Eins steht fest: Der junge Rechtsanwalt Heiko Sch. (32) darf keinen Doktortitel tragen, so wie er das gut eineinhalb Jahre lang getan hat.

Ob der falsche Dr.jur. nun Opfer einer raffinierten Betrügerbande in Hamburg geworden ist, oder selbst vom rechten Pfad abgewichen und sich besagten Dr.-Titel für gut 8 000 Euro gekauft hat, ist noch unklar.

Die Staatsanwaltschaft hat den Juristen wegen Titelmissbrauchs angeklagt - einen Strafbefehl über 90 Tagessätze zu 100 Euro lehnte der Anwalt ab. Er stellte sich vor Richterin Blanc beim Amtsgericht als blauäugiges Opfer gerissener Betrüger aus Hamburg dar.

So will er über das internet an sogenannte Promotionsberater in Hamburg gekommen sein. Berater Z. aus Hamburg habe ihm Studentenausweis und vieles mehr besorgt - auch seinen Doktorvater B. Über Z. seien auch Teile und zuletzt seine ganze Doktorarbeit über das „Rechtsberatungsgesetz” an Professor B. gelangt. Versendungsbelege hat der Jurist darüber aber keine mehr.

Tatsache ist nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: Anwalt Sch. war nie an der Universität Hamburg immatrikuliert und hat dort auch nie promoviert.

Nur wer war dann die angebliche Prüfungskommission, die ihn in Hamburg zu seiner Hausarbeit ausgefragt haben will? Schauspieler? Echte Professoren waren es jedenfalls nicht. Oder war der Anwalt tatsächlich gar nicht in Hamburg?

Sch. selbst will eigentlich nie Zweifel an der Echtheit der gesamten Abwicklung gehabt haben. Man gehe doch nicht hin und verlange von einer Prüfungskommission mit hochdotierten Professoren, dass die sich erst einmal ausweisen sollten, erläuterte er vor Einzelrichterin Blanc.

Auch dass der gesamte Promotionsablauf für Juristen vollkommen untypisch war, sei ihm nicht aufgefallen. Man sei halt nur froh, wenn alles vorbei sei und man ein gutes Gefühl ob der eigenen Leistungen habe.

Dass die von ihm beschriebene mündliche Prüfung in einem kleinen Neben-Raum der Universität Hamburg über die Bühne ging, habe den Juristen auch nicht stutzig gemacht. Der will übirgens seine Promotion mit „cum laude” (gut) absolviert haben.

So sagt er jedenfalls. Unerfahrenheit? Prüfungsstress? Oder clevere Erklärung für zweifelhafte Geschäfte um gekaufte Promotionen?

Richterin Blanc verhehlte nicht, dass sie so ihre Zweifel an dieser Blauäugigkeit des Juristen hege. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft tendiert in Richtung Opfer und will mehr über die Promotionsarbeit des Anwalts wissen. Deshalb soll der am nächsten Verhandlungstag am 21. Februar seine gesammelten Unterlagen und Zeugen präsentieren, die klar beweisen können, dass der 32-Jährige tatsächlich zweieinhalb Jahren an einer solchen Arbeit gesessen hat.

In Hamburg kam übrigens der Stein um unechte Promotionen ins Rollen, als die dortige Staatsanwaltschaft Z. und Mithelfer hoch nahmen. In den sichergestellten Unterlagen fand man dann unter anderem auch die Adresse des Gelsenkirchener „promovierten” Anwalts.