Gelsenkirchen. Die Wellpappe-Belegschaft sieht sich in Existenznot. Die Betroffenen setzen ihre Mahnwache fort. Kritik konzentriert sich auf Konzernchef Palm.
- Die Betroffenen der Wellpappe-Insolvenz setzen ihre Mahnwache am Werkstor fort
- Für die Belegschaft will der Evangelische Kirchenkreis eine Spendenaktion starten
- Verdi-Vize Frank Werneke kritisiert eine maßlose Geringschätzung der Beschäftigten
Die freigestellten Beschäftigten von Wellpappe Gelsenkirchen setzen ihre Mahnwache vor dem Werkstor an der Grothusstraße fort – zumindest bis Montag, so Betriebsratmitglied Ramazan Yanik.
Die Lage vor Ort ist am Tag vier nach der überaschenden Insolvenzankündigung unverändert: Der Betriebsrat darf nicht ins Gebäude, die Belegschaft bleibt ausgesperrt, Erklärungen der Firmenspitze zu den Insolvenz-Gründen gibt es weiterhin nicht. Gleichzeitig wachsen die Existenzsorgen.
Industrie- und Sozialpfarrer will Spendenaktion ins Leben rufen
„Bei der Nachricht, dass wir frühestens nächstes Jahr Geld bekommen, sind allen noch einmal aus allen Wolken gefallen“, sagt der Betriebsrat. Industrie- und Sozialpfarrer Dieter Heisig vom Evangelischen Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid will eine Spendenaktion für die Betroffenen ins Leben rufen.
„Wovon sollen die ihre Miete bezahlen? Was soll das für ein Weihnachtfest in den Familien werden? Als Christinnen und Christen wollen wir nicht zulassen, dass die Mitarbeiterschaft diesem Raubtierkapitalismus vollends zum Opfer fällt“, so Heisig Freitag nach seinen Gesprächen mit Wellpappe-Beschäftigten.
Unterstützung erfahren die Betroffenen weiterhin aus allen politischen Lagern. Vertreter von SPD und Linke waren Mittwoch bei der Mahnwache, von CDU bis AUF und MLPD gab es Solidaritätsadressen. Donnerstag meldete sich auch die grüne Bundestagsabgeordnete Irene Mihalic zu Wort, AUF will das Aus bei der Montagsdemo um 17 Uhr am Preuteplatz thematisieren. Mihalic zeigte sich empört über das Vorgehen der Palm-Gruppe, zu dem Wellpappe Gelsenkirchen gehört: Eigentlich, so Mihalic, habe sie gehofft, dass ein solcher Umgang mit Beschäftigten „der Vergangenheit angehört“.
Verdi-Vize sieht eine „maßlose Geringschätzung der Beschäftigten“
Dass der „Gesellschafter, Geschäftsführer und Konzernchef Wolfgang Palm am Tag der Schließung des Werkes die Belegschaft eines anderen Werkes in Monheim darüber informiert“ und keine Versammlung der Betroffenen in Gelsenkirchen einberufen habe, nennt der stellvertretende Verdi-Bundesvorsitzende Frank Werneke „eine maßlose Geringschätzung der Beschäftigten“.
Gerade von Palm, der sich selber gerne für seine „Offenheit, Gradlinigkeit, Zuverlässigkeit, Berechenbarkeit und Fairness“ rühme, erwartet Verdi ein anderes Verhalten, nicht zuletzt, weil der Chef des internationalen Konzerns auch Vizepräsident des Arbeitgeberverbandes Deutscher Papierfabriken sei.