Gelsenkirchen. . Luidger Wolterhoff (54, parteilos) soll der neue Gelsenkirchener Sozialdezernent werden. Sein Weg zur Wahl am 2. Juni war sehr kurvenreich.
Karin Welge (SPD) kann sich freuen. Die Kämmerin dürfte bald einen von zwei Beigeordneten-Jobs los sein: den der kommissarischen Sozialdezernentin. Seit dem 26. November 2015 ist die Stelle vakant. Zuvor hatte der Gelsenkirchener Rat die Juristin als Nachfolgerin von Georg Lunemann (CDU) gewählt; der Ex-Kämmerer hatte sich im April 2015 zum LWL verabschiedet. Welges Nachfolger soll Luidger Wolterhoff (54, parteilos) werden. Nach WAZ-Informationen gibt es eine breite Mehrheit für den Gelsenkirchener. Sein Weg dorthin aber war kurvenreich.
Es geht um den Vorstandsbereich Arbeit und Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz, für den die Christdemokraten ein Vorschlagsrecht reklamierten, nachdem sie in einem politisch bunt besetzten Verwaltungsvorstand mit Lunemann ihren Parteibuch-Vertreter verloren hatten. Dieses Recht bekamen sie zugestanden.
Der CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Wolfgang Heinberg schien dann auch recht schnell einen geeigneten Kandidaten zur Hand zu haben: nämlich Luidger Wolterhoff. Aktuell Leiter der Arbeitsagentur Bochum und in seiner Heimatstadt von April 2011 bis zu seinem Wechsel im Oktober 2012 in gleicher Funktion tätig. Auch die SPD-Fraktion freundete sich mit der Personalie an. Doch es gab noch eine Hürde: das Parteibuch.
Heinberg sammelte Kreuze am Wegesrand
Wolterhoff steht der CDU dem Vernehmen nach zwar nahe, ist aber kein Mitglied. Das aber sollte er nach dem Willen des Kreisvorsitzenden Oliver Wittke (MdB) vor einer möglichen Wahl zum Sozialdezernenten auf jeden Fall werden. Der Kandidat erbat sich angesichts dieser Bedingung Bedenkzeit und sagte ab. Das wurde der Redaktion aus Kreisen der Gelsenkirchener Christdemokraten bestätigt.
Wolfgang Heinberg machte sich erneut auf die Suche, sammelte aber nur Kreuze am Wegesrand. Nach Ablauf der Ausschreibungsfrist gab es keinen konsensfähigen Kandidaten. Die Findungskommission – bestehend aus dem Oberbürgermeister, zwei SPD- und einem CDU-Stadtverordneten – beauftragte zur Lösung ein Personalberatungsunternehmen, das vier Bewerber präsentierte. Drei offiziell. Der vierte aus dem Sauerland (neuer Kandidat der Christdemokraten) bat um Vertrauensschutz und wollte nur dann öffentlich auftreten, wenn er der Vorschlag für den Rat werden würde.
Zwei von vier Kandidaten blieben übrig
Das Ergebnis: Zwei Kandidaten aus dem Kreis Recklinghausen erfüllten den formalen Anforderungskanon nicht. Übrig blieben der Sauerländer und: Luidger Wolterhoff, den der Personalberater ebenfalls gelistet hatte. Nach WAZ-Informationen entschied sich die Findungskommission für den Gelsenkirchener, weil sich hinter der Bewerbung des ortsfremden Bewerbers zu viele Fragezeichen aufbauten. Die Abstimmung endete mehrheitlich für Wolterhoff; gegen ihn votierte Heinberg, der für den CDU-Nominierten stimmte.
Der kurvenreiche Weg ist damit nicht ganz beendet. Wie Wolfgang Heinberg der WAZ bestätigte, wird seine Fraktion am 2. Juni im Rat einstimmig für Wolterhoff votieren. Dessen Präsentation in der Fraktion am vergangenen Montag habe überzeugt. „Herr Wolterhoff steht für zutiefst christlich-soziale Positionen“, erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende. Sowohl der Fraktionsvorstand als auch die Fraktion seien komplett überzeugt. Einen Sitz in der Fraktion und eine beratende Stimme werde Luidger Wolterhoff aber nicht erhalten.
Der SPD stellt sich der Kandidat erst nächsten Montag vor. Es besteht aber kein Zweifel, ist zu hören, dass sie den Kandidaten nach wie vor mitträgt.
Kommentar: Eine klare Niederlage für Wittke
Es hätte alles so glatt laufen können. Die CDU findet in Luidger Wolterhoff einen geeigneten Kandidaten, einen Lokalmatadoren noch dazu, für die Position des Sozialdezernenten. Dass er der Partei nahe steht, scheint unstrittig. Der Gelsenkirchener wird mit breiter Mehrheit gewählt und wäre womöglich auch irgendwann in naher Zukunft in die Partei eingetreten. Für die Christdemokraten, die sich nach dem Desaster bei der Kommunalwahl im Jahr 2014 in einem strategischen Aufbau befinden, wäre das ein feiner Erfolg für das politische Revers gewesen. Seht alle her: Wir können das!
Es kam anders. Oliver Wittke, der CDU-Kreisparteivorsitzende, setzte alles auf eine Karte und verlor in diesem Hopp- oder Top-Spiel gleich doppelt. Erstens sagte ihm, sagte der Partei ein starker Kandidat ab. Zweitens wird genau der jetzt mit der Mehrheit der Stimmen aus der Findungskommission – der Verwaltung und der SPD – doch der Sozialdezernent der Stadt Gelsenkirchen werden. Für die CDU, für Wittke, ist das eine klare Niederlage. Konnte er bisher in der personellen Neuaufstellung seiner Partei oft glänzen, hat er sich jetzt die ersten Schrammen eingehandelt.