Gelsenkirchen. . Wachsende Feindseligkeiten gegenüber dem Personal sind für Krankenhäuser schon lange ein Thema. Nun werden Mitarbeiter in Deeskalation geschult.

Aggressionen gegenüber dem Personal ist seit Jahren ein Thema in Krankenhäusern. „Und es wird immer schlimmer“, sagt der Verwaltungsdirektor des Marienhospitals in Ückendorf, Sönke Thomas. Das bestätigt auch Ulrich Deutsch, Pflegedirektor der Evangelischen Kliniken. Seit langem gibt es für die Mitarbeiter Deeskalations-Training, um die zunehmenden Gewaltsituationen zu entschärfen.

Die Notfallambulanzen der Krankenhäuser würden immer öfter von Menschen aufgesucht, die eigentlich gar nicht dort hingehörten, weil sie mit ihren gesundheitlichen Problemen besser beim Hausarzt aufgehoben wären, betonen die Krankenhäuser. Aber viele Menschen scheuten den Gang zum Hausarzt, weil sie Wartezeiten fürchten. „Weil die Ambulanzen der Kliniken dadurch aber immer voller werden, müssen die Patienten dann im Krankenhaus lange warten. Das produziert Unzufriedenheit und ist häufig Auslöser von Aggressionen“, erklärt Thomas.

Verbale Attacken und tätliche Übergriffe

Dann gebe es verbale Attacken gegenüber dem Pflegepersonal, es habe vereinzelt auch schon tätliche Übergriffe gegeben. „Meine Mutter war Krankenschwester, derartige Probleme in ihrem Beruf kannte sie damals gar nicht“, sagt Sönke Thomas. Er nennt ein Beispiel. Vor einiger Zeit habe man die Polizei gerufen, weil eine Mutter mit ihrem behandlungsbedürftigen Kind verschwunden sei. Die Polizei rückte an, stand im Eingangsbereich der Klinik. „Da kommt ein junger Schnösel vorbei und sagt ‘scheiß Bullen’ zu den Polizisten“, berichtet Thomas.

Personal wird geschult

Sönke Thomas, Verwaltungsdirektor des Marienhospitals Gelsenkirchen.
Sönke Thomas, Verwaltungsdirektor des Marienhospitals Gelsenkirchen. © Martin Möller

Oft seien es Kommunikationsprobleme, da man einfach nicht dieselbe Sprache spreche. Man rede aneinander vorbei. Bei manchen Bevölkerungsgruppen werde das Gespräch dann schnell sehr lautstark, häufig träten diese Gruppen auch gleich in Mannschaftsstärke auf. Das sei auf kulturelle Unterschiede zurückzuführen, mache die Situationen aber nicht einfacher.

Trainiert würde das Personal an der Pforte seit Jahren, um aufkommende Probleme zu entspannen, aber auch das Personal in der Notaufnahme werde geschult. Verwaltungsdirektor Sönke Thomas hat aber noch andere Schutzmaßnahmen vorgenommen. Die Mitarbeiter an der Pforte können nachts eine Glasscheibe zumachen, damit sie sicherer sind, außerdem werden in Kürze Kameras zur Überwachung installiert.

„Es kommt eben oft zu anstrengenden Situationen“

Auch in den Evangelischen Kliniken ist Deeskalationstraining längst an der Tagesordnung. „Die Menschen in der Notfallambulanz sitzen oft wirklich lange, es sind häufig so viele, dass sie an ihre Grenzen stoßen“, sagt Pflegedirektor Deutsch. „Es geht ja keiner ins Krankenhaus, um Randale zu machen. Es kommt eben oft zu angestrengten Situationen.“ Aus der subjektiven Sicht des Patienten sehe ein Notfall eben immer anders aus, als aus ärztlicher Perspektive, erklärt er. „Die Mitarbeiter aus dem Pflegebereich werden alle geschult, um präventiv und besänftigend einwirken zu können. Eine dritte Person als Deeskalationstrainer wird bald eingestellt.“

Pflegedirektor Ulrich Deutsch ist der Meinung, dass die Aggression in jedem Lebensbereich und quer über alle Geschlechter und Gruppen zunehme.