vielleicht sogar noch früher.
Wenn nicht, würden Sie eine Bäderentscheidung mit Ihrer absoluten Mehrheit durchdrücken?
Haertel: Ich würde vorziehen, gemeinsam zu einer Entscheidung zu kommen. Aber so wie im Augenblick die Signale stehen, sieht es ja nicht danach aus. Und dann würden wir notfalls – auch aus Verantwortung heraus gegenüber Stadtwerken und Stadt – eine alleinige Entscheidung treffen.
Pruin: Auf jeden Fall sind wir erst einmal gesprächsbereit in alle Richtungen.