Gelsenkirchen/Herne. . Die Sieger stehen fest, die Veranstalter vom Gelsenkirchener Consol-Theater und dem Herner Theater Kohlenpott ziehen eine positive Bilanz,.
Die glitzernde Kulisse der Inszenierung von „Patricks Trick“: wie gemacht für eine Preisverleihung. Gerade ist in den Herner Flottmann-Hallen das Westwind-Theaterfestival mit einem Stück des gastgebenden Theaters Kohlenpott zu Ende gegangen, da leitet schon die Band „Sola Plexus“ mit einem gerappten Schnelldurchlauf durch die Festivalstücke über zu den Rednern. Nachdem der Auftakt des Festivals in Gelsenkirchener Consol-Theater stieg, wurde der Abschluss beim Herner Theater Kohlenpott gefeiert. Beide hatte das Kinder- und Jugendtheaterfestival gemeinsam ausgerichtet.
Bettina Milz aus der Kulturabteilung der Staatskanzlei NRW lobt das Festival als „einen Faktor, der die Lebensqualität in unseren Städten ausmacht.“ Die Investition in Kinder und Jugendliche („das kritischste und genaueste Publikum“) sei eine Investition in das Wichtigste, was eine Gesellschaft habe.
Junges Theater Münster gewinnt den Hauptpreis
Dann wird es voll auf der Bühne. Die dreiköpfige Fachjury, bestehend aus Grete Pagan, Anne Richter und Kristo Sagor, verleiht fünf Preise im Wert von 10. 000 Euro an eine Menge Theaterleute, die einander und die Juroren glücklich umarmen. Den mit 4000 Euro dotierten ersten Preis erhält die Inszenierung „Das unsichtbare Haus“ vom Jungen Theater Münster in Kooperation mit der Performing Group Köln. Regisseur Leandro Kees finde „Bilder für ein sinnliches Erleben des kollektiven Bewusstseins der Menschheit“, so die Juroren. „Wir sehen Archetypen und keine Klischees: von Elternschaft und Kindheit, von Tätern und Opfern. Wir sehen Riten und gesellschaftliche Umbrüche.“
Dritter Preis gesplittet für drei Schauspieler
Der zweite Preis in Höhe von 3000 Euro ging an „Tigermilch“ des Comedia Theaters Köln. Das Stück erzählt von zwei Mädchen, die zu allen anderen Problemen noch Zeugen eines Familiendramas werden. Der dritte Preis wurde gesplittet und ging an drei Schauspieler (jeweils 1000 Euro): Pola Jane O’Mara und Patrick Dollas (beide in „Alice im Wunderland“ vom Schlosstheater Moers) und an Rafael-Evitan Grombelka vom Forum Freies Theater Düsseldorf für seine Rolle in „Wach“, einem Stück mit gehörlosen und hörenden Darstellern, das aus Gebärden- und Lautsprache, Choreografie und Bildern eine eigene Welt entstehen lässt.
Verkündung der Sieger mit einer Spielszene
„Wach“ hat auch die Kinderjury ausgesucht – dafür gibt es weitere 1000 Euro. Die Acht- bis Zwölfjährigen haben sich zur Verkündung eine kleine Szene ausgedacht. Mit einer Spielszene verbinden auch die älteren Jugendlichen ihre Preisvergabe. Sie beginnen mit einem Witz: „Treffen sich zwei Jugendliche freiwillig im Theater . . .“ Dann machen sie es spannend und werfen Argumente für jedes gesehene Stück in den Raum, bevor es ‘raus ist: „Co-Starring“ vom Jungen Schauspielhaus Bochum heißt ihr Favorit, ein Stück über die Hölle namens Pubertät: „Da hat einfach alles gepasst.“ Die Bochumer bekommen 1000 Euro.
Mit einem großen Dank an die Organisatoren und der Übergabe eines Sonnenschirms an das Theater Moers, das das 33. Theatertreffen ausrichten wird, geht die Preisverleihung zu Ende. Die Party im Foyer kann beginnen.
Mischung und Miteinander haben gut funktioniert
Sieben Tage „im Galopp“: So hat Gaby Kloke vom Herner Theater Kohlenpott das Westwind-Festival erlebt, das in den Flottmannhallen am Freitagabend ausklang. Mitveranstalter Georg Kentrup, Leiter des Gelsenkirchener Consol Theater, wo unter anderem die Festival-Eröffnung stattfand, räumt ebenfalls ein, dass soeben „die Anspannung von ihm abgefallen“ sei. Was ihm besonders gut gefallen hat: Die Mischung aus Stücken und Rahmenprogramm, mal locker-leicht wie die Schifffahrt über den Kanal und der Zoobesuch, mal intensiv wie die Tischgespräche, das habe gut funktioniert.
„Toll, dass wir zeigen konnten, wie wir arbeiten“, ergänzt Gaby Kloke. Viele der 150 auswärtigen Gäste aus der Jugendtheaterszene seien noch nie in Gelsenkirchen oder Herne gewesen und hätten gestaunt über die beiden Theater. Neben dem im Gelsenkirchener „Maritim“ untergebrachten Fachpublikum sahen auch Schulklassen und andere Gruppen die 29 ausverkauften Vorstellungen. Zusätzlich zu Privat-Pkw pendelte ein Reisebus zwischen den beiden Festivalorten, die bereits seit 2007 eine Theaterfreundschaft verbindet. Viele Jugendliche aus beiden Städten halfen bei der Organisation mit. Die „Idee der Begegnung ist gut aufgegangen“, sagt Georg Kentrup, „auch mit den internationalen Gästen“. Auch neue Formen wurden ausprobiert: So lösten fünf Tischgruppengespräche in kleiner Runde das große „Kulturpolitische Gespräch“ ab.
Dass das Theater vor Ort auch von Hernern noch einmal anders wahrgenommen wird, ist für Gaby Kloke ein weiterer Gewinn. „Viele stecken uns in eine falsche Schublade“, sagt Kloke. Auch für Erwachsene sei das mit Jugendlichen erarbeitete Theater ein Erlebnis.
Georg Kentrup spricht ebenso von positiven Rückmeldungen aus Gelsenkirchen. „Die Patenklassen hatten den Eindruck, Teil eines Festivals zu sein.“