Gelsenkirchen. Gelsenkirchener Mulvany-Schüler lernen im DGB-Haus der Jugend, welche Umgangsformen von ihnen bei einem Bewerbungsgespräch erwartet werden.
Für einen guten ersten Eindruck müssen Verhalten und Aussehen auf den ersten Blick angemessen sein. Das gilt nicht nur im Privatleben, sondern erst recht, wenn es um die Bewerbung um einen Job geht. Formalismen sind im Geschäftsleben das A und O. 75 Neuntklässler der Mulvany-Realschule haben daher in einem Workshop im DGB-Haus der Jugend das richtige Auftreten und die richtigen Umgangsformen bei einem Bewerbungstraining geübt.
„Vielen Schülern ist nicht klar, welchen Beruf sie ergreifen wollen“, hat Stefanie Weber festgestellt. Sie ist Erziehungswissenschaftlerin und als stellvertretende Leiterin der DGB-Einrichtung an der Gabelsbergerstraße für die Berufsorientierung zuständig. Unklar sei dem Gros der Jugendlichen auch, wie der Weg dahin aussehe. Daher das Training: umfassend, praxisnah und wohlwollend kritisch begleitet von Bewerbungstrainern – Lehrerinnen wie auch Fachkräften des Gewerkschaftsbundes. Am Ende wird es mit Zertifikat und Bewerbungshilfen (Unterlagen) belohnt, die Kraft als Türöffner zum späteren Wunschbetrieb haben.
Vorbereitung auf "peinliche Fragen"
Nach vielen Kriterien werden die Fachkräfte von morgen beurteilt: der Körpersprache (Körperbau, Bewegungsabläufe, Haltung, Gang, Gestik, Mimik, Distanzverhalten), der Kleidung (Qualität, Stilrichtung, Passform, Farbe), ihrer Sprache (Stimmlage, Klang, Modulation, Lautstärke, Dialekt, Wortwahl) sowie Geruch (Parfüm, Körpergeruch), Make-Up und Körperschmuck. Alles das erfassen Menschen Studien zur Folge beim ersten Kontakt in Bruchteilen von Sekunden. Auch der Personalchef oder die Personalchefin.
Dazu kommt noch die richtige Vorbereitung auf das Bewerbungsgespräch, damit man oder frau bei Fragen wie „Was schätzen Sie an unserem Unternehmen eigentlich besonders?“ oder „Wie erklären Sie die schlechte Note in diesem Fach“ nicht peinlich berührt und schweigend zu Boden blickt.
All diese Erkenntnisse fließen ein in praktische Übungen und Aufgaben, die bei Tim (16) und den Zwillingsschwestern Gianina und Leticia (15) gut ankommen. Denn in der Schule nimmt das Bewerben zwar Raum ein, aber davon nicht all zu viel. Meist geht es um das Anschreiben und den Lebenslauf.
Angemessene Umgangsformen
Gianina und Leticia, die sich ehrlich als „recht schüchtern und zurückhaltend“ beschreiben, haben beispielsweise in dem Workshop gelernt, „in einem Gespräch selbstbewusster aufzutreten“. Tim nimmt daraus mit, wie er an „die Informationen über den Beruf und die dafür notwendige Qualifikationen“ kommt, um sein Berufsziel zu erreichen. Denn alle drei haben davon schon überraschend klare Vorstellungen: Tim will Lebensmitteltechniker werden, Leticia bei der Flugsicherung in einem Tower und Gianina als Forensikerin bei der Bundeswehr arbeiten.
Sie und ihre Mitschüler haben jetzt gelernt: Erst bei angemessenen Umgangsformen (Verhalten und Aussehen) wirken ihre Worte stimmig, Höflichkeit glaubwürdig und man selbst gegenüber jedermann souverän. Und das ist wichtig – vor allem beim ersten Eindruck auf Jobsuche.
Ein wesentliches Kriterium ist die Kleidung
Die Lehrerinnen Sabina Schwieger, Marianne Iwers-Möller, Martina Timmermann und Ingrid Nuwel haben die 75 Mulvany-Schüler bei dem zweitägigen Workshop mit dem DGB begleitet. Das Quartett ist von der Notwendigkeit solcher Schulungen überzeugt. „Im Schulalltag kommt das Bewerbungstraining zu kurz“, sagen sie. Meist fehle es wegen des vollen Lehrplans an Zeit. Und selbst die vorhandene reiche oft nicht aus, die Jugendlichen in diesem Umfang auf die heikle Bewerbungssituation vorzubereiten. Ihr Fazit daher: „Der Workshop sollte unbedingt weiter geführt werden.“
Denn am Ende geben Details den Ausschlag. So etwa mussten die Schüler in ihrem Bewerbungs-Outfit erscheinen und ihre Wahl beurteilen lassen. Sie lernten: Kleidung ist nicht nur für das äußere Erscheinungsbild ein wesentliches Merkmal, sondern hilft als Unterscheidungskriterium auch bei der Einordnung des Gegenübers. Ist die Kleidung beispielsweise angemessen und stimmig zum Anlass, zur Situation und zur Rolle? Welche Signalwirkung hat sie? Die meisten Menschen empfinden unangemessene Kleidung nicht nur als Missachtung eines Anlasses, sondern auch als Geringschätzung, Provokation oder gar Beleidigung ihrer Person, und das hat möglicherweise Konsequenzen – die Absage an den Bewerber.