Essen/Gelsenkirchen. Eine 80-jährige Frau hilft ihrem Sohn beim Drogen-Verkauf. Laut Anklage hat sie große Mengen Heroin in ihrer Wohnung deponiert und weiterverkauft.
- Eine 80-jährige Gelsenkirchenerin muss sich wegen des Vorwurfs der Beihilfe beim Drogenverkauf verantworten
- Laut Anklage hat die Frau ihren Sohn bei seinen Drogenfahrten in die Niederlande begleitet
- Die Seniorin soll auch Heroin in ihrer Wohnung deponiert und weiterverkauft haben
Das Interesse ist groß, acht Kameraobjektive sind am Freitag auf die Angeklagte im Landgericht Essen gerichtet. 80 Jahre alt ist die Gelsenkirchenerin, und sie soll ihrem Sohn aktiv beim Heroinhandel geholfen haben.
Die rüstige alte Dame aus der Resser Mark, die mit ihrem Rollator in den Saal gekommen war, kennt keine Scheu vor den Fotografen und Kameraleuten. “Knipst doch eure Frauen zu Hause”, ruft Edith W. ihnen zu, als ihr der Trubel zu bunt wird. Ein wenig geht die Mitangeklagte unter, eine 36 Jahre alte ehemalige Justizangestellte. Sie soll dem Sohn von Edith W. einmal beim Drogenverkauf geholfen haben.
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Bei der 80-Jährigen listet die Anklage immerhin neun Punkte der Beihilfe zum Drogenhandel auf. Ihr Sohn Frank W. (43), der im Sommer am Landgericht siebeneinhalb Jahre für Heroinhandel im mehrstelligen Kilobereich bekam, soll seit mindestens 2008 aktiv im Drogenhandel gewesen sein. Aus Holland bezog er den Stoff, brachte ihn entweder selbst versteckt im Waschmittelkarton über die Grenze oder setzte Kuriere in präparierten Autos ein. Später lieferte er auch mal nach Mallorca.
80-jährige Mutter bei Drogenfahrten als Tarnung auf dem Beifahrersitz mitgenommen
Laut Anklage nahm er zur Tarnung auf dem Beifahrersitz seine Mutter mit. So ging es mal nach Roermond, mal nach Rotterdam. Sein Fahrzeugpark umfasste zumindest einen AMG-Mercedes und einen Porsche Cayenne, aber auch ein Opel Vectra fuhr im Drogenauftrag über die Grenze. Edith W. soll auch dabei gewesen sein, als ihr Sohn eine Plastiktüte mit Geldscheinen zum Dealer in Holland brachte. Einmal sollen es 70.000 Euro gewesen sein, einmal 120.000 Euro. Kein kleiner Dealer, denn für ein Kilo Heroin zahlte er 10.000 Euro.
Die Anklage schreibt Edith W. eine sehr aktive Rolle zu. So soll der Sohn in ihrer Wohnung das Rauschgift gebunkert haben. Zu ihr sollen auch die Abnehmer gekommen sein, um den Stoff bei ihr abzuholen und zu bezahlen. Aufgezeichnete Telefonate belegen aus Sicht der Anklage, dass Edith W. mit den Kunden direkt verhandelte.
Gelsenkirchenerin schweigt zu den Vorwürfen
Vor der XVII. Strafkammer bestreitet die 80-Jährige die Vorwürfe aber oder schweigt zu konkreten Fragen. Die ehemalige Gastwirtin lässt ihre Verteidigerin Jenny Lederer etwas über ihr Leben erzählen und dass sie ihren Sohn Frank sehr verwöhnt habe. “Unser Frank” sei ihr “ein und alles”. Dass sie mit nach Holland gefahren sei, stimme. Aber das habe “unser Frank” nur gemacht, damit sie mal aus ihrer Wohnung herauskomme. Ob sie selbst einmal Drogen genommen habe, will Richterin Gabriele Jürgensen wissen. “Nein, natürlich nicht”, lautet die entrüstete Antwort.
Eine Kronzeugin im Verfahren gegen den Sohn Frank wirkt plötzlich nicht mehr so eifrig. Frühere belastende Aussagen gegen Edith W. schwächt sie jetzt ab. Ob das reicht? Die aufgezeichneten Telefongespräche sollen sehr belastend für die 80-Jährige sein, heißt es.
Die Mitangeklagte reagiert auf die Beweislage mit einem Geständnis. Offenbar schätzt die ehemalige Justizangestellte ihre Rolle realistisch ein. Auf die Frage nach ihrer Perspektive gibt die 36-Jährige, die seit fast 20 Jahren nicht mehr gearbeitet hat, an, sie hätte gerne einen Job im Büro. Denn: “Mit einer Stelle im Gericht, das wird wohl nichts mehr.”